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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System
Autoren: David Foster Wallace
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brauchten, nein, die Anlage war mittlerweile dazu übergegangen, durch permanentes Gefiepe und Geklingel Anrufe zu melden, die es gar nicht gab, denn sobald Candy abnahm, hörte sie nur ein Rauschen. Immerhin, es unterschied sich von den Atemgeräuschen eines Roxbee-Cox. Die Telefone hörten einfach nicht mehr auf zu klingeln, und Candy hatte keinen Ratschenschlüssel, mit dem sie dem Ganzen ein Ende hätte setzen können. Widerwillig rief sie Interactive Cable an, wo man ihr mitteilte, dass der Service-Mitarbeiter Peter Abbott zum Bombardini Building unterwegs sei, das heißt, sobald er bei Enrique's House of Cheese fertig war. Von ihm würde sie Genaueres erfahren, Ms. Peahen wisse Bescheid, und zurzeit versuche man, Mr. Vigorous zu erreichen.
    »Super«, sagte Candy.
    Und dann war da das ungleiche Paar, bestehend aus Mr. Bloemker und Alvin Spaniard, die beide auf Lenore warteten. Mr. Spaniard war ihr neu. Mr. Bloemker behauptete, sie hätten bei den Tissaws angerufen und von einer jungen Frau, deren Stimme ihm jedoch gleich sehr bekannt vorgekommen sei, erfahren, dass sich Lenore auf dem Weg zum Bombardini Building befände. Candy hatte nur die Schultern gezuckt. Sie vermutete, die Frau war Mindy Metalman, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, woher Mindy wusste, wo Lenore war. Jedenfalls, die beiden schauten auf ihre Uhren und beschlossen zu warten, und das nervte sie, weil Alvin Spaniard ihr (ihrer Meinung nach) permanent viel sagende Blicke zuwarf und Judith Prietht (ihrer Meinung nach) Mr. Bloemker viel sagende Blicke zuwarf, dabei war Bloemker an diesem Tag wieder besonders schluffig – so, wie er sich den Bart kratzte, so, wie seine Brille spiegelte, und so, wie er immer wieder leise mit jemandem zu sprechen schien, der gar nicht da war. Am Ende fragte er Judith und Candy sogar, wie sie die Geschichte des Mittleren Westens sahen. Champ hatte ihn nur böse angefaucht. Im Augenblick umrundeten Bloemker und Alvin Spaniard die Eingangshalle an der Wand entlang, zeigten ab und zu auf den Boden und unterhielten sich leise dabei. Candy fand, es war Zeit, dass Mindy Metalman zurückkam.
    Aber erst einmal kam Lenore durch die Drehtür, gefolgt von Andy Lang, und hinten vor dem Eingang hörte sie Neil, der sich mühsam aus Langs TransAm pellte. Sein Stonecipheco-Piepser hatte sich gemeldet, sobald sie auf der 77 das Stadtgebiet erreichten. Obstat wollte so schnell wie möglich nachkommen.
    Lenore schien ihren Schwager und Mr. Bloemker gar nicht zu bemerken, als sie durch die Tür kam. Sie sah eigentlich überhaupt nichts. Ihr Gang war etwas seltsam, und ihr Kleid war schmutzig, sie hatte schwarzen Staub im Gesicht und eine verbrannte Nase, und an einem Handgelenk baumelte etwas, das Candy als eine Hälfte einer Handschelle identifizierte, an der ein Stück falsches Silberkettchen hing.
    »Du lieber Himmel, Lenore«, sagte Candy, als Lenore in die Kabine trat. Judith und Champ starrten sie vom Tresen aus an.
    »Ich will jetzt nichts hören«, sagte Lenore, ohne aufzublicken. Sie öffnete ihr Schließfach und holte erst ihre Bücher heraus, dann einen kleinen Stoffbeutel mit Seife, Zahnbürste und Zahnpasta. Wortlos tastete sie in der Tiefe des Schließfachs nach weiteren Gegenständen. Dann öffnete sie das nächste Fach und förderte einen Packen alter Lotterielose zutage, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden.
    »Hallo, Candy«, sagte Lang müde und rieb sich das Gesicht.
    Candy verschränkte die Arme und blickte auf die Handschelle an Lenores Arm. Die Handschelle schlug gegen die Innenwand des Schließfachs. Die Haut an Lenores Handgelenk war ganz rot. Auf der Handschelle waren ein Kussmund und die Worte »Bambi's Bondage« eingraviert.
    »›Bambi's Bondage‹?«, sagte sie. Sie sah zu Lang hinüber. Lenore ging ihre Zeitschriften durch.
    »Hallo, Lenore«, sagte Judith Prietht mit hoher Katzenstimme, hielt den fetten Champ hoch und winkte mit der Katzenpfote. Sie machte Anstalten, die Katze über den Tresen zu reichen
    »Bitte bleib draußen, Judith«, sagte Lenore leise.
    »Ladys, ich würde sagen, ihr lasst Lenore am besten in Ruhe, der Tag war hart genug«, sagte Lang und stützte sich mit den Ellbogen auf den Tresen.
    »Wie hart?«, sagte Candy.
    »Ich will nicht darüber sprechen.«
    »Wegen deiner Großmutter?«
    »Ich will nicht darüber sprechen.«
    »Großmutter und Bondage in der Wüste?«
    »Candy, jetzt nicht«, sagte Lang.
    Niemand wusste, wie lange Mr. Bloemker und Alvin Spaniard
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