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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad
Autoren: James Patterson
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einen groß gewachsenen Mann mit schütterem Haar, der sich in Schlangenlinien von uns wegbewegte und ständig in der Menge unterzutauchen versuchte. »Das ist er! – Danko!«, schrie ich und riss die Glock aus meinem Schulterholster. »Stehen bleiben, Danko!«
    Die Menge teilte sich gerade so weit, dass ich sehen konnte, wie er eine Hand aus der Jackentasche zog. Wieder fing er meinen Blick auf – und dann lächelte er plötzlich. Verdammt, was hatte er da?
    »Polizei!«, rief Molinari. »Alle hinlegen!«
    Charles Danko hielt etwas in der geschlossenen Hand. Ich konnte nicht erkennen, ob es eine Waffe war – oder vielleicht eine Zündvorrichtung.
    Und dann sah ich ihn – den kleinen Plastikbehälter in seiner Hand. Was zum Teufel war das? Er hob den Arm, und ich stürzte mich auf ihn. Es blieb mir keine andere Wahl.
    Sekunden später kollidierte ich mit Charles Danko und packte seinen Arm. Ich hoffte, er würde den Behälter fallen lassen. Dann umklammerte ich seine Hand und versuchte verzweifelt, seinen Griff zu lösen – vergebens. Er ließ nicht locker.
    Ich hörte ihn vor Schmerzen aufstöhnen – und sah, wie er den Behälter gegen mich richtete. Direkt in mein Gesicht.
    Molinari hatte Danko von der anderen Seite gepackt und versuchte gleichzeitig, ihn niederzuringen. »Bring dich in Sicher heit!«, hörte ich ihn rufen. Der Behälter zeigte jetzt in eine andere Richtung – auf Molinari. Alles geschah ungeheuer schnell, innerhalb weniger Sekunden.
    Ich ließ Danko nicht los. Ich hatte ihn fest im Griff und versuchte ihm den Arm zu brechen.
    Es gelang ihm, sich zu mir umzudrehen, und unsere Blicke trafen sich. Nie hatte ich solchen Hass, solche Kälte in den Augen eines Menschen gesehen. »Du Schwein!«, schrie ich ihm ins Gesicht. »Das ist für Jill!«
    In dieser Sekunde drückte ich den Hebel des Behälters nieder.
    Ein feiner Nebel spritzte ihm ins Gesicht. Aus nächster Nähe. Danko hustete und rang nach Luft. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer grässlichen Maske. Inzwischen waren weitere Agenten herbeigeeilt und packten ihn. Sie zerrten ihn von mir weg.
    Danko atmete schwer. Er hustete heftig, als könnte er das Gift wieder aus seinen Lungen ausstoßen.
    »Es ist vorbei«, stieß ich atemlos hervor. »Aus und vorbei. Du hast das Spiel
verloren
, du Mistkerl.«
    Seine Augen lächelten abwesend. Er winkte mich zu sich. »Es wird niemals vorbei sein, ihr Narren. Es wird immer neue Soldaten geben.«
    In diesem Augenblick hörte ich Schüsse, und ich begriff, dass er mich tatsächlich zum Narren gehalten hatte.
106
    Wir stürzten hinaus in den Innenhof, woher die Schüsse gekommen waren. Joe Molinari und ich bahnten uns einen Weg durch die Menge. Stummes Entsetzen stand in den Gesichtern der Menschen; manche hatten zu weinen begonnen.
    Ich konnte nicht erkennen, was passiert war – und dann sah ich es schließlich. Und wünschte, ich hätte es nicht gesehen.
    Eldridge Neal lag auf dem Rücken; ein roter Fleck breitete sich langsam auf seiner weißen Hemdbrust aus. Jemand hatte auf den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten geschossen. Mein Gott – nicht schon wieder eine solche nationale Tragödie.
    Geheimdienstagenten hielten eine Frau fest; sie konnte kaum älter als achtzehn oder neunzehn sein. Lockiges rotes Haar. Sie schrie auf den Vizepräsidenten ein, wirres Zeug über Babys, die im Sudan in die Sklaverei verkauft wurden, Millionen von Aids-Opfern in Afrika, Wirtschaftsverbrechen im Irak und in Syrien. Sie musste Neal aufgelauert haben, als er aus dem Hauptsaal hinausgeleitet worden war.
    Plötzlich erkannte ich das Mädchen. Ich hatte sie schon einmal gesehen – in Roger Lemouz' Büro. Das Mädchen, das mir den Stinkefinger gezeigt hatte, als ich sie hinausgeschickt hatte. Verdammt, sie war doch fast noch ein Kind.
    Joe Molinari ließ meinen Arm los und eilte dem Vizepräsidenten zu Hilfe. Das fluchende, schreiende Mädchen wurde fortgeschafft. Da kam auch schon ein Rettungswagen in den Hof gefahren. Sanitäter sprangen heraus und begannen Vizepräsident Neal zu verarzten.
    Hatte Charles Danko das alles geplant?
    Hatte er gewusst, dass wir ihm auf der Spur waren?
    Hatte er alles sorgfältig inszeniert? Weil er gewusst hatte, dass ein heilloses Chaos ausbrechen würde, wenn wir ihn wäh rend des Empfangs stellten? Wie hatte er doch gesagt? Es wird immer neue Soldaten geben.
    Das war das Erschreckendste an der ganzen Sache. Ich wusste, dass Danko Recht hatte.
107
    Sie wollten mich ins
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