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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad
Autoren: James Patterson
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ordentlich aufzumischen«, meinte ich. »Und dann schaut sie zu uns herunter und sagt: ›He, Mädels, ich hab alles im Griff...‹«
    »Und dann lächelt sie«, sagte Claire.
    »Auf Jill«, sagten wir im Chor. Wir stießen an. Es war schwer zu begreifen, dass es von nun an immer so sein würde. Sie fehlte mir so, und nie so sehr wie in diesem Augenblick, als wir ohne sie an unserem Stammtisch zusammensaßen.
    »So«, sagte Claire und räusperte sich. Ihr Blick richtete sich auf mich. »Und wie geht's jetzt weiter?«
    »Wir bestellen eine Portion Spare Ribs«, sagte ich, »und ich genehmige mir noch ein Glas von dem hier. Muss ja nicht das letzte sein.«
    »Ich glaube, sie hat eher gemeint, wie es mit dir und dem Vizedirektor weitergeht«, meinte Cindy augenzwinkernd.
    »Er fliegt zurück nach Washington«, antwortete ich. »Heute Abend.«
    »Für immer?«, fragte Claire überrascht.
    »Na ja, dort sind nun mal die ganzen Abhörvorrichtungen und diese schnittigen schwarzen Hubschrauber.« Ich rührte in meiner Margarita. »Ein Bell-Helikopter, glaube ich.«
    »Ah.« Claire nickte. Sie sah Cindy an. »Du
magst
diesen Typ doch, Lindsay, oder etwa nicht?«
    »Doch, ich mag ihn«, sagte ich. Ich gab Joanie ein Zeichen, dass sie uns noch eine Runde Drinks bringen solle.
    »Ich rede nicht bloß von
mögen
, Schatz. Ich rede davon, dass du ihn
wirklich
gern hast.«
    »Was erwartet ihr denn von mir, Claire? Soll ich mich auf den Tisch stellen und ›
Don't he make my brown eyes blue
‹ singen?«
    »Nein«, sagte Claire. Erneut sah sie Cindy an und dann mich. »Ich sag dir, was wir von dir erwarten, Lindsay. Wir wollen, dass du alles vergisst, was dich im Moment noch daran hindert, das zu tun, was für
dich
das Richtige ist – anstatt diesen Mann einfach so in den Flieger steigen zu lassen.«
    Ich lehnte mich zurück und schluckte verlegen. »Es ist wegen Jill...«
    »Jill?«
    Ich holte tief Luft und spürte, wie mir heiße Tränen in die Augen schossen. »Ich war nicht für sie da, Claire. In der Nacht, als sie Steve rausgeschmissen hat.«
    »Was redest du denn da?«, entgegnete Claire. »Du warst doch in Portland.«
    »Ich war mit Molinari zusammen«, sagte ich. »Als ich nach Hause kam, war es schon nach eins. Jill klang ganz durcheinander. Ich sagte, ich könne noch vorbeikommen, aber ich bestand nicht darauf. Und weißt du, warum? Weil ich ganz hin und weg war von Joe. Und sie hatte gerade Steve vor die Tür gesetzt.«
    »Sie hat gesagt, es ist okay«, widersprach Cindy. »Das hast du uns selbst erzählt.«
    »Und das war typisch Jill, oder? Habt ihr es je erlebt, dass sie jemanden um Hilfe gebeten hätte? Ich war nicht für sie da, darauf läuft es nun mal hinaus. Und ob es nun richtig ist oder falsch, ich kann Joe nicht anschauen, ohne zugleich Jill zu sehen und sie sagen zu hören, dass sie mich braucht; und dann denke ich jedes Mal, wenn ich damals hingefahren wäre, wäre sie vielleicht noch am Leben.«
    Die Antwort war Schweigen. Keine der beiden sagte ein Wort, während ich dasaß, die Zähne zusammenbiss und gegen die Tränen ankämpfte.
    »Ich will dir sagen, was ich denke«, begann Claire schließlich. Sie schob die Hand über den Tisch und fasste die meine. »Ich glaube, du bist viel zu klug, Schatz, um ernsthaft zu glauben, die Tatsache, dass du es dir einmal im Leben hast gut gehen lassen, könnte irgendetwas mit dem zu tun haben, was Jill zugestoßen ist. Du weißt genau, dass sie die Erste wäre, die sich wünschen würde, dass du auch mal Glück hast.«
    »Das weiß ich doch, Claire.« Ich nickte. »Ich kann es nur nicht vergessen...«
    »Aber du solltest es schleunigst vergessen«, erwiderte Claire und drückte meine Hand, »weil du nämlich nur versuchst, dir selbst wehzutun. Jeder hat ein Anrecht darauf, glücklich zu sein, Lindsay.
Sogar du

    Ich wischte mir mit der Serviette eine Träne aus dem Augenwinkel. »Den Spruch hab ich heute schon mal gehört«, sagte ich und konnte mir dabei ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Also dann, auf Lindsay Boxer«, verkündete Claire und hob ihr Glas. »Und darauf, dass sie vielleicht einmal im Leben darauf hört, was ihre guten Freundinnen ihr zu sagen haben.«
    In diesem Moment unterbrach uns ein lauter Ruf aus dem Barbereich. Alles zeigte auf den Fernseher. Statt der üblichen blöden Baseballspiele war da plötzlich mein Gesicht zu sehen. Tom Brokaw stellte mir Fragen. Pfiffe und Bravorufe ertönten.
    Ich war der Star der Abendnachrichten.
110
    Joe Molinari
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