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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian
Autoren: Barbara Noack
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Susi lag
zudem zwischen zwei Wöchnerinnen, die mit Blumen und Telegrammen von strahlenden
Anverwandten gefeiert wurden und sich wie preisgekrönt fühlen durften. Sie
behandelten Susi Schulz eine Spur zu mitleidig, und Susi war nicht der
emanzipierte Typ, der damit leicht fertig wurde.
    Ein Glück, daß es diesen netten Spinner, den 13.
Enkel, gab. Wenigstens einer außer der Freude und den Schwestern, der sich ein
bißchen um sie kümmern würde.
    »Haben Sie Bastian Guthmann angerufen?«
    »Hab’ ich.«
    »Danke. Was hat er gesagt?«
    »Schöne Grüße, und er freut sich sehr.«
    Susi lächelte getröstet. »Haben Sie ihn nach
einem Namen gefragt?«
    »Er meinte — vielleicht Katharina?«
    »Katharina«, sagte Susi erschrocken. »Ist das
nicht ein bißchen lang und ernst für so ein kleines Baby? Wie ist er denn
darauf gekommen?«
    »Ganz blöd«, lachte die Freude. »Er hat mich
gefragt, wie ich heiße. Er wollte sich wohl das Nachdenken ersparen.«
    »Ach so.« Susi war zu höflich, um ihr Mißfallen
kundzutun. »Ich finde den Namen auch nicht doll«, sagte die Freude, »aber es
hätte noch schlimmer kommen können. Stellen Sie sich vor, ich hieße Isolde oder
Ottilie.«
    »Ein Glück, daß Sie nicht Isolde heißen«, sagte
Susi. »Ich kannte mal eine, die hat geklaut.«
    Die Freude sagte ihr nicht, daß eine historische
Katharina wegen angeblicher Untreue enthauptet worden war, eine das Blutbad der
Bartholomäusnacht anzettelte und eine ihren Mann, den Zaren, umbringen ließ. Es
hatte auch drei Heilige gleichen Namens gegeben.
    Katharina Freude drückte kurz Susis auf der
Bettdecke ruhende Hand. »Freuen Sie sich über Ihr Baby. Es ist ein ganz
besonders hübsches Mädchen.«
    »Finden Sie?« fragte Susi ein bißchen stolz.
»Ich werd’s Ka-thrinchen rufen, das klingt nicht so ernst.«
    Die Freude gähnte beim Hinausgehen, daß ihr die
Augen tränten.
    Sie war auch nach einer halben Stunde Schlaf
nicht wacher. Im Gegenteil. Sie fühlte sich wie verkatert.
    Als sie ins Ärztezimmer ging, holte ein Mann in
Zivil sie ein. Es war der Chefarzt, der gerade gekommen war.
    »Nun, Katharina?«
    »Langsam glaub’ ich, alle warten bloß auf meinen
Nachtdienst. Eine Aufnahme, zwei Geburten, eine Hüftluxation — die Frau Kühn
von 314. Sie hat geträumt, in ihrem Hotel brennt es, und ist aus dem Bett
gefallen. Warum fallen immer alle bei mir und nie, wenn die anderen Nachtdienst
haben?«
    Der Chefarzt kam mit ins Ärztezimmer, als er
sah, daß es leer war. Sein Ton wurde vertraut. »Wann sehen wir uns? Was ist mit
heut abend? Unsere Kammersängerin hat mir Karten für >Tristan und Isolde<
angeboten. Letzte Vorstellung vor den Sommerferien. Hast du Lust?«
    Katharina gähnte. »Isolde klaut.«
    »Bitte?«
    »Fräulein Schulz von 311 kannte mal eine Isolde,
die hat geklaut.«
    »Katharina!«
    »Herr Professor?«
    »Du bist sehr albern.«
    Sie nickte ernst. »Ja, sehr.«
    Der Oberarzt trat ein, und sie sprachen über die
wichtigsten Vorkommnisse der letzten Nacht. Professor Klein kam nicht noch einmal
auf »Tristan und Isolde« zurück. Katharina war sehr froh darüber, sie schlief
lieber im Bett als in der Oper.
     
    Am selben Morgen stand Bastian Guthmann auf dem
Viktualienmarkt vor seinem Blumenstand, nun schon beinah befreundet mit der
Standlfrau.
    »Ja, Sie — «, begrüßte sie ihn staunend.
    »Ja, ich schon wieder. Inzwischen habe ich noch
einen Fall im Spital — seit heute nacht sind’s sogar drei. Drei Weiber.«
    »Herrgottzeiten — schon drei! Ja wie denn des?«
    Bastian roch in einen Strauß knackfrischer Rosen
hinein und dachte an Katharina Freude. »Im Grund sind’s sogar vier.« Das konnte
die Standlfrau einfach nicht begreifen. Vier Weiber in drei Tagen im Spital!
»Sie, des muaß a Virus sein.« Anschließend ging Bastian in ein
Spielwarengeschäft. Es war noch eine unentschlossene Kundin vor ihm dran, die
nicht wußte, ob sie lieber eine Lockenpuppe, die »Mama« und »Gute Nacht,
Liebling« sagte, nehmen sollte oder eine weniger kostspielige, zu der aber ein
ganzer Koffer voll mondäner Garderobe gehörte. Was war nun günstiger?
    Bastian — kleiner Bruder von zwei Schwestern mit
frühzeitig entwickeltem Muttertrieb, die den ganzen Tag ein Gewese um ihre
Püppchen veranstaltet hatten, bis es ihm eines Pfingstsamstags gelangt und er
allen Püppchen die Haare abgeschnitten hatte — Bastian verzog sich eilends in
die männliche Abteilung des Ladens.
    Da fand er batteriebetriebene Autos, die man
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