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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Autoren: Sarah Pinborough
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hatte.
    Cass brach das Schweigen. »Danke, dass Sie mir meine Sachen bringen. Das ist wirklich nett.«
    »Keine Ursache.« Pater Michael lächelte. »Die Polizei ist nicht noch einmal vorbeigekommen, jedenfalls nicht, seit der Ärger anfing. Ich glaube, sie wollten nur nachsehen, ob du dich nicht dort draußen versteckst – als ob du so dumm wärst. Als ob du diese Leute getötet hättest – manchmal frage ich mich wirklich, ob Menschen einander jemals wirklich kennen.«
    »Sie halten mich für unschuldig?« Er versuchte seine Überraschung zu verbergen.
    »Ich habe nie daran gezweifelt, Cass.« In dem Blick, den Pater Michael ihm zuwarf, lag etwas wie Mitleid. »Die Frage war doch nicht etwa ernst gemeint?«
    »Alle anderen glauben, ich war’s.«
    »Die Menschen lassen sich von Beweisen in die Irre führen.« Der alte Priester zwinkerte ihm zu. »Was glaubst du, warum niemand mehr an Gott glaubt?«
    Cass hätte beinahe laut gelacht, als er wider Erwarten eine warme Woge der Dankbarkeit verspürte. Er hatte den alten Mann eigentlich lieber nicht anrufen wollen, aber wie hätte er sonst an die Fotografien und Dokumente aus dem Haus seiner toten Eltern herankommen sollen? Er hatte mit Misstrauen gerechnet, doch bei näherer Überlegung machte er Pater Michael möglicherweise nur für die Untaten seines Vaters verantwortlich, und das einzig und allein deshalb, weil der Priester sein Freund und einer der letzten war, die ihm nahestanden und noch lebten.
    »Ich habe dir etwas mitgebracht.« Der alte Mann kramte in seinen Jackentaschen. »Zwei Sachen. Erst mal das hier.«
    »Eine Bankkarte?« Cass starrte das Plastikteil an. »Das kann ich nicht annehmen.«
    »Auf dem Konto sind ein paar Tausend Pfund – nicht viel, aber genug, um dich über Wasser zu halten. Ich wollte das Geld nicht abheben, für den Fall, dass die Polizei mich im Visier hat. Auch wenn sie sich nicht mehr blicken lassen, weiß man nie, oder?« Er lächelte schief. »In den letzten Monaten habe ich gelernt, besser aufzupassen. Und du kannst es sehr wohl annehmen. Dein Vater hat es mir hinterlassen und ich habe es nicht angerührt, weil ich es immer euren Kindern geben wollte – also deinen und Christians. Die PIN -Nummer lautet null null null null, einfach zu merken.«
    »Mein Vater hat Luke weggegeben.« Die bitteren Worte waren nur ein zarter Abglanz seines Zorns.
    Wieder schwiegen sie. Dann: »Castor Bright?«
    »Wer sonst?«
    Der Priester seufzte schwer. Cass wünschte, er wäre ein wenig erstaunter gewesen. Wie viel wusste – oder ahnte – Pater Michael wirklich über Mr Bright und das Netzwerk? Er war dabei gewesen, als der schwer fassbare, alterslose Mann seine Eltern vor vielen Jahren zusammengebracht hatte. Er hatte beobachtet, wie sich Alan Jones vom ehrgeizigen Kriegsreporter zum ruhigen, gläubigen Dorfbewohner gewandelt hatte, und war eng mit Alan und seiner Frau Evelyn befreundet geblieben.
    »Manchmal geraten Dinge außer Kontrolle«, sagte der Priester und ließ den Blick zu den flackernden Kerzen an der nächsten Säule schweifen. »Die Menschen versprechen etwas, das sie gar nicht halten wollen. Die Zukunft ist weit weg.«
    »Wussten Sie Bescheid?«
    »Nein, aber ich kannte deinen Vater.« Die Furchen im Gesicht des alten Mannes wurden tiefer. »Seit Christians Tod – und allem, was damit einherging – habe ich viel über eure Familie nachgedacht. Christian wurde während unserer letzten Begegnungen immer fatalistischer und bei deinem Vater war es genauso, nachdem er den Glauben für sich entdeckt hatte. Damals dachte ich, er hätte einfach seinen Frieden gefunden, doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich glaube eher, dass er
resigniert
hatte. So wie Christian.« Er sah Cass an. »Sie waren nicht so stark wie du, und Christian wusste das, glaube ich.«
    »Christian war ein guter Mensch.«
    »Das hat nichts damit zu tun, wie stark man ist.«
    Der Priester hatte nicht gesagt, dass auch Cass ein guter Mensch sei, aber das war ihm egal. Er wusste genau, wie weit er in die Grauzone zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Gut und Böse vorgedrungen war.
    »Und was hast du jetzt vor?«, fragte Pater Michael.
    »Luke finden«, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. Cass hatte die letzten zwei Monate darüber nachgedacht, was er als Nächstes tun würde. »Dann kralle ich mir Mr Bright und lasse ihn und sein Netzwerk hochgehen. Ich halte mich bedeckt, bis alles vorbei ist.«
    Pater Michael nickte. »Nun, du warst
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