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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt
Autoren: Christoph Spielberg
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Was mixt ihr da eigentlich zusammen für eure Feste?«
    Nun war ich doch ein wenig sauer.
    »Was immer es ist – bei Renate jedenfalls hat es phantastisch gewirkt.«
    Was man nicht so alles sagt, um ein paar lächerliche Punkte zu machen! Und welche Ironie: In einigen Monaten würde mir dieser Satz in Renates Wohnung wieder einfallen, und, wie recht ich gehabt hatte.

    Eines war aus Erfahrung klar – mit Celine war bis zum frühen Nachmittag nichts anzufangen. Wollte ich nicht ausgerechnet den Neujahrstag mit einem Streit verschönern, ginge ich ihr vorerst am besten aus dem Weg. Also machte ich mich auf die Socken und besorgte die Neujahrszeitung. Es gab mir das gute Gefühl, zu sehen, daß auch andere Leute in der vergangenen Nacht arbeiten mußten.
    Über der Lektüre von Meldungen, die ich schon aus dem Fernsehen kannte, und dem unerfreulichen Blick auf den Stand meiner Aktien im Börsenteil wurde es Mittag. Celine war nur kurz aufgetaucht, um gleich wieder mit Reiseteil und Feuilleton in meinem Schlafzimmer zu verschwinden, wahrscheinlich schlief sie schon wieder. Und auch mich überkam diese plötzliche Müdigkeit vom Nichtstun, die weitaus bleierner ist als die Müdigkeit von zu viel Arbeit. Innerhalb von Sekunden war ich auf der Couch eingeschlafen.
    Dank meiner Wohnlage nicht für lange: Die Kinder aus der Umgebung hatten sich nach dem Mittagessen zu einer zweiten Runde Blindgängersuche aufgemacht. Und ihre Eltern hatten beschlossen, daß jetzt eine gute Zeit war, die in der Silvesternacht reichlich angefallenen Flaschen in den Glassammelcontainer zu entsorgen.
    Celine, da war ich sicher, konnte dies alles nicht stören, ich hingegen saß wieder senkrecht auf meiner Couch. Aber hatte ich nicht ohnehin heute morgen den Entschluß gefaßt, endlich aktiv nach einer neuen Wohnung zu suchen? Schließlich war mein letzter Wohnplatzwechsel über fünfzehn Jahre her. Damals war ich vom Medizinalassistenten zum Vollassistenten aufgestiegen, von zwanzig Quadratmetern Studentenwohnheim zu meinen heutigen fünfundsechzig Quadratmetern Mietwohnung und einrichtungsmäßig von Jaffa zu Ikea.
    Seitdem hatte sich an meinem Wohnumfeld nichts wesentlich geändert, sieht man davon ab, daß ich meine Matratze, die ursprünglich auf dem Boden lag, vor einiger Zeit zur Belohnung für treue Dienste und schöne Stunden mit einem schicken Bettgestell belohnt habe.
    Ich machte mir frischen Kaffee und studierte die Immobilienanzeigen. Unter »Vermietungen« fand sich nichts Überzeugendes, zumindest, wenn ich »verkehrsgünstige Lage« richtig mit anhaltendem Hupen und quietschenden Bremsen übersetzte und »kinderfreundlich« mit ständigem Streit um Förmchen und Eimerchen direkt unter meinem Fenster. Doch eine Wohnung kaufen? Das stand im Widerspruch zu meiner Mentalität, nur nicht festlegen, und leider auch zu meiner Finanzlage. Trotzdem, die Anzeige hörte sich nicht schlecht an: drei Zimmer, hundertfünfzehn Quadratmeter, sonnig, Terrasse nach Südwesten, absolut ruhige Lage in Nikolassee. Eilverkauf, deshalb preisgünstig.
    Ja, das Objekt sei wirklich ein Schnäppchen, versicherte mir der Makler, dessen Handynummer ich gewählt hatte. Und es wäre wirklich ein Eilverkauf. Wenn ich wolle, könnten wir uns in einer halben Stunde in der Wohnung treffen. Warum nicht ich sagte zu. Celine schlief immer noch oder schon wieder, der Reiseteil lag wild um das Bett herum verstreut, das Feuilleton wohl zum Schutz gegen das Tageslicht auf dem Gesicht. Ich zog die Decke diskret über ihren appetitlichen Po und ließ sie schlafen.

    »Hey, ich bin Manfred Marske, nennen Sie mich Fred.«
    Der Makler war mir auf Anhieb unsympathisch, die Wohnung hingegen sofort sympathisch. Trotz des trüben Januartages waren die Räume lichtdurchflutet und gut geschnitten, Badezimmer und Küche technisch auf aktuellem Stand, das gesamte Objekt machte einen sehr gepflegten Eindruck. Sogar die in der Annonce erwähnte Terrasse war nicht nur Abstellplatz für einen eingeklappten Liegestuhl. Einen Teil der Terrasse hatte man zu einem Wintergarten ausgebaut, der Blick ging auf einen wunderschönen Garten, von nirgends war Verkehr oder Kindergekreische zu hören. Zeit für meine Fangfrage.
    »Gefällt mir, die Wohnung, gefällt mir wirklich. Das Problem könnte meine Tochter sein, zehn Jahre. Gibt es Kinder im Haus, mögliche Spielgefährten?«
    Makler Manfred Fred Marske hatte eine Klippe zu umschiffen. »Na, ja, soweit ich weiß, hier im Haus, nicht direkt
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