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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber
Autoren: Daniel Silva
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Wahrheit. Was hältst du davon, wenn wir eine Kleinigkeit essen? Dann machen wir einen Spaziergang.«
    Botschafter Zev Elijahu stand in der großen Halle des Musée d'Orsay und wandte sein gesamtes diplomatisches Geschick auf, um die Tatsache zu verbergen, daß er sich tödlich langweilte. Der sportlich schlanke, trotz des nebelverhangenen Pariser Herbsts braungebrannte Mann sprühte geradezu vor elektrisierender Energie. Gesellschaftliche Anlässe dieser Art langweilten ihn. Elijahu hatte nichts gegen Kunst; er hatte nur einfach keine Zeit dafür. Er hatte noch immer die Arbeitsmoral eines Kibbuzniks und hatte in Zeiten, in denen er sein Land nicht als Botschafter im Ausland vertrat, als Investmentbanker Millionen verdient.
    Zur Teilnahme an dem heutigen Empfang hatte er sich aus einem einzigen Grund überreden lassen: Er würde ihm Gelegenheit geben, inoffiziell einige Worte mit dem französischen Außenminister zu wechseln. Die Beziehungen zwischen Frankreich und Israel waren im Augenblick eisig. Die Franzosen waren verärgert, weil zwei israelische Geheimdienstagenten bei dem Versuch geschnappt worden waren, einen Beamten des Pariser Verteidigungsministeriums anzuwerben. Die Israelis waren verärgert, weil die Franzosen sich vor kurzem bereit erklärt hatten, einem der arabischen Feinde Israels Düsenjäger und AKW-Technologie zu verkaufen. Aber als Elijahu sich dem französischen Außenminister näherte, ignorierte der Minister ihn und verwickelte den ägyptischen Botschafter demonstrativ in eine lebhafte Diskussion über den Friedensprozeß im Nahen Osten.
    Elijahu war wütend - er war verärgert und zugleich tödlich gelangweilt. Morgen abend würde er nach Israel zurückfliegen. Offiziell zu einer Konferenz im Außenministerium, aber er würde auch ein paar Tage Urlaub in Eilat am Roten Meer machen. Darauf freute er sich schon jetzt. Er hatte Sehnsucht nach Israel, nach seiner Kakophonie, dem bunten Treiben, dem Geruch von Pinien und Staub auf der Straße nach Jerusalem, dem Winterregen in Galiläa.
    Ein Ober in weißer Jacke bot ihm Champagner an. Elijahu schüttelte den Kopf. »Bringen Sie mir bitte einen schwarzen Kaffee.«
    Er sah sich über die Köpfe der eleganten Menge hinweg nach seiner Frau Hannah um und entdeckte sie neben Mosche Savir, dem Geschäftsträger der israelischen Botschaft. Savir war Berufsdiplomat: affektiert, hochnäsig, die ideale Besetzung für den Posten in Paris.
    Der Ober kam mit einem Silbertablett zurück, auf dem eine Tasse schwarzer Kaffee stand.
    »Lassen Sie's gut sein«, sagte Elijahu und drängte sich durch die Menge.
    »Wie hat's mit dem Außenminister geklappt?« fragte Savir.
    »Er hat mir den Rücken zugekehrt.«
    »Mistkerl.«
    Der Botschafter griff nach der Hand seiner Frau. »Komm, wir gehen. Ich habe die Nase voll von diesem Unsinn.«
    »Vergessen Sie den Termin morgen früh nicht«, sagte Savir. »Um acht Uhr Frühstück mit der Redaktion von Le Monde.«
    »Ich würde mir lieber einen Zahn ziehen lassen.«
    »Dieser Termin ist wichtig, Zev.«
    »Keine Angst, ich bin so charmant wie immer.«
    Savir schüttelte den Kopf. »Gut, dann bis morgen.«
    Die Pont Alexandre III war Emilys Lieblingsplatz in Paris. Sie liebte es, nachts mitten auf dem eleganten Bogen dieser Stahlbrücke zu stehen und seineabwärts in Richtung Notre-Dame zu blicken, wobei sie die über dem Hotel-des-Invalides aufragende vergoldete Kuppel des Invalidendoms rechts und das Grand-Palais links von sich hatte.
    Nach dem Abendessen führte René Emily dorthin, weil sie ihre Überraschung bekommen sollte. Sie gingen das Brückengeländer entlang, unter Kandelabern und an Cherubim und Nymphen vorbei, bis sie die Mitte des Bogens erreichten. Dort zog René ein kleines rechteckiges Etui in Geschenkpapier aus dem Rucksack und gab es ihr.
    »Für mich?«
    »Natürlich für dich!«
    Emily riß das Geschenkpapier wie ein Kind weg und klappte das Lederetui auf. Es enthielt ein Goldarmband mit Perlen, Brillanten und Smaragden. Es mußte ein kleines Vermögen gekostet haben. »O Gott, René! Es ist wunderschön!«
    »Komm, ich helfe dir, es anzulegen.«
    Sie streckte den rechten Arm aus und zog ihren Mantelärmel hoch. René legte ihr das Armband um und ließ die Schließe einrasten. Emily hielt es im Licht der Kandelaber hoch. Dann drehte sie sich um, lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust und blickte auf die Seine hinab. »So glücklich möchte ich sterben.«
    Aber René hörte nicht mehr zu. Seine Miene
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