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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman
Autoren: Ulf Schiewe
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herum, bis ich völlig entblößt war. Dann schlüpfte sie selbst aus ihren Gewändern. Es nahm mir jedes Mal den Atem, wenn ich sie nackt vor mir sah, selbst in meinem berauschten Zustand.
    »Meine Venus«, murmelte ich trunken. »Es gibt kein Weib, das neben dir bestehen könnte.«
    »Ich bin doch keine Venus!«, rief sie aus.
    »Doch, doch!«, sagte ich. »Ich habe Statuen gesehen, in Konstantinopel, von nackten Göttinnen.« Ich umfasste ihre Beine, wie sie vor mir stand. »Genauso siehst du aus. Beine wie Marmor.« Ich küsste ihre Schenkel, und die Berührung jagte mir einen wollüstigen Schauer durch die Lenden.
    Berta strich sich prüfend über die Hüfte. »Findest du? Ich habe zugenommen. Und jünger werde ich auch nicht.«
    »Wirklich? Lass mich sehen«, grinste ich und zog sie neben mich aufs Bett, um meine Hände über ihr göttliches Hinterteil wandern zu lassen.
    »Hat dir das Liebeslied gefallen?«
    »Sehr«, antwortete sie und schmiegte sich eng an mich. »Aber ich kannte es schon.«
    »Wie?«, fragte ich ärgerlich. »Hat der Bursche es dir etwa schon vorher verraten?«
    »Nein«, meinte sie und gähnte, »ich kenne es von jemand anderem. Ist schon viele Jahre her.«
    Jetzt saß ich verwirrt im Bett auf. »Von wem?«
    »Ein fahrender Sänger, ein
trobador,
der hier einige Tage übernachtet hat.«
    »Das heißt …«
    »Das heißt, es ist ein bekanntes Lied«, vollendete sie meinen Satz, »und nicht von Jaume.«
    »So ein Gauner!«, schimpfte ich außer mir. »Viel Gold hab ich ihm gegeben, damit er etwas ganz Besonderes und nur für dich allein erdichtet.«
    »Mach dir nichts draus«, flüsterte sie und küsste mich sanft. »Es war ein Geschenk von dir. Das allein zählt. So wie du es gemeint hast.«
    Ich machte mich frei. »Was war denn das für ein
trobador?
«, konnte ich nicht umhin, zu fragen.
    Berta lächelte geheimnisvoll. »Er hatte ein sehr einnehmendes Wesen und eine schöne Stimme.«
    »Hat er sich etwa auch in dich verliebt?«
    »Ein bisschen. Bist du eifersüchtig?«
    »Teufel, ja!«, schrie ich. »Rasend eifersüchtig!«
    Und mit diesen Worten warf ich mich auf sie und bedeckte sie mit Küssen, bis sie um Hilfe schrie. Bald darauf klopfte es an die Tür, und die Magd rief ängstlich, ob alles in Ordnung sei. Berta beruhigte sie, und dann liebten wir uns langsam und ausgiebig, trotz meiner Trunkenheit. Als ich später in ihren Armen lag und wir schon fast eingeschlafen waren, kam mir in den Sinn, was ich schon längst hatte sagen wollen.
    »Berta.«
    »Was ist,
amor?
«
    »Sie können mir gestohlen bleiben, weißt du«, murmelte ich. »Ich will überhaupt kein Graf werden. Ich will nur bei dir bleiben. Für den Rest meiner Tage. Nichts anderes.«
    Berta kicherte. »Du bist betrunken und weißt nicht, was du sagst. Morgen reden wir in Ruhe darüber.«
    »Du glaubst mir nicht. Aber da gibt es nichts mehr zu bereden. Ich habe mich schon lange entschieden«, murmelte ich. Was hatte Alfons noch mal gesagt? Irgendetwas Wichtiges. Aber bevor ich mich erinnern konnte, schlief ich an Bertas Busen ein, völlig betrunken, doch zufrieden wie ein Säugling.

Castel Rocafort
    Las Corbieras, Anno Domini 1131
    N un hatte ich geendet und war verstummt.
    Meine letzten Worte hingen noch zwischen uns im leeren Raum und hielten uns gefangen. Nein, dieses Erbe war nicht für mich. Den Kampf meines Vaters Guilhem fortzusetzen, dazu war ich nicht bereit. Ebenso wenig, seinen Fehltritt über mein Schicksal bestimmen zu lassen. Ich bildete mir ein, die schöne Anhes hätte das verstanden. Sie war mir in jedem Fall näher als mein Erzeuger.
    Bei allem Getöse, das wir Männer in der Welt veranstalten, so sind es doch die Frauen, die oft unser Leben bestimmen. Es beginnt, dass wir unter Blut und Tränen aus ihrem Leib geboren werden. Das ist eindeutiger als die Vaterschaft und lässt sich schwerlich fälschen, obwohl man es in meinem Fall versucht hat. Vielleicht ist das der Grund, warum bei uns im Süden ein Mann, wenn er einen heiligen Eid schwört, den Namen seiner Mutter statt seines Vaters nennt.
    Und so geht es mir. Als ich in mir selbst forschte, wer ich denn wirklich war, so blieb am Ende nur diese Wahrheit. Ob Edelmann aus der Corbieras oder Erbe von Tolosa, immer und in jedem Fall bin ich Jaufré,
enfan d’amor
der Anhes de Provence. So steht es in meinem Herzen geschrieben, wenn auch auf keiner Urkunde. Ihre Liebe zu Guilhem war der Ursprung meines Daseins, ihre Umsicht und Selbstaufgabe bewahrten
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