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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser
Autoren: Marcus Sakey
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Die hatten in letzter Zeit eine Menge Schwierigkeiten. Schon mal vom Zusammenbruch des Subprime-Markts gehört? Tja, mit den Hedgefonds von Bear Stearns fing alles an.«
    Alex nickte. »Ich hab gehört, er war bei einem Bridge-Turnier, als der Laden den Bach runtergegangen ist. Halb Amerika sitzt auf der Straße, weil der Typ versagt hat, und was macht er? Spielt Karten!«
    »Na ja, ein bisschen komplizierter war es schon.« Ian setzte ein scharfkantiges Lächeln auf. »Du weißt schon, die Kräfte des Marktes und so weiter.«
    »Hallo, Jenn«, sagte Mitch.
    »Ehrlich, meiner Meinung nach verdient er die Todesstrafe.« Alex schüttelte den Edelstahl-Cocktailshaker, schenkte ihr einen Martini ein und schob das Glas zu ihrem Platz, erdolchte drei Oliven mit einem Zahnstocher und legte sie vorsichtig auf die Kante. »Man sollte ihn, Ken Lay von Enron und den Rest der Truppe in einer Reihe an die Wand stellen und einfach erschießen.«
    »Ken Lay ist schon tot. Hatte einen Herzinfarkt.«
    »Okay, dann eben die anderen Enron-Typen.«
    Jenn blickte in die Runde. »Sagt mal, hattet ihr einen schlechten Tag oder so?« Als alle drei nickten, musste sie lachen. »Okay, die nächste Runde geht auf mich.«
    Ihre Mutter fand es ziemlich seltsam, dass ihre drei engsten Freunde Männer waren. Ständig stellte sie eindeutig zweideutige Fragen, um herauszufinden, mit welchem sie denn nun zusammen war. Dabei hoffte sie insgeheim auf Ian; obwohl sie ihn noch nie gesehen hatte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass er ein guter Junge sein musste. Was wohl vor allem an seinem Job als Wertpapierhändler lag.
    Nicht, dass Jenn sich nicht mit anderen Frauen verstanden hätte, ganz im Gegenteil. Doch richtig angefreundet hatte sie sich schon immer eher mit Jungs, vor allem als sie älter wurde. Sie war nicht burschikos, sie war keine ewige kleine Schwester, sie gehörte nicht zu den Frauen, die ständig über Sex redeten, um die Kerle bei der Stange zu halten. Doch mit der Zeit hatte sie immer weniger echte Freundinnen gehabt. Seit sie die dreißig überschritten hatte, klappte das irgendwie nicht mehr. Die Verheirateten verzogen sich in ihre Zweisamkeit, und die Singles drehten sich jedes Mal um, wenn irgendwo die Tür aufging. Sie taxierten die Typen an der Bar, musterten Schuhe und Ringfinger. Vielleicht würde ja genau jetzt ihr Mr. Right auftauchen, der Mann, der sie aus dieser ermüdenden Phase ihres Lebens erretten würde, der sie von ihrer Ein-Zimmer-Wohnung und den unendlichen Weihnachtsfesten mit den Eltern befreien würde, und nicht zuletzt von der Angst, sich eines Tages eine Katze kaufen zu müssen. Nie gaben sie die Hoffnung auf, dass eines Tages ein geheimnisvoller Unbekannter versehentlich seinen Kaffee auf ihren Schoß verschütten könnte, um die Situation dann mit dem perfekten Spruch zu meistern. Alle litten sie an einem ausgeprägten Liebeskomödien-Syndrom.
    Aber das war ja kein Verbrechen. Jenn wünschte ihnen alles Glück der Welt, ehrlich, doch als Freundinnen waren diese Frauen eben nicht zu gebrauchen. Mit den Jungs war dagegen alles locker, und so kehrte sie Woche für Woche hierher zurück, an ihren Stammplatz am Ende der Theke. Alex, Ian, Mitch und sie, der Donnerstagabend-Kneipen-Club. »Also, was wird heute gespielt?«
    »Heute«, sagte Ian, »ist eindeutig Fertig-los angesagt.«
    »Wieso?«
    »Weil ich heute in spekulativer Stimmung bin.«
    »Bist du das nicht immer?«, fragte sie. »Aber okay, wo wir schon beim Thema sind: Was würdet ihr mit einer halben Million Dollar machen? Fertig, los!«
    »Wie, eine halbe Million?« Ian hob eine Augenbraue. »Nur eine halbe?«
    »Ich würde mir ein Haus kaufen«, sagte Alex. »Muss nichts Großes sein, nur mit einem eigenen Zimmer für Cassie. Dann würde sie bestimmt öfter über Nacht bleiben. Und am besten in Lincoln Park, damit sie shoppen gehen kann. Und der See wäre auch nicht weit.«
    Ian schüttelte den Kopf. »Auf dem Immobilienmarkt kennst du dich nicht besonders gut aus, was?«
    »Warum?«
    »Ein Haus in Lincoln Park für eine halbe Million? Ich bitte dich.«
    »So teuer?« Alex wirkte aufrichtig verletzt – als hätte er sofort zugeschlagen, wären die Quadratmeterpreise in seinem Traumviertel nicht so unverschämt in die Höhe geschossen. »Dann meinetwegen eine Wohnung. Ist ja auch egal. Was ist mit dir?«
    »Ich würde meinen Job schmeißen. Mich selbstständig machen, als Day Trader. Eine Woche später hätte ich das Zwanzigfache.«
    Alex schnaubte.
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