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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad
Autoren: James Patterson
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nahm einen kleinen Schluck von dem Wodka, den ihm der Flugbegleiter gebracht hatte, bevor er sich in seinen Sitz an Bord des Regierungsjets sinken ließ. Wenn er Glück hätte, würde er bis Washington durchschlafen. Das hoffte er jedenfalls. Nein, er würde ganz sicher schlafen. Zum ersten Mal seit Tagen.
    Am Morgen würde er dann erfrischt und ausgeruht dem Direktor des DHS Bericht erstatten können. Dieser Fall war erledigt und abgeschlossen, das konnte er mit Fug und Recht behaupten. Eldridge Neal würde wieder genesen. Es waren Berichte zu schreiben. Möglicherweise würde er vor einem Unterausschuss des Kongresses aussagen müssen. Es brodelte da draußen, die Wut in der Bevölkerung war enorm; sie würden die Situation genau im Auge behalten müssen. Diesmal war der Terror nicht von außen gekommen.
    Molinari lehnte sich in dem Plüschsessel zurück. Erst jetzt begann er die ganze erstaunliche Verkettung von Ereignissen etwas klarer zu sehen. Von der Minute an, als er an jenem Sonntag über den Bombenanschlag in San Francisco informiert worden war, bis zur Festnahme Dankos nach seinem Kampf mit Lindsay Boxer bei dem G-8-Empfang gestern Abend. Er wusste, was er schreiben würde: Namen und Details, die Abfolge der Ereignisse, der Ausgang. Er konnte alles erklären, dachte er. Mit einer Ausnahme.
    Sie
. Molinari schloss die Augen. Eine unglaubliche Schwermut überkam ihn.
    Wie konnte er das elektrisierende Kribbeln erklären, das ihn jedes Mal durchfuhr, wenn ihre Arme sich zufällig berührten? Oder was er empfand, wenn er in Lindsays unergründliche grüne Augen schaute? Sie war so tough und knallhart – und zugleich so sanft und verletzlich. Ganz ähnlich wie er selbst. Und sie konnte witzig sein, wenn sie wollte – was ziemlich oft der Fall war.
    Er wünschte, er hätte den großen Romantiker geben können, wie im Kino. Dann hätte er sie ohne großes Federlesen in ein Flugzeug gepackt und wäre mit ihr irgendwohin geflogen. Er hätte im Büro angerufen und gesagt:
Tut mir Leid, Sir, die Sitzung des Unterausschusses muss leider warten
. Molinari merkte, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen stahl.
    »Start in zirka fünf Minuten, Sir«, informierte ihn der Flugbegleiter.
    »Danke«, sagte er und nickte.
Versuch dich zu entspannen Schalt ab und schlaf eine Runde
. Er nahm seinen ganzen Willen zusammen, dachte an zu Hause. Seit zwei Wochen lebte er jetzt schon aus dem Koffer. Es war zwar nicht der Ausgang, den er sich gewünscht hatte, aber es würde eine Wohltat sein, in seinen eigenen vier Wänden zu sein. Er schloss die Augen.
    »Sir«, sprach ihn der Flugbegleiter erneut an. Ein uniformierter Flughafenpolizist hatte die Maschine betreten. Er wurde zu Molinaris Platz geleitet.
    »Entschuldigen Sie bitte, Sir«, sagte der Polizist, »aber Sie werden dringend verlangt. Ich habe den Auftrag, die Maschine am Flugsteig aufzuhalten und Sie ins Gebäude zurückzubegleiten. Die Polizei hat mir diese Nummer gegeben, die Sie bitte anrufen sollen.«
    Ein Anflug von Panik schnürte Molinari das Herz zusammen. Was mochte jetzt schon wieder passiert sein? Er nahm den Zettel, schnappte seine Aktentasche und sein Handy. Im Gehen wählte er die Nummer, wies den Piloten an zu warten und folgte dem Mann von der Flughafensicherung zum Ausgang. Dann hielt er das Telefon ans Ohr.
111
    Mein Handy begann in dem Moment zu läuten, als Molinari am Ausgang erschien. Ich stand da und beobachtete ihn. Und dann sah er mich mit dem Handy am Ohr, und er begann zu begreifen. Ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus – ein strahlendes Lächeln.
    Ich war noch nie im Leben so nervös gewesen. Und dann sahen wir uns einfach nur an, aus vier oder fünf Metern Entfernung. Er war stehen geblieben.
    »
Ich
bin der Notfall«, sagte ich ins Telefon. »Ich brauche deine Hilfe.«
    Zuerst lächelte Molinari noch, doch dann setzte er seine strenge Vizedirektor-Miene auf. »Du hast Glück. Für Notfälle bin ich genau der Richtige.«
    »Das ist doch kein Leben, was ich hier habe«, sagte ich. »Gut, ich habe diesen sehr lieben Hund. Und diesen Job. Und ich bin gut darin. Aber ein Leben kann man das nicht nennen.«
    »Und was willst du?«, fragte Molinari und trat näher.
    In seinen Augen blitzte Humor auf – und Verständnis. Ich las in ihnen echte Freude – eine Freude, die sich selbst durch die tragischen Ereignisse, die hinter uns lagen – und den Kontinent, der zwischen uns lag –, nicht unterdrücken ließ. Die gleiche Freude, die
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