Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand
Autoren: Sean McCabe
Vom Netzwerk:
Festungsmauer wieder. Der heulende, stürmische Wind zerrte an ihrem Haar.
    In rund fünfzig Meter Entfernung erkannte sie durch den Schneesturm Gabriel und Lillith. Sichtlich verzweifelt kauerten sie auf einem Turm am hintersten Ende der gegenüberliegenden Festungsmauer. Dann sah Alex auch den schwer gezeichneten, blutenden Joel, der sich mit dem Kreuz in der Hand über den Laufgang schleppte. Sie war außerhalb seiner Reichweite, aber Stone und Lillith waren gefährlich nahe an ihm und hatten keine Fluchtmöglichkeit mehr. Wenn er nur noch ein paar Schritte weiterginge, wäre es aus mit ihnen.
    Auf halbem Weg zwischen Joel und den beiden Vampiren stand Stones Ghul Lonsdale. In der Hand hielt er einen Revolver. Hilflos musste Alex mit ansehen, wie Lonsdale ihn auf Joel richtete. Stones herausgebrüllte Befehle, er solle endlich schießen, wurden vom Sturm übertönt.
    Joel musste die Waffe gesehen haben, doch er verhielt sich, als würde ihn das nicht mehr interessieren. Er humpelte einen Schritt weiter und hielt das Kreuz höher.
    Alex hatte keine Chance zu verhindern, was nun geschehen sollte.
    Lonsdale schien zunächst zu zögern, doch dann drehte er das Gesicht halb weg und drückte ab. Der Revolver schlug in seiner Hand zurück, und aus seiner Mündung kam eine weiße Flamme.
    Joel ging weiter. Lonsdale feuerte erneut, und diesmal fand die Kugel ihr Ziel. Blut spritzte auf die verschneite Festungsmauer. Joel ruderte mit den Armen und fiel auf den Rücken, noch immer das Kreuz in der Hand.
    «Joel!», schrie Alex, doch sie konnte nichts für ihn tun; solange er das Kreuz hielt, war nicht daran zu denken, sich ihm zu nähern. Er lag auf der Mauer, während sich Schneeflocken auf ihn senkten und rot färbten, als sie in seinem Blut schmolzen. Er regte sich nicht mehr.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 86
    J eremy Lonsdale senkte die schwere Pistole. Er starrte den Mann an, auf den er gerade geschossen hatte, und drehte sich dann zu Gabriel Stone im Turm hinter ihm um. Der Vampir versuchte sich mit wilden Gesten durch den Schneesturm verständlich zu machen.
    «Heb das Kreuz auf, du Kretin! Schaff es von uns weg! Wirf es den Felsen runter!» Stones Stimme überschlug sich vor Schmerz. Neben ihm war auf Händen und Knien Lillith, deren schwarzes Haar ihr ins Gesicht hing, während sie den Kopf zwischen den Händen hielt und heftig zitterte.
    Lonsdale nickte. Er wusste, was er zu tun hatte. Noch immer den Revolver in der Hand, ging er langsam auf den Körper im Schnee zu und beugte sich zu ihm hinab, um das Kreuz aus den schlaffen Fingern seines Opfers zu nehmen. Überall auf der Festungsmauer war Blut, rot auf weiß unter dem schwarzen Himmel.
    Lonsdale wandte sich ab, das Kreuz fest in der Hand. Es schien zu vibrieren und fühlte sich warm an. Er ließ den Blick über die Zinnen der Festungsmauer schweifen. Der Wind zerrte an seinen Kleidern und peitschte ihm Schnee ins Gesicht. Er hob den Arm, um das Kreuz weit über die Mauer zu schleudern, damit es dreihundert Meter weiter unten auf dem Fels in tausend Stücke zerbrach. Sein Herr würde dann gerettet sein, der Krieg gewonnen – dank seiner, Jeremy Lonsdale. Die Macht lag in seiner Hand.
    Er stöhnte vor Anstrengung, als er den schweren Gegenstand in seiner Hand wegschleuderte, der einen hohen Bogen über der Festungsmauer beschrieb und in die Nacht hinabfiel. Dann drehte Lonsdale sich langsam zu Gabriel Stone um.
    Er hatte das Kreuz noch immer in der Hand und stattdessen den großen Revolver weggeworfen. Er brauchte ihn nicht mehr. Das Kreuz dagegen …
    Er blickte auf das Artefakt hinab, dessen Wärme sich durch seinen Arm ausbreitete.
    «Nein», sagte er leise und trat einen Schritt auf die beiden Vampire zu.
    «Wirf es weg, Ghul!», drang Stones verzweifelter Schrei durch das Heulen des Windes.
    «Nein», wiederholte Lonsdale, diesmal lauter, und trat einen weiteren Schritt vor. «Sie haben sich in mein Leben gedrängt und alles vergiftet. Sie haben mir alles genommen. Sehen Sie doch, was aus mir geworden ist. Und jetzt haben Sie mich auch noch zum Mörder gemacht.»
    «Jeremy, bleiben Sie weg von uns. Ich befehle Ihnen –»
    «Ich habe schon genug Befehle von dir entgegengenommen, Vampir.» Lonsdale richtete sich auf. In seinen Augen lag ein Funkeln, als er mit verzerrtem Gesicht langsam auf den Turm zuging. Er hielt das Kreuz so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. «Mir ist nicht mehr wichtig, was jetzt aus mir wird», rief er. «Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher