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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag
Autoren: David Ambrose
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dem Computer der Arztpraxen durchsah, spionierte er die Geschichte der Familie aus, eine Veranlagung sowohl bei weiblichen als auch bei m ä nnlichen Mitgliedern im Alter an Nierensteinen zu leiden, doch manchmal auch schon in jungen Jahren. Aber es stellte sich heraus, dass an dem Tag, als er vor kaum einer Woche Sandra zum ersten Mal gesehen hatte, sie eine gyn ä kologische Routineuntersuchung gehabt hatte. Es gab in den medizin i schen Unterlagen von fr ü hester Kindheit an keinen Hinweis auf Probleme mit den Nieren.
    Nicht das dies eine Rolle spielte. Er war jetzt bei der Feina r beit und befriedigte seine l ü sterne Neugierde, die er selbst missbilligte. Doch solche Kleinigkeiten wurden f ü r ihn an diesem Punkt der Nachforschungen immer zu einer Besesse n heit. Die Kleinigkeiten eines Lebens, das schon bald enden w ü rde.
    Und nur der Netzmann wusste, warum.

5
    A M MORGEN DES ersten Fr ü hlingstages des Jahres wac h te Tessa fr ü h auf. Die Sonne stand noch tief am klaren Himmel und schimmerte durch den feuchten Dunst von Te s sas verwildertem Landgarten.
    Sie zog sich die Jeans, die am schnellsten greifbar war, an, einen alten Pullover und ein Paar Turnschuhe und ging hinaus um die frische Luft zu genie ß en.
    George, der Kater, der sich ihrer angenommen hatte, kam heran und legte sich um ihre F üß e. Sie hob ihn auf und er schnurrte vor sich hin, w ä hrend sie ihn herumtrug und nac h sah, welche Pflanzen Triebe hatten oder dabei waren aus dem Boden zu kommen und wo man beschneiden, ausd ü nnen, trimmen und j ä ten musste. Tessa wusste nicht viel von Ga r tenarbeit, doch hatte sie sich einiges von Mr. Bryson angeei g net, der dreimal in der Woche vormittags vom Dorf herau f kam und, falls notwendig, auch ö fters. Mr. Bryson war B e standteil des Mietvertrages, den sie f ü r das Haus abgeschlo s sen hatte.
    Sie schlug den gewundenen Pfad hinunter zu dem Apfe l baumhain ein, dessen Durchl ä sse unter den gebogenen Ä sten geheime Pl ä tze und verborgene Winkel verhie ß en, doch als George sich aus ihren Armen wand und zu Boden sprang um seine eigenen Abenteuer zu suchen, ging sie zu der alten Holzbank, die vor einer mit Klematis ü berwucherten Mauer stand. Sie lehnte sich zur ü ck, schloss ihre Augen und legte ihre H ä nde auf ihre leicht gespreizten Beine. Es war eine Meditat i onshaltung, eine von vielen, die sie ü ber die Jahre hinweg gelernt hatte.
    Aber es funktionierte nicht. An diesem Morgen musste sie an konkrete Dinge denken, nicht an Abstraktionen, obwohl manchmal diese beiden ineinander flossen. Sie stand auf und ging ins Haus zur ü ck.
    Durch das Alter gedunkelte Holzbalken, ein altes Schieb e fenster, vor dem eine Glyzinie herabhing. Ein blauer Kaffeeb e cher. Ein einfacher Steingutbecher auf einem Unterteller. Alte Messer und Bestecke mit abgenutzten Elfenbeingriffen. Bis zum Alter von f ü nf Jahren hatte sie in einem solchen Haus gewohnt und an dem Tag, als sie zum ersten Mal ihren Fu ß in diese K ü che gesetzt hatte, waren die Erinnerungen, die ein Vierteljahrhundert zur ü cklagen, mit solcher Macht ü ber sie hereingebrochen, dass sie einen Augenblick lang so verwirrt war, dass sie fast in Panik verfiel. Dann war ihr klar geworden, dass dies genau das war, wonach sie unbewusst gesucht hatte. Sie mietete das Haus sofort ohne mehr als einen fl ü chtigen Blick in die anderen R ä ume geworfen zu haben.
    W ä hrend sie das Fr ü hst ü ck zubereitete, lie ß Tessa ihre G e danken zu dem Tag zur ü ckgleiten, an dem ihre Kindheit g e endet hatte. Viele Jahre hatte sie versucht nicht daran zu de n ken. Doch jetzt, in diesem Raum, dachte sie oft daran. Sie hatte festgestellt, dass dies ein heilsamer Prozess war; die sch ö nen Erinnerungen verdr ä ngten die schmerzhaften.
    Ihre Mutter hatte ihr stolz ein Buch mit Zeichnungen g e zeigt, deren Entstehung Tessa in dem gro ß en, hellen Raum im hinteren Teil des Hauses, wo ihr Vater immer arbeitete, mi t verfolgt hatte. Tessa hatte es genossen, dort, umgeben von Papier, Farbe und Buntstiften, bei ihrem Vater zu sein.
    Sie waren immer noch in das Buch vertieft, als ihr Vater h e reinkam. Dann hatten sie alle zusammen mit dem kleinen Happy, der schwarzwei ß en Promenadenmischung, gespielt, die erst seit zwei Monaten bei ihnen war. Ihre Eltern waren immer noch vergn ü gt, als sie fortgingen. Sie hatte ihrem Auto nachgesehen, als es auf der stillen Stra ß e verschwand. Ein angenehmer Geruch von etwas, das ihre Mutter im Ofen k
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