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Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Titel: Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein
Autoren: Ann Mari Falk
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aufpaßt, hört er andere Geräusche.
    Es pocht am Fenster, als wollte jemand ins Zimmer. Jan fürchtet sich nicht im Dunkeln, bestimmt nicht. Trotzdem zieht er sich die Decke über den Kopf, denn plötzlich kommt ihm ein ganz verrückter Einfall: daß es der arme Weihnachtsmann sein könnte, der friert und Schmerzen in den Beinen hat und schlafen möchte. Jan liegt in der Nähe des Fensters; schließlich klettert er auf das Kissen und zieht die blauen Vorhänge zur Seite.
    Eine große Kastanie steht so nahe am Haus, daß einer der Zweige an der Fensterscheibe kratzt. Der Wind rauscht in den Bäumen, und unten am Strand klatscht das Wasser gegen den Landungssteg. Das klingt schön. Jan stellt sich vor, daß er selbst wie die Wellen auf dem See hin und her schaukelt, bis er endlich einschläft.
    Er wacht wieder auf — schon kurz danach, wie ihm scheint-, denn er muß auf die Toilette. Dabei gibt es gar keine im Haus! Tante Anna hat etwas unter das Bett gestellt, was wie eine riesengroße Teetasse mit Rosen und Goldrand aussieht. Sie sagte, das wäre ein Topf, aber Jan
    weiß nicht genau, wozu man solche Töpfe benutzt; dagegen war er schon einmal in dem kleinen Haus mit dem ausgeschnittenen Herz in der Tür, das hinter den Fliederbüschen im Garten steht.

    Jan ist ein großer Junge und kommt im Herbst in die zweite Klasse, und da kann keiner kommen und behaupten, er hätte im Dunkeln Angst! Bestimmt ist es sehr kalt. Denn seine Zähne klappern, als er den Bademantel und die Pantoffeln anzieht, und seine Hände zittern, als er die Tür aufmacht. Leise, leise, um Stina nur nicht aufzuwecken.
    Auf der Treppe zum Erdgeschoß ist es stockfinster. Jan tastet sich nach unten. Da hört er deutlich, daß jemand hinter ihm tappt! Hilfe! will er schreien. Aber Jan bringt nur ein schwaches Piepsen heraus.
    Es ist furchtbar, in einem fremden Haus nachts so ganz allein auf einer Treppe zu sein! Jan wagt nicht, sich umzudrehen und zu sehen, wer ihn da verfolgt. Er versucht zu laufen, stolpert auf der letzten Stufe und plumpst der Länge nach auf den Teppich im Hausflur. Der unheimliche Verfolger auf seinem Rücken. Jan liegt starr vor Schreck da; plötzlich versetzt ihm jemand einen weichen Stoß in die Seite, und eine warme Zunge leckt an seinem Ohr.
    Jetzt friert Jan nicht mehr; er hört zu zittern auf, und seine Zähne klappern auch nicht mehr. Sein Herz schlägt wieder genauso wie es sich gehört. Auch sprechen kann er wieder. Er flüstert: „Soso, jaja — iiiih, kitzle mich nicht so! — Seid lieb. Soso, ihr Braven“
    Denn es sind ja Skrot und Skrutt, die beiden Hunde, die Jan Gesellschaft leisten, und sie begleiten ihn hinaus.

    Jan hat länger geschlafen, als er glaubte. Im Garten ist es schon beinahe hell. Es ist eine seltsam graue Helligkeit; doch der Sonnenaufgang färbt den Himmel schon rot. Jan findet das schön. Er wärmt seine Hände, indem er sie im Nackenfell der Hunde vergräbt, und winkt dann dem Weihnachtsmann im Kirschbaum zu.
    „Hallo, hier bin ich!“
    Skrot und Skrutt warten, bis Jan fertig ist, und folgen ihm dicht auf den Fersen in das große Haus, die Treppe hinauf und ins Kinderzimmer. Jan ist nicht ganz sicher, ob er sie wirklich ins Bett lassen darf, besonders Skrot, der lauter schwarze Pfotenabdrücke auf dem sauberen Laken hinterläßt.
    Doch er hat noch nie so gut geschlafen wie jetzt, wo sich Skrutt am Fußende zusammenrollt und Skrot auf dem Kopfkissen. Jan selbst muß ein Knie bis zum Kinn hochziehen, um Platz zu haben.
    Dafür weint er kein bißchen nach Mama und Papa.

    Ein paar Tage später stoßen Jan und Stina mitten im Wald auf einen Pfahl, der mit bunten Farben angemalt ist. Die Spitze ähnelt einem Wolfskopf mit gefährlichem Rachen.
    „Was ist das?“ fragt Jan.
    Aber Stina schaut am Pfahl vorbei. Sie deutet auf eine Kiefer und sagt: „Sieh mal!“ Jemand hat eine Hütte in den Baum gebaut, und ein Stück weiter ist noch eine Hütte und dann noch eine. Jan zählt fünf davon und will sie sich näher ansehen, denn sie scheinen gut ausgetüftelt zu sein. Aber Stina zieht ihn am Pulli und hält ihn zurück, gerade als sein Blick auf ein Schild fällt. Darauf steht:
    BLUFF CITY
    Jan hat im Fernsehen schon Filme über Cowboys und wilde Indianer gesehen. Aber er hätte nie vermutet, daß er so nahe bei Tante Annas und Onkel Davids Haus auf den Wilden Westen stoßen würde. Das ist etwas, was er Mama und Papa erzählen muß, wenn sie anrufen und sich erkundigen, wie es Jan geht.
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