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Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Titel: Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein
Autoren: Ann Mari Falk
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Papa ebenfalls. Jan weiß genau, warum: hier gibt es immer furchtbar viel zu essen, und Jan hat doch nie Appetit.
    Aber er versucht wenigstens, etwas zu essen. Oh, wie er sich bemüht! Er häuft eine gewaltige Portion auf seinen Teller. Acht Fleischklößchen und eine Ladung Makkaroni und eine Menge Tomatensoße. Zuerst geht es ganz gut; es schmeckt fein. Aber bald scheinen die Bissen immer größer zu werden, die Makkaroni rutschen von der Gabel, und die Tomatensoße tropft Jan aufs Kinn. Er trinkt einen großen Schluck Milch hinterher und spuckt beinahe alles wieder auf den Tisch, so seltsam schmeckt sie.
    „Wir auf dem Land bekommen die Milch von den Kühen“, erklärt Stina. „Nicht wie ihr aus Papiertüten.“
    Die Erwachsenen lachen. Mama blinzelt zu Tante Anna hin, und die zwinkert Onkel David zu. Sogar Papa blinzelt. Sie sehen wie Stinas große Schlafpuppe aus. Jan tritt der Schweiß auf die Stirn und auf die Oberlippe, so schämt er sich. Er begreift, was das Zwinkern bedeutet: daß sie so tun sollen, als würden sie ihn gar nicht beachten. Er hat einen Klumpen im Hals und muß sich Mühe geben, das Weinen zu unterdrücken.
    Da — schwups! — ist sein Teller fort.
    „Du mußt noch ein bißchen Platz für den Nachtisch in deinem Magen lassen“, sagt Onkel David.
    Es gibt schöne rote Erdbeeren, die herrlich riechen. Sie rutschen richtig hinunter, und komischerweise muß nun auch Jan lachen. Onkel David ist nett, aber bestimmt auch ein bißchen dumm oder wenigstens albern, weil er von Jan wissen will: „Glaubst du an den Weihnachtsmann?“
    So etwas fragt er einen Jungen, der im Herbst in die zweite Klasse kommt! Stinas blaue Augen sind kugelrund vor Aufregung, und ihretwegen antwortet Jan weder mit Ja noch mit Nein; es ist ja immerhin möglich, daß sie noch an solche Sachen glaubt.
    „Äh... mhm“, sagt er darum vorsichtig.
    „Stina, nimm deinen Vetter mit hinaus in den Garten“, befiehlt Onkel David ernst. „Sieh dich nurum, mein Junge, dann wirstdu was erleben!“ Mama und Tante Anna rufen den Kindern nach: ,Vergeßt nicht, eure Gummistiefel und Regenmäntel anzuziehen!“
    Mütter und Tanten müssen ja immer mahnen. Aber Regenmäntel und Gummistiefel sind wirklich eine feine Sache. Stina stapft auf dem Kiesweg durch große Pfützen, daß es nur so spritzt. Und Jan natürlich hinter ihr her. Das Gras ist naß; es tropft von den Fliederbüschen, und ein heftiger Windstoß schüttelt den großen Kirschbaum so stark, daß Jan eine richtige Dusche abbekommt.
    Auf einmal sieht er große Stiefel im Baum hängen! Und ein Paar rote Hosenbeine, die sich über dem Stiefelschaft bauschen. Er tritt schnell einige Schritte zurück und renkt sich beinahe den Hals aus, um eine rote Jacke mit weißem Kragen und weißen Strickbündchen und einen Kopf mit schlohweißem Haar und langem Bart zu betrachten, auf dem eine Zipfelmütze sitzt.
    „Stina“, zischt er, „da ist ein alter Mann im Baum!“
    „Weiß ich schon“, antwortet sie.
    „Er bewegt sich!“
    „Klar tut er das“, sagt Stina überlegen. „Heute ist es doch so windig.“
    Der Alte hat ein hellrotes Gesicht, das Jan plötzlich wiedererkennt. Am letzten Weihnachtsabend ging Onkel David aus dem Zimmer, gerade als sie die Geschenke bekommen sollten, und dann trat der Weihnachtsmann mit einem Sack auf dem Rücken durch die Tür. Er brummte: „Sind brave Kinder im Haus, die immer folgen?“
    Stina war so verdutzt, daß sie den Daumen in den Mund steckte und aufgeregt von einem Bein aufs andere hüpfte. Jan wußte damals auch nicht, was er antworten sollte. Aber natürlich wußte er, wer sich hinter der Verkleidung verbarg. Doch jetzt ist nicht Weihnachten, sondern Sommer, und Onkel David sitzt ja noch am Küchentisch, während diese Gestalt mit der roten Zipfelmütze im Baum hängt.
    „Kann der reden?“ fragt Jan.
    „Nein, natürlich kann er das nicht“, erwidert Stina.
    „Ist das wahr?“
    Mitten im Sommer hängt ein Weihnachtsmann im Kirschbaum
    Sie krümmt sich vor Lachen.

    „Wir haben dich hereingelegt!“ ruft sie. „Du meinst, der Weihnachtsmann wäre echt, aber ich hab ihn ausgestopft — fast ganz allein!“
    So etwas Dummes ist Jan in seinem ganzen langen Leben noch nicht vorgekommen.
    „Sehr witzig“, sagt er mürrisch. „Und warum muß der Alte da im Baum hängen?“
    Stina macht sich wichtig; ihre Stimme klingt fast so wie die von Jans Lehrerin, als sie erzählt, daß der ausgestopfte Weihnachtsmann die Kirschen bewachen
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