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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens
Autoren: Christian Jacq
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einem neuen, strahlenden Leben.
    »Hast du den Baum jeden Tag mit Wasser und Milch gegossen?«, fragte Sesostris.
    »Ich bin meiner Pflicht stets nachgekommen.«
    »Dann muss es ein Unheil bringendes Wesen geben, das Seths Macht nutzen kann und sie gegen Osiris und gegen Ägypten einsetzt.«
    »In der Schrift steht, dass diese Akazie ihre Wurzeln in das Urmeer taucht und daraus ihre Lebenskraft schöpft. Nur ein besonderes Gold könnte den Baum heilen.«
    »Weiß man denn, wo es dieses Gold gibt?«, fragte der Pharao.
    »Nein, leider nicht.«
    »Ich werde es herausfinden. Und ich weiß auch, wie man den Verfall der Akazie verlangsamen, wenn nicht sogar aufhalten kann: Ich werde einen Tempel und eine ewige Ruhestätte in Abydos errichten. Davon geht ein wirkungsvoller Zauber aus, der diesen Verlauf aufhalten wird. Damit gewinnen wir, so hoffe ich, genug Zeit, um das Heilmittel zu bekommen.«
    »Majestät«, wandte der Obere ein, »wir sind hier nicht genug Priester, um…«
    »Ich lasse Ritualisten und Bauleute kommen, die sich ausschließlich dieser Aufgabe widmen sollen. Und alle unterliegen der Pflicht zu strengster Geheimhaltung.« Plötzlich kam dem König eine schreckliche Vermutung. »Sollte am Ende jemand versucht haben, die heilige Schale in seinen Besitz zu bekommen?«
    Der Priester erbleichte. »Majestät! Ihr wisst genau, dass das vollkommen unmöglich ist!«
    »Trotzdem möchte ich mich vergewissern.«
    Sesostris stellte fest, dass die Tür zum Grab von Osiris abgeschlossen und das königliche Siegel unversehrt war. Er allein konnte den Befehl geben, es zu erbrechen und in das Heiligtum einzudringen.
    »Selbst wenn ein Wahnsinniger diese Tür mit Gewalt öffnen sollte«, sagte der Oberpriester, »könnte er sich der Schale nicht nähern und sie erst recht nicht in die Hand nehmen.«
    »Abydos wird nicht genug geschützt«, beharrte der Monarch. »Ab sofort werden Soldaten den Ort streng bewachen.«
    »Majestät, kein Weltlicher darf…«
    »Ich kenne das Gesetz von Abydos«, unterbrach ihn der Pharao. »Ich selbst habe es schließlich beschlossen. Kein Weltlicher wird Osiris’ Reich verunreinigen, aber alle Wege, die dorthin führen, werden von nun an überwacht.«
    Sesostris bestieg den heiligen Hügel und betrachtete von oben den geweihten Ort, an dem das Schicksal seines Landes, seines Volks und darüber hinaus einer ganz bestimmten Vision von der letzten Wahrheit entschieden wurde.
    Als er den Thron bestiegen hatte, war ihm bewusst gewesen, dass ihm aufgrund der weitreichenden notwendigen Veränderungen eine schwierige Aufgabe bevorstand. Was er damals nicht ahnte, war, dass der erneute Tod von Osiris sein Erzfeind werden würde.
    Entschlossenen Schritts ging Sesostris in die Wüste und auf eine jungfräuliche Stelle zu, die zwischen den Sanddünen und der Vegetationsgrenze lag.
    Der Pharao ignorierte die stechende Sonne und hatte eine Vision: Er sah, wie dort zwei Gebäude errichtet wurden, sein Tempel und seine ewige Ruhestätte, die den Verfall der Akazie aufhalten würden, indem sie wie ein Damm gegen die dunklen Mächte wirkten.
    Wer war für diesen ebenso unvorhersehbaren wie schrecklichen Angriff verantwortlich? Der König musste seine ganze Kraft zusammennehmen, um nicht die Hoffnung aufzugeben und vor einem bislang unsichtbaren Feind die Waffen zu strecken.

 
8
     
     
     
    Nach zwei Tagen anstrengenden Marsches hatte Iker Glück und traf auf eine Karawane, die mit Waren auf dem Weg nach Theben war. Der Karawanenführer hatte zunächst gar keine Lust, einen unnützen Esser aufzunehmen, änderte seine Einstellung aber sehr schnell, als er erfuhr, dass der junge Mann lesen und schreiben konnte.
    »Ich bin im Besitz von Schrifttafeln mit Kaufverträgen. Kannst du sie überprüfen?«, fragte er Iker.
    »Zeigt sie mir.«
    Der Patron war so ungeduldig, dass er sehr bald die entscheidende Frage stellte: »Da geht es doch um bedeutende Persönlichkeiten aus dem Palast, die mir Geld schulden?«
    »Ja, und Ihr habt wirklich gute Preise erzielt«, bestätigte Iker.
    »Nun ja, das macht die Erfahrung, mein Junge! Wo wohnst du denn?«
    »In Medamud«, antwortete Iker.
    »In diesem kleinen Kaff! Und was hat dich in die Wüste verschlagen?«
    »Ihr kennt nicht vielleicht zwei Seeleute, die Schildkröten-Auge und Messerklinge heißen?«, fragte Iker.
    Der Kaufmann kratzte sich am Kinn. »Sagt mir nichts… Wie hieß denn ihr Schiff?«
    »Gefährte des Windes. Das Schiff war hundertzwanzig Ellen lang und
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