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Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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aus dessen Handflächen. Arvan riss instinktiv den Elbenstab hervor. Dieser schien die Strahlen geradezu anzuziehen und in sich aufzunehmen. Immer mehr magische Kraft schoss in den Stab. Die Runen leuchteten auf, und Ghools Körper zitterte. Offenbar vermochte er die Übertragung der Kräfte, die Arvan eigentlich hatten umbringen sollen, nicht mehr aufzuhalten. Arvan spürte, wie sich der Elbenstab auflud, wie sich die Kraft in ihm sammelte und sich das alte vertraute Gefühl wieder einstellte, das er früher gehabt hatte, wenn er dieses Artefakt in den Händen gehalten hatte. Ghools Körper verlor seine Form. Er schien auseinanderzufließen und zu einer amorphen Masse zu werden, aus der sich schließlich ein unregelmäßig geformter, krakenähnlicher Körper mit unzähligen Armen bildete. Dann versiegten die Lichtstrahlen. Ein Gefühl der Kraft durchflutete Arvan. Der Stab in seiner Hand war jetzt gewiss alles andere als einfach nur ein Stück Holz.
    Die magischen Kräfte, die Neldo und Lirandil bisher an die Säulen gekettet hatten, versiegten jetzt offenbar. Die beiden waren frei und konnten sich wieder bewegen.
    Ein jammernder, schmerzerfüllter Laut ging unterdessen von dem amorphen Wesen aus, das einen unfertig wirkenden Krakenarm ausgebildet hatte und sich nicht so recht entscheiden zu können schien, wie es nun aussehen sollte.
    » Du hast ihm all seine Kraft genommen, Arvan « , stellte Lirandil fest. » In dem Moment, als er versucht hat, dich zu töten, sorgte er in Wahrheit dafür, dass der Elbenstab wieder das sein durfte, was er zuvor gewesen ist. «
    Arvan starrte auf den Stab. Die Runen schimmerten golden und veränderten sich ständig. Ja, er hatte dieses Gefühl von Kraft und Unbesiegbarkeit schmerzlich vermisst. Das war ihm inzwischen sehr deutlich bewusst geworden.
    » Töte ihn, Arvan! « , forderte Neldo, und sein Gesicht wurde dabei zur hasserfüllten Grimasse. » Er ist schwach. So schwach wie nie zuvor! Du kannst ihn jetzt für immer besiegen! «
    Arvan trat an das wimmernde Wesen heran, zu dem Ghool geworden war, und richtete den Elbenstab auf ihn. Die fremden Erinnerungen, die Lirandil ihm eingegeben hatte, waren plötzlich wieder da. Aber dennoch herrschte in seinem Kopf noch immer Chaos. Er dachte daran, wie Elbanador mit seinem Elbenstab in der Hand vor Ghool gestanden hatte– und dann Äonen später Arvan selbst.
    » Worauf wartest du denn? « , schrie Neldo. » Willst du warten, bis er wieder stark ist? Wenn du den Mut nicht hast zu tun, was getan werden muss, dann gib mir doch diesen verfluchten Stab! «
    Die Versuchung war groß. Es schien so einfach zu sein, Neldos Hass einfach nachzugeben. Arvan fühlte, wie dieser Hass auch in ihm die Oberhand zu gewinnen begann. Hatten Ghools Horden nicht seinen heimatlichen Wohnbaum angezündet und seine Zieheltern umgebracht? Halblinge, die nie zuvor auch nur irgendjemandem etwas angetan und es nicht verdient hatten, dass man sie einfach verbrannte, erschlug, zerstückelte und vielleicht sogar ihre Hirne aß.
    » Nein! « , entschied Arvan schließlich. Er schrie es beinahe hervor. » Fehler sollten nicht wiederholt werden. Gleichgültig, ob es meine eigenen oder die Fehler anderer sind. «
    » Was soll das bedeuten? « , fragte Neldo empört. » Denk an Gomlo! An Brongelle! An meinen Vater, meine Mutter und an Zaleas Mutter und all die anderen vielen Halblinge, die… «
    » Lass ihn! « , fuhr Lirandil dazwischen.
    Arvan drehte sich kurz zu dem Elb um. » Ich werde ihn einfach sterben lassen. Wenn ich ihn jetzt umzubringen versuche, wird ein Teil der Kraft zurückkehren, und Ghool wird erneut überleben. «
    Das Wesen wimmerte.
    Arvan wartete ab. Die Sonne war nur noch ein schmaler Lichtstreifen am Horizont, als Arvan in seinem Gegenüber keinerlei Willen mehr spürte.
    » Sein Geist löst sich auf « , stellte Lirandil fest. » Deine Entscheidung war die richtige! «
    Der formlose Körper Ghools schrumpfte in sich zusammen und wurde schließlich zu einer zähen Flüssigkeit, die in den steinernen Grund der Halle der Ersten Götter sickerte. Es blieb nichts weiter als ein großer dunkler Fleck, der an getrocknetes Blut erinnerte.
    Diesmal war es dein Fehler, dachte Arvan.
    Die Drachen flogen in alle Himmelsrichtungen davon. Eine größere Gruppe schien es in Richtung Nordosten zu ziehen– zur Altfeste, wo sie sich zuvor gesammelt hatten. Später berichtete man, dass überall in Ostbagorien Vieh und Wild in großer Zahl gerissen wurden. Und
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