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Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Titel: Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein
Autoren: Ann Mari Falk
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stürzt sich ins Wasser. Aber sie tritt auf einen spitzen Stein, und das tut so weh, daß sie sich vornüber fallen läßt und im Wasser verschwindet. Jan bekommt vor Entsetzen einen Schluckauf, aber Tante Anna fischt die hustende, spuckende und fauchende Stina wieder auf.
    „Na, da hast du aber eine Menge Wasser geschluckt, mein Mädel!“
    Jan merkt, daß Tante Anna ihn ansieht und schnell wieder wegschaut, als schämte sie sich für ihren Neffen. Langsam taucht er einen Fuß ins Wasser und zieht ihn aber schnell wieder heraus. Himmel, ist der See kalt — es ist ganz anders, als das Kinderbecken im Vanadis-Schwimmbad! Aber es ärgert ihn, daß Stina fast in allem besser ist als er; so ballt er die Fäuste und stapft Schritt für Schritt hinaus. Es ist scheußlich, wie das Wasser ihn allmählich zu verschlingen scheint: zuerst seine Füße, dann leckt es an den Kniekehlen und steigt weiter bis zum Bauch. Jan kann nicht verhindern, daß seine Zähne klappern und daß er am ganzen Körper eine Gänsehaut bekommt.
    Aber Tante Anna ist zartfühlend und sagt: „Wir sind ein bißchen dicker als du und frieren deshalb nicht so.“
    Jan hält sich die Nase zu und taucht ein paarmal unter. Kaum zu glauben, da wird das Wasser beinahe schön, und Tante Anna zeigt ihnen, wie man schwimmt. Sie hält Stina unter dem Kinn fest und übt mit ihr, dann hilft sie Jan, und schließlich üben die Kinder miteinander. Plötzlich schreit Stina: „Ich kann’s, ich kann’s!“ Sie bewegt sich mehrere Meter vorwärts und rührt die Arme genauso, wie man es machen soll. Jan versucht es auch, aber er versinkt wie ein Stein. Doch er kommt nicht dazu, traurig oder neidisch zu werden, denn Tante Anna deutet mit dem Finger auf Stina. „Pfui, du kleine Schwindlerin, ich sehe genau, daß du mit der großen Zehe den Boden berührst!“

    Wenn es erst mühsam war, Jan und Stina ins Wasser zu locken, so ist es jetzt noch schwieriger, sie wieder an Land zu bekommen. Tante Anna zieht sich an und ruft dabei: „Kommt jetzt, das reicht für heute!“
    Sie waren die ganze Zeit allein am Badestrand gewesen, aber nun hört man eine Fahrradglocke auf der Straße klingeln. Ein paar Pfiffe und Rufe ertönen und schon tauchen die großen Jungen und Mädchen von Bluff City auf. Weder Stina noch Jan wollen noch länger im Wasser bleiben; sie kommen ans Ufer und kuscheln sich dicht an Tante Anna.
    „Jetzt möchte ich heim“, sagt Stina. „Ich find’s nicht mehr lustig hier.“
    Trotzdem macht es eigentlich recht viel Spaß, zuzusehen, wie die Indianer und Bleichgesichter sich plötzlich in Seeräuber verwandeln. Die Jungen ziehen ein Floß hervor, das im Schilf versteckt lag, und hissen die Piratenflagge. Die Mädchen fahren in ihrem Kanu auf den See hinaus. Stinas Augen werden kugelrund, und sie bewegt ihre molligen Hände, als ob sie selbst rudern würde.
    „Ich will ein Kanu“, sagt sie.
    Jan hätte lieber ein Floß; er meint, daß er selbst eines bauen könnte. Aber er weiß schon, was Tante Anna denkt, und wartet nur darauf, daß sie sagt: Zuerst müßt ihr schwimmen können. Denn ein Floß ist ein gefährliches Spielzeug.
    Und das sagt sie auch, obwohl sie hinzufügt: „Aber ihr dürft auch Seeräuber werden. Wartet nur, bis ich mit Onkel David gesprochen habe.“

    Es ist oft recht verzwickt mit Eltern und Tanten und Onkeln. Sie brüten Geheimnisse aus und antworten nicht auf Fragen, sondern machen nur Ausflüchte und benutzen ein Wort, das Jan nicht mag: sie reden von Überraschungen. Und die sind bestimmt nicht immer erfreulich.
    Der Weihnachtsmann im Kirschbaum ist freilich fein; Jan und Stina klettern zu ihm hinauf. Stina macht ihre Mutter nach, kneift die Augen zusammen und säuselt: „Wartet nur bis morgen, Kinder, wenn der Bus mit den Paketen kommt!“
    Sie tritt so heftig gegen einen Ast, daß der Weihnachtsmann zu schaukeln anfängt.
    „Ich will, daß der Bus heute kommt!“ ruft sie.
    „Ja, weil du das willst“, äfft Jan.
    „Jaha!“
    „Ich verstehe das nicht“, sagt Jan. „Wir dürfen Onkel Davids Kahn nicht benutzen, wir dürfen nicht einmal auf den Landungssteg gehen. Wie sollen wir da Seeräuber werden?“
    „Das werd ich schon herauskriegen“, meint Stina.
    Die Post soll heute früher geschlossen werden. Vor dem Schalter wartet keine Schlange; es sind überhaupt keine Kunden da. Onkel David verschließt das Geld gerade im großen Kassenschrank, Tante Anna rechnet auf der Rechenmaschine. Sie merken nicht, daß die Kinder
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