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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian
Autoren: Barbara Noack
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deinen
Eltern? Wissen sie es schon?«
    »Nein. Niemand.« Bittender, hilfloser Blick.
»Kannst du es ihnen nicht beibringen?«
    »Ich? Wieso ich?« Er ahnte zum erstenmal
entfernt, was er sich mit seinem Kümmerposten um Susi und ihr Baby eingehandelt
hatte, denn Susi ließ sich ihre Handtasche geben und zog daraus zwei
vorbereitete Zettel hervor.
    »Hier. Die Telefonnummer meiner Mutter in
Stuttgart. Und das ist Vaters Nummer. Ruf ihn abends an, da ist es billiger. Er
wohnt mit seiner zweiten Frau in Basel. Die wird vielleicht ein Theater machen,
weil Kathrinchen keinen Vater hat. Aber meine Schwester wenigstens wird sich
freuen.«
    »Und wo wohnt die?«
    »In Chikago.«
    »Soll ich da etwa auch anrufen?« fragte er
erschrocken.
    Susi meinte, ein Telegramm würde genügen. Und
dann gab sie ihm alle Unterlagen, damit er Kathrinchen als neuen Staatsbürger
anmelden konnte.
    Bastian wurde leicht nervös. Schließlich war er
nur ein zufälliger Bekannter von Susi Schulz, der kurze, harmlose Flirt einer
verjährten Sommernacht.
    »Was ist mit dem Referendar aus Köln?«
    Susi zog sich abwehrend in ihr Gehäuse zurück.
»Den geht das gar nichts an.«
    »Nein? Aber schließlich ist er der Vater! Er muß
zahlen!«
    »Niemals! Bastian! Glaubst du etwa, von dem
würde ich was annehmen? Nicht einen Floh. Schließlich habe ich meinen Stolz.«
    »Hast du auch Geld?«
    Nein. Geld hatte Susi nicht, aber sie würde sich
schon was pumpen. — »Etwa von mir?« fragte er besorgt.
    »Gern, Bastian. Aber du hast ja sicher auch
nichts.«
    »Hör zu«, sagte er, »du wirst dir einen Anwalt
nehmen, der soll den Kindesvater von Kathrinchens Geburt in Kenntnis setzen und
die weiteren Schritte einleiten. Zahlen muß er, ob du Stolz hast oder nicht.«
    Susi sah Probleme auf sich zurollen, denen sie
im augenblicklichen Zustand der Erschöpfung nicht gewachsen war. »Auch das noch!
Mach du das. Ich kenn’ doch keinen Anwalt hier. — Bitte, Bastian!«
    Wenn er noch länger blieb, bekam er bestimmt
noch mehr Pflichten aufgehalst. Deshalb überreichte er Susi Blumen und
Spieluhr, küßte sie auf die Stirn und türmte.
     
     
     

Elses
Liebestod
     
    Bastian schaukelte den Telefonapparat auf den
Knien und hatte eine schrille Stimme im Ohr, die ihm weh tat. Darum hielt er
den Hörer ein Stück ab.
    Die Stimme redete in großer Erregung und ohne
Komma. Sie gehörte Susi Schulz’ Mutter, die sich mit der Nachricht, Großmutter
geworden zu sein, und dazu noch von einem unehelichen Kind, nicht abzufinden
vermochte. Sie fragte nicht einmal nach Susi und der Geburt, sie war viel zu
sehr erfüllt von dem schweren Schlag, der sie getroffen hatte.
    Schließlich wurde es Bastian zu dumm. Er brüllte
in ihre langatmigen, selbstmitleidigen Klagen hinein: »Hören Sie! Lassen Sie
mich doch auch mal was sagen. Wieso beschimpfen Sie mich? Ich bin nicht der
Vater — nein! Wieso denn Schande? Was ist denn Schande an so einem kleinen Wurm?
Seien Sie lieber froh, daß alles dran ist — wie? — Nein, kein Junge. Ein
Mädchen. — Kann die Susi zu Ihnen kommen? Wenigstens für die erste Zeit? — Ja,
verstehe — die Nachbarn — natürlich. Die Nachbarn sind wichtiger. — In welchem
Jahrhundert leben Sie eigentlich???«
    Er knallte wütend den Hörer auf.
    Nun der Vater.
    Bastian suchte den Zettel mit seiner Rufnummer
und bereitete sich seelisch auf neue Hiebe gegen sein Trommelfell vor, da
läutete das Telefon.
    »Guthmann«, sagte er ergeben in den Hörer.
    »Hier auch Guthmann. Mit wem führst du denn
Dauergespräche? Ich steh’ in der Zelle — seit einer halben Stunde besetzt bei
dir, und da heißt es immer, wir Weiber ratschen viel. Ach, jetzt ist mir’s
Portemonnaie runtergefallen, warte, Bub — «
    Seine Großmutter!
    »-da bin ich wieder. Also, Bub, ich brauch’
dich. Kannst du herkommen? Komm, sobald du kannst. Wann kannst du hier-
    sein?«
    Einen Augenblick lang wünschte er sich, ein
wohlhabender Kommilitone zu sein, der nach den Abschlußklausuren in
Psychologie, allgemeiner Schuldidaktik und Pädagogik verreiste, segeln ging,
Mädchen pflückte und sich nicht mit lustlosen Nachhilfeschülern und den Babys
anderer Leute herumärgern mußte. Ab Montag fuhr er auch noch dreimal
wöchentlich Taxe...
    Segeln, dachte er voll Sehnsucht. Mit Katharina
Freude einen blauen Tag auf dem Starnberger See verbringen oder irgendwohin mit
ihr fahren — vielleicht ins Salzburgische — .
    Aber vorher mußte er seine Else ausmisten.
     
    Ohne Else
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