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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag
Autoren: David Ambrose
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ordentlichen Vater abzugeben.
    Auf dich alleine gestellt, ohne ihn.«
    »Theoretisch hast du Recht, aber meine Gefühle sagen etwas anderes.«
    »Du fühlst dich betrogen. Und das ist ja auch der Fall. Er hat sich wie der egoistische Dreckskerl verhalten, von dem wir beide wussten, dass er es ist.«
    Tessa blieb stumm. »Vielleicht hatte ich nicht das Recht ihm die Wahl zu lassen, ob er Vater sein wollte oder nicht. Ich meine, das war meine Einschätzung der Rolle, die ich ihm zugedacht hatte.«
    »Du hast noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt es ihm zu sagen, stimmt’s nicht? Schließlich hast du vorgehabt ihm von deinen Überlegungen zu erzählen. Und was hat er gemacht? Hat hinter deinem Rücken mit einer anderen Frau herumgemacht und dir dann einen feigen Brief geschrieben.
    Wenn du dich schon mit einem Scheißkerl einlässt, dann such dir wenigstens einen mit etwas Courage aus.«
    Danach herrschte Stille in der Küche, von der aus man den dicht bewachsenen Garten übersah, eine Stille, die nur durch das Grummeln eines der Hunde gestört wurde, der sich von seiner warmen Decke erhob und geräuschvoll aus einer Schüssel Wasser trank. Die Kinder hatten sich zum Fußball, der Pfadfindergruppe und der Übungsstunde des Chores verzogen, sodass es relativ still im Hause war.
    »Wenn es nur ein Heilmittel dafür gäbe«, setzte Tessa an.
    »… dann würden wir es in Flaschen füllen und ein Vermögen verdienen«, beendete Helen den Satz an Tessas Stelle.
    Seit Tessa einige Zeit in psychoanalytischen Sitzungen verbracht hatte, war dies ein stehender Scherz zwischen ihnen.
    Sie hatte damit aufgehört, als sie meinte, sie hätte erkannt, was ihr Problem sei, doch keine Heilungsmöglichkeit sah, solange sie nicht ein Alter erreicht haben würde, in dem ihr Männer sowieso egal waren. So fiel sie immer wieder auf die Dreckskerle herein, die sie betrogen und verletzten, und geriet nie an die Netten, die das nicht taten. Das Problem war, dass man mit den Dreckskerlen mehr Spaß hatte. Sie gaben ihr das Gefühl sexy und aufregend zu sein. Sie nahmen alles als selbstverständlich hin und kümmerten sich um nichts. Das Schlimmste aber, das wirklich Dümmste, war, dass es in jeder ihrer Beziehungen einen Punkt gab, wo sie sich einredete, dass sie diejenige sei, die ihn ändern könnte – dieses Mal.
    Sie lachte mit resignierender Selbsterkenntnis, als sie daran dachte, wie perfekt sie auf die Beispiele in den Lehrbüchern passte. Doch diese Erkenntnis änderte nichts. Eigentlich sollte es so sein, aber es traf nicht zu. Erkenntnis, so stellte sie fest, steht manchmal auf tönernen Füßen.
    Wenn es nur ein Heilmittel dafür gäbe…
    »Eine Heilung bedeutet in diesem Fall eine einfache Antwort«, meinte sie nach einer Weile. »Und der Preis, den man für einfache Antworten bezahlt, ist grundsätzlich zu hoch.«
    »Du bringst es fertig, dir grundsätzlich die falschen Männer auszusuchen, und doch habe ich dich noch nie eine einfache Antwort auf irgendetwas geben hören.«
    Tessa lächelte. Die manchmal brutale Offenheit ihrer Freundin war der emotionale Halt in ihrem Leben. Sie fragte sich, ob Helen überhaupt wusste, wie wichtig sie in ihrem Leben war, und entschied, dass es wohl der Fall war. Sie irritierte nur, dass Helen all diese Verantwortung, einschließlich die für sie, so leicht ertrug. Es war eine besondere Gabe. Eine Gabe, die das Leben erträglich machte. Tessa wünschte inständig sie zu besitzen.
    Doch wie sollte sie dazu kommen, wenn ihr Leben so ganz anders als das ihrer Freundin verlief.
    »Weißt du was«, begann sie zögernd, »es ist zwar völlig unlogisch, aber als ich diesen Brief las, dachte ich einen Moment daran, das Kind nicht zu bekommen. Wie du gesagt hast, ich war bereit Philip den Laufpass zu geben und es zu bekommen, aber als es anders herum passierte, war ich völlig überrascht.
    Kannst du das verstehen?«
    Helen richtete den Blick von dem im frühen Abendlicht daliegenden Garten außerhalb des Fensters auf ihre Freundin und studierte deren gesenktes Gesicht eine Zeit lang, bevor sie zu sprechen begann.
    »Was vielleicht dahinter steht«, sagte sie vorsichtig, »ist, dass du nicht so sicher bist das Kind zu bekommen, wie du selbst gerne möchtest.«
    Tessa schaute hoch und ihre Blicke trafen sich. Helen erkannte Schmerz in Tessas Augen, doch auch Unentschlossenheit, und bohrte nach.
    »Schau mal«, fuhr sie fort und beugte sich auf dem knarrenden Korbstuhl etwas vor, »stell dir vor, du
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