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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian
Autoren: Barbara Noack
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um
die Ladentische flitzen lassen und zu grandiosen Unfällen steuern konnte.
Panzer über Mercedes und mittenhinein einen Kipplader. Die Püppchenkundin war
längst gegangen. Die Verkäuferin stand neben Bastian und sah seinem
Verkehrschaos zu. Schließlich fragte sie, ob er sich schon entschlossen habe.
Bastian mußte bedauern.
    »Wie alt ist denn der Junge?«
    Der ferngesteuerte Mercedes jagte auf ein Tischbein
zu, bog im letzten Augenblick haarscharf dem Unglück aus, schoß rückwärts
davon. Sagenhaft.
    »Es ist kein Junge.«
    »Also ein Mädchen. Und wie alt, wenn ich fragen
darf?«
    »Na, seit heute nacht«, sagte er und trennte
sich ungern von den Autos.
    »Aber dann ist es ja noch ein Säugling!«
    »Möchte ich sagen. Was nimmt man denn da?«
    Die Verkäuferin ging mit ihm in die
Babyabteilung. »Vielleicht ein Schlaftier oder eine Spieluhr?«
    Spieluhren interessierten ihn.
    Die Verkäuferin brachte ihm gleich drei Modelle
und zog sie hintereinander auf. Das eine war ein hölzerner Mond mit aufgemaltem
Gesicht, das zweite eine Kasperlepuppe, die man schütteln mußte, damit sie
»Weißt du, wieviel Sternlein stehen?« klimperte.
    »Und dann haben wir noch ein Modell für
Anspruchsvolle.« Dasselbe spielte »Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein«. Die
Verkäuferin sang mit, ihre Stimme erinnerte an das nicht ganz tonreine Gezitter
einer alten Soubrette.
    »Sehr hübsch«, lobte Bastian irritiert.
    »Aber leider etwas teurer.«
    »Wegen dem Prinzen?«
    »Wegen der eleganten Ausführung.«
    Alle drei Spieluhren bimmelten durcheinander und
gegeneinander an. Da sollte nun ein Kind bei einschlafen!
    Bastian entschloß sich zum Mond. Der bimmelte am
billigsten. Er ließ ihn nicht einpacken, sondern hängte ihn in seine Else und
zog ihn immer wieder auf.
    »Guter Mond, du gehst so stille« an einem
strahlend schönen Sommermorgen.
     
    »Katharina, ach du gehst so stihille
    in dem weißen Kittel vor dich hin...
    Katharina, du mein letzter Wihille...«
     
    An der Rezeption des Krankenhauses hatte er
Schwierigkeiten mit der Schwester. Sie wollte ihn nicht schon wieder am
Vormittag hineinlassen. Kam ja gar nicht in Frage.
    Bastian zog den guten Mond auf und ließ ihn in
den Glaskasten hineinbimmeln.
    »Sagen Sie bloß, der ist für Ihre Oma!«
    »Der ist für meine Nichte. Ich bin heut nacht in
diesem Hause Onkel geworden, Schwester, seien Sie nett... bitte...«
    »Nur in Notfällen...«
    »Dies ist ein Glücksfall!«
    »Also wissen S’!« Sie begriff sich selbst nicht.
Sonst ließ sie niemand außerhalb der Besuchszeit zu den
Dritte-Klasse-Patienten. Diesen Burschen nun schon zum zweitenmal.
    Bastian fuhr in den dritten Stock, guckte beim
Aussteigen nach rechts und links, ob er auch nicht Schwester Theresa begegnete
— die hielt so gar nichts von seinem Charme.
    Zimmer 311 lag links vom Lift.
    Er ging den Gang hinunter. Hinter einer durch
Blattpflanzen abgedeckten Sitzecke lauerte seine Großmutter und fiel mit
strengem Vorwurf über ihn her: »Endlich kommst du! Seit einer Stunde warte ich
auf dich!«
    »Woher wußtest du denn, daß ich heut herkomme?
Ist was passiert?«
    Seine Großmutter sah ihn an, als ob sie ihn
nicht mehr leiden konnte. »Das fragst du mich ?« und schmetterte ihm
»Sieben Pfund« ins Gesicht.
    Bastian guckte dumm.
    »Mit schwarzen Haaren! Auf dem gleichen Stock!!
Und ich muß es von Schwester Theresa erfahren.«
    Manchmal war er ein bißchen begriffsstutzig.
    »Du mußt sie natürlich heiraten!«
    »Wen?«
    »Die Mutter, wen sonst? Schwester Theresa sagt
auch, daß du sie heiraten mußt.«
    Endlich fiel bei ihm der Groschen, und er fing
an zu lachen.
    »Lach nicht«, schrie sie, »es ist eine Schande.
Setzt Kinder in die Welt und drückt sich vor der Verantwortung.«
    Bastian fiel die Spieluhr ein. Er zog sie auf
und hielt sie seiner Großmutter ans Ohr. Dadurch beruhigten sich beide. Martha Guthmanns
Zorn und Bastian Guthmanns Lachreiz.
    »Frau Guthmann, ich will dir mal was sagen. Ich
kenne das Mädchen kaum, das heute nacht ein Kind gekriegt hat.«
    »Das besagt heut gar nichts.«
    »Ich bin wirklich nicht der Vater. Das ist ein
Referendar aus Köln.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich.«
    »Schade«, sagte sie, »ich hätt’ mich schon an
den Gedanken gewöhnt.«
    Schwester Theresa kam mit dem Säuglingswagen um
die Ecke und war so verlegen, als sie Guthmanns sah, daß sie vergaß, Bastian
von der Station zu fegen.
    »Da habe ich vielleicht einen Irrtum angestellt.
So was Peinliches.«
    »Ich
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