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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber
Autoren: Daniel Silva
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war ausdruckslos, seine braunen Augen fixierten das Musée d'Orsay.
    Der Ober mit dem Tablett Tandoorihühnchen war dafür eingeteilt, den Botschafter zu beobachten. Er zog ein Mobiltelefon aus der Brusttasche seiner weißen Jacke und drückte eine Kurzwahltaste. Nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine Männerstimme, während im Hintergrund Pariser Verkehrslärm zu hören war. »Oui?«
    »Er fährt gleich los.«
    Klick.
    Botschafter Elijahu nahm Hannah an der Hand, geleitete sie durch die Menge und blieb nur gelegentlich stehen, um anderen Gästen eine gute Nacht zu wünschen. Am Museumsausgang schlossen sich ihnen zwei Leibwächter an. Sie wirkten blutjung, aber Elijahu fand das Wissen tröstlich, daß die beiden ausgebildete Killer waren, die vor nichts zurückschrecken würden, um sein Leben zu schützen.
    Sie traten in die kalte Nacht hinaus. Die Limousine stand mit laufendem Motor bereit. Ein Leibwächter setzte sich vorn neben den Fahrer, der andere nahm hinten bei dem Botschafter und seiner Frau Platz. Der Wagen fuhr an, bog auf die Rue de Bellechasse ab und raste dann die Seine entlang.
    Elijahu lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Weck mich, wenn wir zu Hause sind, Hannah.«
    »Wer war das, René?« »Niemand. Falsch verbunden.« Emily schloß wieder die Augen, aber bald darauf hörte sie ein  weiteres Geräusch, diesmal einen lauten Knall, als auf der Brücke zwei Autos zusammenstießen. Ein Kleinbus war auf einen Peugeot aufgefahren, der Asphalt war mit Glassplittern bedeckt, der Verkehr kam zum Stehen. Die beiden Fahrer sprangen aus ihren Wagen und begannen sich in unverständlich schnellem Französisch anzubrüllen. Emily merkte jedoch, daß sie keine Franzosen waren -eher Araber, vielleicht Nordafrikaner. René nahm seinen Rucksack, trat auf die Fahrbahn und schlängelte sich zwischen den liegengebliebenen Wagen hindurch.
    »René! Wo willst du hin?«
    Aber er tat so, als habe er nichts gehört. Er ging weiter - nicht auf die beiden Unfallwagen, sondern auf eine im Stau stehende lange schwarze Limousine zu. Unterwegs zog er den Reißverschluß des Rucksacks auf und holte etwas heraus: eine kleine Maschinenpistole.
    Emily wollte ihren Augen nicht trauen. René, ihr Liebhaber, der Mann, der sich in ihr Leben eingeschlichen und ihr Herz gestohlen hatte, ging mit einer Maschinenpistole über die Pont Alexandre III. Dann begannen die Teile des Puzzles, sich wie von selbst zusammenzufügen. Der nagende Verdacht, René halte irgend etwas vor ihr geheim. Die langen, nie erklärten Abwesenheiten. Der schwarzhaarige Unbekannte vorhin im Bistro. Leila?
    Alles Weitere sah sie wie in Zeitlupe in undeutlich wahrgenommenen Halbbildern, als spiele es sich unter schlammigem Wasser ab. René, der über die Brücke rannte. René, der seinen Rucksack unter die Limousine warf. Ein greller Lichtblitz, eine glutheiße Druckwelle. Feuerstöße, Schreie. Jemand auf einem Motorrad. Eine schwarze Sturmhaube, zwei unergründlich schwarze Pfuhle, die kalt durch die Augenlöcher starrten, feuchte Lippen, die hinter dem Mundschlitz glänzten. Eine behandschuhte Hand, die nervös mit dem Gasdrehgriff spielte. Aber es waren die Augen, die Emilys Aufmerksamkeit fesselten. Es waren die schönsten Augen, die sie je in ihrem Leben gesehen hatte.
    Endlich hörte sie in der Ferne das an- und abschwellende Heulen einer Pariser Polizeisirene. Sie wandte ihren Blick von dem Motorradfahrer ab und sah René langsam übers Schlachtfeld auf sich zukommen. Er zog das leer geschossene Magazin aus seiner Waffe, setzte lässig ein neues ein und lud die Maschinenpistole wieder durch.
    Emily wich vor ihm zurück, bis sie ans Brückengeländer gepreßt dastand. Sie drehte sich um und sah in den schwarzen Fluß hinunter, der langsam unter ihr vorbeiströmte.
    »Du bist ein Monster!« kreischte sie auf englisch, weil sie in ihrer Panik ihr Französisch vergessen hatte. »Du bist ein gottverdammtes Monster! Scheiße, wer bist du?«
    »Versuch nicht, mir zu entkommen«, antwortete er in derselben Sprache. »Das würde alles nur verschlimmern.«
    Dann hob er seine Waffe und durchsiebte ihr Herz mit einem kurzen Feuerstoß. Die Wucht der Einschläge ließ Emily übers Brückengeländer kippen. Sie fühlte sich in den Fluß stürzen. Sie streckte die Hände aus und sah das Armband an ihrem Handgelenk. Das Armband, das ihr Liebhaber René ihr eben erst geschenkt hatte. Solch ein wunderschönes Armband. Wirklich jammerschade.
    Sie schlug auf, tauchte
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