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Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Titel: Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen
Autoren: Christian Stock
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ganzen Achtsamkeitstag zwischen der fünften und siebten Woche. Man bekommt Hausaufgaben und Meditationsübungen mit, die man in der Zwischenzeit zu Hause üben muss. In den Unterrichtsstunden lernt man z. B., wie man negative Gedankenspiralen unterbricht, wie man gut für sich selbst sorgt oder wie man Situationen so akzeptiert, wie sie sind.
    Beispiel
    Herr Müller nimmt an dem MBCT-Kurs teil. An acht Abenden hört er über je zweieinhalb Stunden Kurzvorträge zum Thema Depressionsbewältigung, tauscht sich mit anderen Kursteilnehmern aus und bespricht die Übungen und die Hausaufgaben. Täglich übt er 30 bis 45 Minuten Yoga und Achtsamkeitstechniken mit mitgegebenen CDs. In der sechsten Kurswoche nimmt er an einem ganzen Achtsamkeitstag über fünf Stunden teil. Durch die Übungen nimmt Herr Müller Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen leichter wahr. So bemerkt er früher, wenn er wieder in depressives Verhalten „abgleitet“, und kann besser gegensteuern. Er hat z. B. gelernt, wie er sich schneller wieder aus negativen Gedankenspiralen in den gegenwärtigen Moment zurückholen kann. Er erlebt das Programm als sehr hilfreiche Ergänzung zu seiner sonstigen Behandlung.

    Auf den Punkt gebracht
    Durch einfache Meditations- und Yogaübungen, die man regelmäßig praktiziert, und die damit verbundene „nicht wertende“ Haltung lassen sich depressive Mechanismen frühzeitig erkennen und die damit verbundenen Körperempfin-dungen, Gefühle und Gedankenmuster „entschärfen“. Die dazu entwickelte Behandlungsmethode heißt MBCT oder achtsamkeitsbasierte Depressionsbehandlung. Sie umfasst ein achtwöchiges Schulungsprogramm in der Gruppe und wird von therapeutischen Berufsgruppen unterrichtet.
Depression und Trauer
    Eine besondere Spielart der Depression ist der Trauerprozess. Depressive Episoden und Trauerreaktionen sind sich von der Symptomatik her sehr ähnlich. Trotzdem machen die meisten Autoren einen Unterschied zwischen beiden Reaktionen, auch wenn eine Trauerreaktion im ungünstigen Fall in eine Depression münden kann. Normalerweise ist Trauer zeitlich begrenzt und irgendwann überwunden. Trauer wird auch als eine normale, angemessene menschliche Reaktion angesehen. Ein schwer Depressiver kann hingegen meistens nicht richtig trauern, er beschreibt sich eher als „gefühllos“, während der Trauernde sehr intensive Gefühle durchlebt.
    Trauer wird typischerweise durch schwere Schicksalsschläge, durch Trennungen oder den Tod eines geliebten Menschen ausgelöst. Auch Verluste von Fähigkeiten oder der körperlichen Unversehrtheit bei schweren Erkrankungen können Trauer auslösen. Im Anschluss entwickelt sich dann ein normaler Prozess des Trauerns in mehreren typischen Phasen.
    In der folgenden Trauerarbeit wird der Schmerz verarbeitet. Dabei löst sich der Trauernde langsam von dem Verlust, integriert ihn und öffnet sich wieder für etwas Neues.
    Trauer ist immer zielgerichtet und ein sinnvoller Prozess der Bewältigung, die normalerweise zeitlich begrenzt ist. Die Psychologin Verena Kast hat die einzelnen Phasen so beschrieben:
Verleugnung und Protest: Der Trauernde will nicht wahrhaben, was passiert ist. Er wehrt sich gegen die Trauer. Wenn jemand verstorben ist, wird dies vielleicht sogar verleugnet. Es wird so getan, als sei nichts geschehen.
Verzweiflung, Aufbrechen von Emotionen: Es folgt die Realisierung, dass der Verlust tatsächlich eingetreten ist. Und es stellen sich Symptome ein wie Traurigkeit, Schmerz, Schuldgefühle, Sehnsucht, aber evtl. auch Angst oder Aggression, also eine Art Gefühlsmix.
Abschiednehmen, Trennung (Suchen, Finden, Sich-Trennen): Es findet ein Such- und Auseinandersetzungsprozess mit dem Verlust (und mit dem, wofür er stand) statt. Langsam wird der Verlust akzeptiert. Die Verarbeitung findet statt. Der oder das Verlorene wird losgelassen (Trennung).
Sich wieder zur Umwelt hinwenden (neuer Selbst- und Weltbezug): Es findet eine neue Orientierung zur Außenwelt hin statt. Neue Beziehungen werden möglich. Ein Neuanfang beginnt. Der Verlust ist integriert.
    Ein Trauerprozess sollte nicht unterdrückt werden. Der Trauernde muss durch diesen Prozess hindurchgehen und ihn durchleben. Deswegen lautet auch die Lehrmeinung, dass man normale, leichtere Trauerreaktionen nicht medikamentös unterdrücken solle. Stattdessen solle man den Betroffenen mit Verständnis und Geduld begleiten.
    Ein Trauernder benötigt Unterstützung, aber – im Gegensatz zum Depressiven – keine
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