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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Autoren: Sarah Pinborough
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auch. Und nach der ganzen Kacke mit Bowman und den Bonuszahlungen war es nicht schwer, ihnen zu verklickern, dass es zwischen uns nicht zum Besten stand. Sie waren viel mehr scharf darauf, den alten Mann und das Mädchen aus dem Auto zu finden. Seitdem halte ich schön still. Ich wäre kaum hier, wenn ich glauben würde, dass sie noch an mir dran wären – oder überhaupt noch Zeit und Kohle investieren würden, um nach dir zu suchen. In der Polizeiarbeit sind zwei Monate sehr lang, das muss ich dir nicht erklären. Sie haben genug damit zu tun, hinter dir aufzuräumen, während ihnen der Arsch aus der Hose hängt.«
    »Trotzdem – ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Das stimmte; Cass war noch nie gut darin gewesen, Gefühle auf den Tisch zu legen. Das hatte ihm in Beziehungen nicht gerade geholfen – und es nervte ihn, jemandem was schuldig zu sein. So war er eben.
    »Sag einfach nichts. Sieh zu, dass du dich aus der Scheiße ziehst, dann kannst du es mir immer noch zurückzahlen. Auf jeden Fall kannst du mir eine gute Geschichte erzählen, falls sonst nichts dabei herauskommt. Und jetzt machen wir noch schnell die Verbrecherfotos. Ich hab den besten Fälscher der Welt darauf angesetzt. Noch zwei Tage, dann kannst du als neuer Mensch von hier abhauen. Und, wie findest du das?«
    »Das finde ich super, Artie.«

4
    Als er auf Station die Betten abging, fing Hask hinter seinem Mundschutz und in den Handschuhen an zu schwitzen. In diesem Flügel des Krankenhauses war es bestimmt an die dreißig Grad heiß und bei der Fettschicht um seine Knochen wurde es ihm schnell zu viel. Die meisten Patienten hatten eher das gegenteilige Problem: Einige zitterten trotz der Medikamente, die wahrscheinlich das Fieber senken sollten, und waren überdies Mitleid erregend dünn. Diejenigen, die dem Ende nahe waren, standen unter Betäubung – kaum mehr als atmende Kadaver, die ruhig gestellt darauf warteten, dass ihre Zeit ablief. Hask war die ganze Station abgegangen und hatte viel Zeit dort verbracht, nicht nur mit den frisch Infizierten, die ihm Geschichten erzählen konnten. Er musste versuchen sie so zu sehen wie ihr Mörder.
    Sobald er das Formular mit der Erklärung, nicht infiziert zu sein, unterschrieben hatte, hatte die Stationsschwester ihm die Namen und Bettnummern derjenigen gegeben, die er besuchen wollte. Sie bot ihm an, mitzukommen, doch er lehnte ab. Die Schwester hatte ihm einen Becher Kaffee geholt und seine Hand gedrückt, als Dankeschön für das, was er und die Polizei für Hannah West getan hatten.
    Vielleicht war es das, was das vertraute Kribbeln auslöste, dachte er, während er darauf wartete, dass Graham Calf sich so weit erholte, um ihr Gespräch fortzusetzen. Als er das letzte Mal auf dieser Station gewesen war, hatte er sich Hannahs Leiche angesehen. Sie hatte als Krankenschwester hier gearbeitet und war einem Serienmörder zum Opfer gefallen, der sich selbst als »Fliegenmann« bezeichnet hatte. Es fühlte sich an, als schlösse sich ein Kreis, weil er hier wieder einen Mörder suchte. Gleichzeitig vermisste er deswegen Cass Jones. Ramsey war gut, aber ihm fehlte Jones’ Biss, der hier gebraucht wurde. Das Leben war hart und man brauchte einen abgebrühten Blick, um seine Wahrheit zu erkennen. So wie Cass Jones.
    Mit flatternden Lidern öffnete Graham Calf die Augen. Er war jung – seinem Krankenblatt zufolge erst dreiundzwanzig – und hatte sich seit seinem sechzehnten Lebensjahr in Drogenprogrammen und Wohnheimen herumgetrieben, ohne letztendlich durchzuhalten. Die Geschichte von Michaela Wheeler, einer netten Frau aus der Mittelschicht, ließ die Menschen aufhorchen, doch Graham Calf hatte in seinem Leben wahrscheinlich wenig Beachtung erfahren.
    Hask lächelte freundlich und reichte dem Jungen – denn viel mehr war er wirklich nicht – den Plastikbecher mit Wasser vom Nachttisch. Sein skelettdünner Arm war so blass, dass er blau aussah.
    »Er machte einen vornehmen Eindruck«, fuhr Graham Calf fort. Er sprach leise, aber seine trockene Stimme übertönte das sanfte Summen und Surren des Geräteparks auf der Station. »Konnte gut reden.«
    »Haben Sie sich nicht gewundert, als er Ihnen umsonst Drogen anbot?«, fragte Hask. »Das ist doch sicher selten.«
    »Er meinte, es wäre etwas Neues, besseres Heroin. Außerdem wäre es billiger. Er sagte, wenn ich es gut fände, käme er wieder und würde mir etwas verkaufen.« Sein Blick wanderte an einen traurigen Ort in weiter Ferne.
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