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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes
Autoren: Karl Bleibtreu
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bedingt, und sie konnte nur entstehen, nachdem die Wahrheiten Allkraft (Gott) und Erhaltung der
Kraft (Unsterblichkeit) unerschütterlich Wurzel faßten. Wie man sich dieser Wahrheiten würdig erweise, danach
fragt dann erst die sekundäre Ethik, für die Gott ein »Ziel« wird, dem sie durch Ableitung des
Ichwillens entgegenschreitet. »Selbst ist der Herr von Selbst«, doch »viele sind berufen, wenige
auserwählt«, das Reich Gottes kann nicht beim ersten Sturm erobert werden, sondern erst durch viele Stufen von
Wiedergeburten, denn »der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach«, und die Erkenntnis, der einzige Weg
zum Heil, erfolgt nicht durch bloße Gnadenwahl, sondern als Lohn vieler Leiden und Mühen, der
Befähigungsnachweis für endliche transzendentale Freiheit (Nirvana, Heimkehr zu Gott) muß selber erworben
werden. Ohne solche Vorbereitung zappelt man sich umsonst ab, aus seiner schlechten Haut zu fahren. Doch steht geschrieben:
»Suchet, so werdet ihr finden!« In wem einmal Erkenntnis entzündet, auf den bricht nie wieder die Nacht des
Wahns herein, so oft er noch straucheln mag. Wer sich das Karmagesetz zu eigen machte, auf den strömen neue Erkenntnisse
der Wesenheit Gottes hernieder. Er begreift die Weisheit der determinierten Vorbestimmung, allen Buddhisten-Brahmanisten und
Islamiten selbstverständlich, nur dem bornierten Christeneuropäer mit seiner Vernarrung in lächerliche
Willensfreiheit zuwider. Er ahnt unendliche Kräfte am Werke einer persönlichen Vorsehung für jedes Lebewesen
in unendlicher Wechselbeziehung.
    Goethe gesteht: daß der Mensch »voraussetzt, was er findet, und findet, was er voraussetzte«, Plato sagt
bündig: »wir finden nur die Idee, die wir voraussetzten«. Hier ahnt sich geheimnisvoller Tiefsinn wie im
Paulinischen Spruch: »Der Glaube kann Berge versetzen.« Eine große Erkenntnisidee kann noch mehr, sie
zwingt gleichsam die Weltordnung, die volle Einheit des Alls mit dem Leben herzustellen. Aus dem Karmaglauben öffnet
sich der Blick in unendliche Weiten immer lichterer Klarheit, erfüllt von demütiger Begeisterung für den
unerbittlichen, aber allweisen und in seiner Strenge allgerechten Gott der Kausalität. Kann solche Gewißheit
reifsten Denkens trügen? Wenn laut Cuvier jeder Teil eines Organismus genau seinen andern Teilen gleicht, so muß
dies für den ganzen Weltorganismus gelten. Dann aber ist die indische Urweisheit, die reiner und inniger Gott suchte als
je ein Europäer (nur die deutschen Mystiker ausgenommen), selber ein Teil der Weltseele, der ewigen Wahrheit. Daher die
unverrückbare Sicherheit dieser ältesten und bis heute unverändert die ältesten Kulturvölker
beherrschenden Weltanschauung. Welche Unsicherheit meldet sich dagegen in Hertz' kleinlautem Bekenntnis vom
»freiwilligen Standpunkt der Wissenschaft« und »unfreiwilliger Beschränkung« der Kenntnisse!
    Den Begriff Logos entlehnte Ev. Joh. aus dem Indischen, wo es gleichfalls zugleich »Geist« und
»Wort« bedeutet und ursprünglich auch Brahma, d. h. der Gott der sichtbaren Materie diese Bedeutung hatte.
»Auferstehung des Fleisches« dehnt sich aus: »Der Geist ward Fleisch«, der reinkarnierte Buddha
begreift das letzte Wort (Gott) und tritt in das dritte »leuchtende Dasein« ein jenseits von Materie und Geist,
durch das er Brahma verschwinden macht. Denn das letzte Wort der Intuition lautet: weder erzeugt der Geist die Gottesidee
noch Gott den Geist, sondern beide sind untrennbar eins, wie das Ganze und sein Teil. Die transzendente Identität des
Ganzen (Gott) mit den immanenten Teilen (Welt und Ich), Einheit des Seins in Schein-Vielheit der Erscheinung, bildet den
transzendentalen Monismus.
    Das »biogenetische Gesetz« bewiese höchstens äußerliche zoologische Symbolik einer
zusammenfassenden Einheit des Lebensprinzips, dessen äußere Gewandung die Biologie mit Schneiderellen mißt.
Da immer wieder Leben aus Leben stammt, kann der Tod als Konsequenz der Geburt nur eine Übergangsform des Lebens sein.
Der gott- und vernunftlose Materialismus aber ist der geistige Tod.
    Laut Einstein kann Materie aufhören, sich in Leuchtenergie auflösen. Sollte man für möglich halten,
daß diese mathematische Fixierung des Unsichtbaren als Ursprungselement noch nicht von Mechanistik als Todesstoß
empfunden wird? »Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte!« Wie jede
Rotations- ist auch jede Lichttheorie einseitig,
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