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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad
Autoren: James Patterson
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du dich hier so blicken lassen?«
    »Ach, es gibt immer mal wieder Reden zu halten, Sicherheitskonferenzen... ein paar nationale Krisen eingerechnet...«
    Ich lachte. »Wir können einfach nicht ernst bleiben, du genauso wenig wie ich.«
    Molinari seufzte. »Das müsstest doch selbst du inzwischen gemerkt haben: Ich gehöre nicht zu den Arschlöchern, Lindsay. Es
kann
funktionieren. Den nächsten Schritt musst du tun. Du musst dich aufraffen und es schlicht versuchen.«
    Er stand auf und strich mir übers Haar. »Die Ärzte haben mir versichert, dass das hier vollkommen ungefährlich ist.« Er lächelte, beugte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Seine Lippen waren weich, meine trocken und aufgesprungen von den Strapazen der Nacht, doch ich presste sie fest auf seine; ich wollte ihm
zeigen
, was ich fühlte. Ich wusste, es wäre Wahnsinn, ihm nichts zu sagen und ihn einfach so zur Tür hinausgehen zu lassen.
    Joe Molinari stand auf und warf sich den Regenmantel über den Arm. »Es war mir eine außerordentliche Ehre, Sie kennen zu lernen, Lieutenant Boxer.«
    »Joe«, sagte ich. Jetzt, da er ging, bekam ich es ein bisschen mit der Angst zu tun.
    »Du weißt, wo du mich erreichen kannst.«
    Ich sah ihm nach, als er zur Tür ging. »Du kannst nie wissen, ob ich nicht mal eine nationale Krise kriege...«
    »Klar« – er drehte sich um und lächelte –, »für nationale Krisen bin ich ja schließlich genau der Richtige.«
109
    Später an diesem Nachmittag kam mein behandelnder Arzt zu mir ins Zimmer und teilte mir mit, meinem Organismus fehle absolut nichts, was sich nicht mit einem guten Glas Wein – oder auch zwei – wieder gerade biegen ließe.
    »Draußen stehen übrigens ein paar Leute, die Sie gerne nach Hause bringen möchten«, sagte er.
    Da sah ich auch schon Claire und Cindy zur Tür hereinlugen.
    Sie fuhren mich in meine Wohnung, wo ich mir gerade genug Zeit ließ, um ausgiebig zu duschen, frische Kleider anzuziehen und Martha die lange vermissten Streicheleinheiten zukommen zu lassen. Dann musste ich auch schon weiter in den Justizpalast. Alles stürzte sich auf mich, jeder wollte mir die Hand schütteln. Ich verabredete mich für später mit den Mädels im Susie's. Es war wichtig, dass wir uns jetzt zusammensetzten.
    Dann musste ich mich auf den Stufen vor dem Palast den Fernsehkameras stellen. Es gab eine Videoschaltung zum NBCNachrichtenstudio, wo Tom Brokaw mich interviewte.
    Während ich schilderte, wie wir Danko und Hardaway gefunden hatten, überlief mich ein Frösteln, und alles kam mir mit einem Mal ganz unwirklich vor. Jill war tot, Molinari war weg, und ich fühlte mich überhaupt nicht wie eine Heldin. Irgendwann würde das Telefon klingeln, irgendjemand würde einen neuen Mordfall melden, und mit einem Schlag würde der Alltag wieder Einzug halten, wie üblich. Und doch wusste ich, dass von jetzt an nichts mehr so sein würde wie zuvor.
    Gegen halb fünf kamen die Mädels, um mich abzuholen. Ich saß gerade über meinen Berichten. Obwohl Jacobi und Cappy überall stolz verkündeten, den besten Lieutenant in der ganzen Truppe zu haben, war ich irgendwie niedergeschlagen. Ich fühlte mich einsam und leer. Jedenfalls so lange, bis die Mädels aufkreuzten.
    »Hey«, sagte Cindy und fuchtelte mit einem kleinen Cocktailfähnchen in den mexikanischen Farben vor meiner Nase herum, »die Margaritas warten.«
    Sie nahmen mich mit ins Susie's. Hier waren wir das letzte Mal mit Jill zusammen gewesen. Und hier hatten wir sie auch zwei Jahre zuvor in unserem frisch gegründeten Club willkommen geheißen. Wir setzten uns an unseren Stammtisch in der Ecke und bestellten eine Runde Margaritas. Dann erzählte ich den beiden haarklein, was geschehen war – von dem schrecklichen Kampf auf Leben und Tod im Museum über den Anruf des Präsidenten bis hin zu meinem heutigen Auftritt in den Abendnachrichten bei Tom Brokaw.
    Und doch, es war so unendlich traurig, ständig den leeren Platz neben Claire zu sehen.
    Dann kamen unsere Drinks. »Die gehen natürlich aufs Haus«, sagte Joanie, unsere Bedienung.
    Wir hoben die Gläser und versuchten tapfer zu lächeln, obwohl wir alle mit den Tränen kämpften. »Auf unsere Jill«, sagte Claire. »Vielleicht kann sie jetzt endlich in Frieden ruhen.«
    »Das wird sie nie tun«, erwiderte Cindy und lachte trotz ihrer Tränen, »in Frieden ruhen – das passt einfach nicht zu Jill.«
    »Ich bin sicher, sie hat da oben schon angefangen, die Hackordnung
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