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Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Titel: Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein
Autoren: Ann Mari Falk
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sein wirst. Jetzt dreh dich um und hol das Maskottchen herunter. Du darfst es haben“
    Ein Maskottchen ist etwas, was Glück bringt; und das hier ist ein kleiner Spielzeugaffe. Jan hat ihn sehr gern, aber trotzdem verwandelt sich sein Schluchzen plötzlich in ein Wutgeheul. Ach, er hat vergessen, seine Tiere einzupacken! Den großen Löwen und die kleinen Bären und die schwarze Katze, die Fräulein Samtpfote heißt, sie alle liegen noch im Kinderzimmer. Nicht einmal der Stoffhund ist dabei.
    Mama versucht ihren Jungen zu trösten. „Ich schicke sie dir in einem Päckchen. Gleich morgen tue ich es!“
    Aber Papa runzelt die Stirn.
    Kilometer für Kilometer rollen sie über die schmale, gewundene Landstraße und dann über eine hohe Brücke. Da wird Mama ganz aufgeregt; sie deutet hinaus und erzählt von dem weiten, glänzenden See und den kleinen grünen Inselchen. Das alles sieht man wegen des schlechten Wetters kaum. Langsam verstummt sie, und Papa schweigt ebenfalls.
    Jan gibt sich Mühe, so zu tun, als wäre alles in schönster Ordnung, aber er weiß, daß er ihre gute Laune verdorben hat. Er krabbelt am Fenster hoch, wischt die Scheibe ab und preßt die Nase dagegen, um hinauszusehen. Das Schweigen tut richtig weh. Jan kitzelt Mama vorsichtig im Nacken. Sofort lacht sie und hält ihm die Backe entgegen, damit er ihr einen Kuß gibt.
    „Du hast eine Engelsgeduld“, behauptet Papa.
    Jan weiß nicht genau, was ein Engel ist — er stellt sich darunter so etwas Ähnliches wie die Kobolde in den Märchen vor — , obwohl Engel bestimmt netter und viel, viel schöner sind.
    „Paßt auf!“ ruft Mama. „Wir sind gleich da. Zuerst müssen wir an der Kirche vorbei, dann fahren wir die dritte Querstraße nach rechts und den steilen Hügel hinauf und wieder hinunter. Von da aus geht es nach links.“
    Kurz darauf klettern sie aus dem Wagen. Sie stehen vor einem roten Haus mit einem großen gelben Briefkasten. Über der Tür hängt ein Schild. Jan war zu Weihnachten schon einmal hier; damals konnte er noch nicht lesen, was auf dem Schild steht. Jetzt geht es ganz leicht.
    „Post-sta-tion“, liest Jan.
    Sie gehen in das Haus hinein. Zuerst kommen sie durch ein kleines Zimmer, in dem Schreibtische stehen und Plakate hängen. Dort ist auch eine zweite Tür mit einer Klappe darin. Plötzlich öffnet sich der Schalter, und Onkel David steckt seinen Kopf heraus.
    „Hallo, Jan, willkommen bei uns!“
    Onkel David ist mit Tante Anna verheiratet, Mamas Schwester. Beide arbeiten bei der Post. Ihre Tochter Stina möchte auch gern mithelfen, aber sie ist erst sechs Jahre alt und steht nur im Weg. Jan stellt es sich lustig vor, sich mit Briefen und Zeitungen und Postkarten und Päckchen zu beschäftigen, auf der Maschine zu rechnen und mit der großen Waage und all dem Geld umzugehen.
    Er vergißt fast, mürrisch und traurig zu sein, und beschließt, Poststationsvorsteher zu werden, wenn er groß ist.
    Da sie früher als erwartet angekommen sind, kann sie Onkel David nicht rund um das rote Haus zum anderen Eingang begleiten. Er muß hinter dem Schalter bleiben. Und Tante Anna ist im Lebensmittelgeschäft, um einzukaufen.
    Aber Stina ist zu Hause.
    Sie steht in der Küche auf einem Schemel, um an das Spülbecken zu reichen, und wäscht Geschirr ab. Dabei dreht sie sich hin und her, ihre Zungenspitze fährt von einem Mundwinkel zum anderen — sie prustet und spritzt mit dem warmen Wasser, das hoch überschäumt.
    „Du hast zuviel Spülmittel reingetan“, sagt Jan.
    „Hab ich nicht!“ antwortet Stina.
    „Wie wär’s, wenn die jungen Herrschaften sich erst begrüßen würden, ehe sie zu streiten anfangen?“ fragt Papa.
    Stina hüpft vom Hocker und streicht ihr blondes Haar aus der Stirn. Sie trocknet sich die Hände am Hosenboden ab und macht einen Knicks. Jan verbeugt sich, doch Papa hebt Stina hoch und schwingt sie in die Luft. Dabei wird er ganz rot im Gesicht, denn seine Nichte ist schwer. Mama umarmt Stina, aber Jan stellt sich ans Fenster, damit er nicht zusehen muß, wie kindisch sie sich benehmen.
    An Weihnachten lag Schnee auf den Wiesen, und der See war von Eis bedeckt. Stina und Jan bauten einen tollen Schneemann. So fest er kann, denkt Jan darüber nach, wie hübsch und lustig der Schneemann mit seinen Kohlenäugen und der gelben Rübennase war. Tante Anna kommt heim und begrüßt alle, aber Jan rührt sich nicht vom Fenster weg. Er bleibt dort stehen, bis der Tisch fertig gedeckt ist. Nun wird Mama unruhig, und
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