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Der 18 Schluessel

Der 18 Schluessel

Titel: Der 18 Schluessel
Autoren: Birgit Fiolka
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würde sicherlich nicht auffallen, wo doch die Chefin heute ohnehin nicht im Haus war.Sofort meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Das war so ein Frauending, hatte ihr Psychologieprofessor immer gesagt. Frauen fühlten sich immer für alles moralisch verantwortlich. Eliana seufzte. Immerhin – wenn er vorgehabt hatte, ihre Wohnung auszuräumen, dann hätte er es ohnehin längst getan. In ihrer Wohnung gab es nichts, was man als normaler Mensch hätte stehlen wollen.
     
    Als Eliana abends die Tür zu ihrer Wohnung hinter sich geschlossen hatte und in die Küche kam, bot sich ihr ein seltsames Bild. Der Kater saß auf dem Küchentisch während der Fremde, nur mit einem Badehandtuch um die Hüften am Herd stand und dabei war, Spaghetti in einen Topf kochendes Wasser zu stecken – allerdings mitsamt der Verpackung. Aus dem Wohnzimmer tönte laut der Fernseher. Das würde Ärger mit den Nachbarn geben - vor allem mit der stets aufmerksamen Frau Mohr.
    Eliana betrachtete das Ganze stumm, während sie ihre Handtasche in die Ecke warf. Es war an der Zeit für ein Gespräch. „Salve!“ Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Es war lächerlich in einer toten Sprache herumzustottern. Der Fremde sah vom Herd auf und lächelte. „Guten Abend, Eliana! Ich mache Abendessen.“
    Er sprach Deutsch! Ohne Akzent, ganz selbstverständlich, und er kannte ihren Namen. Sie wies auf die Spaghetti. „Du musst erst die Verpackung entfernen.“
    „Ach ...“, gab er zu bedenken und zog endlich das Plastik von den Nudeln.“
    „Kein Latein heute?“, versuchte sie den Faden wieder aufzunehmen.
    „Ich habe mir Zeit genommen, deine Sprache zu lernen, und Gabriel hat mir geholfen.“ Der Kater sprang neben den Herd auf die Anrichte und sah sie an, als wollte er zustimmen.
    „Der Kater hat dir geholfen ... wobei?“ Eliana setzte die Einkaufstüten ab und nahm Gabriel vorsichtshalber auf den Arm, um ihn vor dem überkochenden Wasser zu schützen.
    „Er hat mir gezeigt, wie der Fernseher funktioniert, und so konnte ich deine Sprache lernen ... und kochen.“
    Das wurde immer absurder! Sie hatte sich einen Verrückten in ihre Wohnung geholt. Nervös nahm Eliana eine Dose Katzenfutter aus der Tüte. Sie musste ihn so schnell wie möglich loswerden. Der Fremde sprach indes einfach weiter. „Ich bin Danyal, und ich bin dir sehr dankbar, dass du mir geholfen hast.“
    Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus. „Keine Ursache.“ Eliana reichte Danyal die Tüte mit der Kleidung über die Anrichte. Hoffentlich verstand er die Aufforderung. „Etwas zum Anziehen.“
    „Vielen Dank. Ich muss seltsam auf dich wirken.“
    „Ja ... etwas ...“, gab Eliana zickiger zurück, als sie eigentlich wollte. „In Anbetracht dessen, dass du gestern nur Latein gesprochen hast, nackt vor der Domaufsicht geflohen bist und fast verblutet, aber deine Wunden dann von einer Minute auf die andere verheilt sind ... in Anbetracht dessen, dass du mir gerade erzählst, dass du dich mit meiner Katze unterhältst, finde ich dich durchaus ein wenig ... seltsam.“ Ihre Stimme war schrill geworden, ohne dass Eliana das gewollt hatte. Ruhig bleiben. Bei Verrückten musste man souverän bleiben. Erst jetzt spürte sie, dass sie kurz vor dem Durchdrehen war. Selbst Gabriel bemerkte ihren bevorstehenden Nervenzusammenbruch und verzog sich in einen anderen Raum. Elianas Hände begannen zu zittern, und Danyal wurde ernst. „Es tut mir leid! Ich weiß, dass das alles unverständlich für dich sein muss, aber glaub mir bitte, dass ich nichts Böses will. Ich bin dir sehr dankbar, Eliana.“
    „Gut“, sie beruhigte sich ein wenig und redete sich selbst begütigend zu. „Dann erklär mir das doch ... bitte!“
    Ausweichend sah er auf den Boden und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid. Ich kann dir nicht mehr sagen.“
    „Wie vertrauenserweckend“, gab Eliana zu bedenken, was als Spott gemeint war, jedoch von Danyal überhört wurde.
    Er tat so, als hätte das Gespräch niemals stattgefunden. „Wir können gleich essen.“
    „Ja, wenn du noch eine Sauce zu den Nudeln kochst.“ Sie wartete nicht darauf, dass Danyal seine so gut wie nicht vorhandenen Kochkünste bemühte, sondern machte sich selbst an die Arbeit. Nach dem Essen würde sie ihm sagen, dass er gehen musste.
    Es war seltsam, Danyal zu beobachten. Essen schien für ihn ein ungewöhnlich starkes Erlebnis zu sein. Obwohl sie nur Nudeln mit Tomatensauce aßen, grenzte seine Begeisterung über
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