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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser
Autoren: Marcus Sakey
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mit Drogen verdient. Hat in den Achtzigern mit Crack gedealt. Aber im großen Stil.«
    »Echt?«, fragte Jenn mit ungewohnt hoher Stimme.
    »Echt. Das Ganze ist längst Geschichte, aber er hat noch seine Verbindungen. Ich arbeite ja schon eine ganze Weile hier, und da bekommt man so einiges mit.«
    »Zum Beispiel?«
    »Na ja. Irgendwelche Italiener gehen mit Aktenkoffern rein und kommen mit leeren Händen wieder raus. So was in der Art. Auf jeden Fall sollte man sich besser nicht mit ihm anlegen.«
    »Warum hast du uns nie von ihm erzählt?«
    »Ich sehe ihn ja kaum. Ihm gehören noch ein paar andere Läden, und das Tagesgeschäft überlässt er den Managern. Und wenn er da ist, sitzt er bloß hinten im Büro und empfängt irgendwelche Leute. Ziemlich zwielichtige Gestalten übrigens.«
    »Mir egal«, sagte Mitch. »Der kleine Wichser macht mir keine Angst.« Seine Hände zitterten noch von den letzten Resten Adrenalin und Scham, als er sich das halbe Bier in die Kehle goss. »Meinetwegen können wir die Sache draußen austragen.«
    Alex grinste.
    »Was ist?«
    »Nichts, nichts.«
    »Doch. Was gibt’s da zu grinsen?«
    »Na ja …« Alex zuckte die Schultern. »Ach, komm schon, Mann. Wie oft hast du dich schon geprügelt?«
    »Du denkst, ich hab das nicht drauf?«
    »Ich denke gar nichts.« Alex und Jenn wechselten einen Blick. »Jetzt entspann dich mal ein bisschen, okay? Vergiss den Typen.«
    Mitch sah ihn an, sah Jenn an, doch sie starrte nur in ihren Drink. So dachten sie also von ihm? So? Am liebsten hätte er lauthals geschrien, am liebsten hätte er das Glas gegen die Wand geschmissen, am liebsten wäre er losgestürmt, um den schmierigen Ex-Dealer zur Rede zu stellen. Erst diese erbärmliche Szene vor Jenns Augen, und dann bezeichnete Alex ihn auch noch mehr oder weniger unverblümt als Schwächling … Seine Stirn brannte, und in seinen Eingeweiden breitete sich ein Gefühl aus, das er nur zu gut kannte – das Gefühl, das ihn jedes Mal packte, wenn er einem reichen Fatzke die Tür aufhalten musste, der es nicht einmal fertigbrachte, seine bloße Existenz zur Kenntnis zu nehmen.
    »Hey«, sagte Ian und zog einen Hocker unter der Theke hervor. Seine Augen glänzten, er grinste bis über beide Ohren. »Hab ich was verpasst?«
    Wäre es nach Ian gegangen, wäre der Abend noch lange nicht zu Ende gewesen. Nach ein paar Drinks und einem kurzen Ausflug auf die Toilette, um die üblichen Wartungsarbeiten durchzuführen, war er hellwach – bereit, die Welt zu erobern. Das Rossi’s war keine richtige Bar, sondern eher ein Restaurant, weshalb es schon um elf dichtmachte. Während Alex die Theke putzte, blieben sie noch sitzen, doch nach der Szene mit dem Besitzer des Lokals war die Stimmung irgendwie im Eimer. Normalerweise hockten sie sich noch an einen abgelegenen Tisch und quatschten bis ein oder zwei Uhr nachts; diesmal schaute Jenn auf die Uhr und schlug vor, ausnahmsweise früher Schluss zu machen. Mitch, der noch schweigsamer gewesen war als sonst und zuletzt sowieso nur noch mit verbissener Entschlossenheit vor sich hin gesoffen hatte, nickte zustimmend. Und so standen sie plötzlich draußen vor der Tür. Weil Alex und Jenn beide Richtung Norden mussten, teilten sie sich ein Taxi.
    Alex stützte sich mit einer Hand auf das Dach des Taxis. »Passt du auf, dass er gut nach Hause kommt?«
    »Ich brauch keinen Babysitter«, erwiderte Mitch in einem gedehnten Lallen.
    Ian ignorierte ihn. »Klar pass ich auf.« Er küsste Jenn auf die Wange, schloss die Autotür und schlug zum Abschied mit der flachen Hand auf den Kofferraum. Er fühlte sich gut – vielleicht würde er noch schnell beim Spiel vorbeischauen, nachdem er Mitch abgesetzt hatte. Ja, warum eigentlich nicht? Heute war sein Glückstag.
    »Dieser schmierige Sack«, meinte Mitch, während er über die Straße wankte.
    »Muss ja ein spannender Typ gewesen sein. Schade, dass ich ihn verpasst habe.« Ian hob den Arm, doch das nächste Taxi rauschte an ihnen vorbei. »Und das Rossi’s gehört wirklich ihm?«
    »Angeblich. Ist ja auch egal.« Mitch rieb sich die Stirn. »Dann ist er eben scheißreich. Na und? Deshalb hat er noch lange kein Recht, mich wie den letzten Dreck zu behandeln.«
    »Würde mich schon interessieren, was der so verdient.« Ian winkte dem nächsten Taxi, und diesmal wurde sein Wunsch erhört. Beim Einsteigen sagte er Mitchs Adresse auf. »Und er hat echt mit Drogen gedealt?«
    »Jetzt mal ehrlich. Als ob er ei-ei-ein Recht hätte, nur
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