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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen
Autoren: Mary Higgins Clark
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fünf Generationen als »sich küssende Kusinen« betrachtet worden wären, ein irischer Ausdruck für entfernte Verwandte.
    Obwohl sie die Arbeit an der Vorbereitung eines neuen Falles liebte und die Überstunden ihr nichts ausmachten, musste Emily sich schon bald eingestehen, dass es einfach zu zeitaufwendig war, zwischen Büro und Haus hin und her zu hetzen, um sich um Bess zu kümmern. Außerdem hatte sie ein schlechtes Gewissen, den kleinen Hund jeden Tag so lange allein zu lassen.
    Jemand anders hatte das auch bemerkt. Zach Lanning war gerade dabei, seinen Vorgarten für die Frühlingsbepflanzung vorzubereiten. An einem späten Nachmittag passte er den Moment ab, als sie Bess wieder ins Haus gebracht hatte. »Mrs Wallace«, begann er, den Blick leicht abgewendet, »mir ist aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit anscheinend in großer Eile nach Hause kommen wegen des Hundes. Und ich sehe, dass Sie schon wieder wegfahren müssen. Ich habe in der Zeitung über den großen Fall gelesen, mit dem Sie befasst sind. Ich kann mir vorstellen, dass Sie viel Arbeit haben. Was ich sagen will, ist Folgendes: Ich liebe Hunde, doch mein Vermieter ist allergisch und erlaubt
mir nicht, in seinem Haus einen zu halten. Es wäre mir wirklich eine Freude, mich ein bisschen um Ihren Hund – ich habe gehört, dass Sie ihn Bess nennen – zu kümmern, wenn ich von der Arbeit komme. Wenn Ihr Haus genau wie dieses ist, dann ist Ihre hintere Veranda verglast und geheizt. Wenn Sie also die Box dort hineinstellen und mir nur den Schlüssel zur Veranda geben, dann könnte ich Bess rauslassen, sie füttern und auf einen schönen langen Spaziergang mitnehmen. Mein Garten ist umzäunt, und sie kann auch dort ein bisschen herumlaufen, während ich im Garten arbeite. Danach würde ich sie in die Veranda zurückbringen und die Tür hinter mir abschließen. Auf diese Weise brauchen Sie sich keine Sorgen um Bess zu machen. Ich bin sicher, dass wir beide großartig miteinander auskommen.«
    »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Zach. Lassen Sie mich einfach noch einmal darüber nachdenken. Im Augenblick habe ich es wirklich sehr eilig. Ich rufe Sie morgen oder in den nächsten Tagen an. Steht Ihre Telefonnummer im Verzeichnis?«
    »Ich habe nur ein Handy«, antwortete er. »Warten Sie, ich schreibe Ihnen die Nummer auf.«
    Als er zusah, wie Emily aus ihrer Einfahrt zurücksetzte und dann zum Büro davonbrauste, konnte Zach seine Aufregung kaum im Zaum halten. Wenn er einmal den Schlüssel zur Veranda hätte, würde es ein Leichtes sein, einen Wachsabdruck von dem Schloss an der Tür anzufertigen, die zum restlichen Haus führte. Er war sich ziemlich sicher, dass sie sein Angebot annehmen würde. Sie liebt dieses kläffende Stück Fell wirklich, dachte er. Und wenn ich einmal im Haus bin, werde ich mir mal ihr Schlafzimmer angucken und nachsehen, was sie so in ihren Schubladen hat.
    Ich möchte alles anfassen, was sie auf der Haut trägt.

7
    D er Gedanke, vor Gericht als Zeugin auftreten zu müssen, machte Alice Mills große Angst. Der Verlust ihres einzigen Kindes Natalie Raines hatte sie weniger verbittert als vielmehr zutiefst erschüttert und verwirrt zurückgelassen. Wie konnte er ihr das nur antun? Das war die Frage, die sie sich jeden Tag immer und immer wieder stellte und die sie auch in der Nacht heimsuchte. In ihrem wiederkehrenden Traum versuchte sie immer, Natalie zu erreichen. Sie musste sie warnen. Ihr drohte etwas Schreckliches zuzustoßen.
    Doch dann war der Traum zum Alptraum geworden: Darin rannte sie blindlings durch die Finsternis, stolperte und stürzte. Ein Hauch von Natalies Parfüm stieg ihr in die Nase. Und ohne sie zu sehen, wusste sie, dass sie über Natalies Leichnam gestolpert war.
    In diesem Augenblick schreckte sie jedes Mal auf, saß senkrecht im Bett und rief verzweifelt: »Wie konnte er ihr das antun?«
    Nachdem ein Jahr vergangen war, suchte sie der Alptraum seltener heim, doch das änderte sich wieder, als Gregg formell angeklagt wurde und die Medienhysterie ihren Anfang nahm. Als dann Mitte April Staatsanwältin Emily Wallace anrief und sie bat, am nächsten Vormittag zu einem Gespräch in ihr Büro zu kommen, ging sie in der Nacht davor nicht zu Bett, sondern setzte sich in ihren Sessel,
in dem sie oft beim Fernsehen einnickte. Sie hatte die Hoffnung, dass sie auf diese Weise nur in einen leichten Schlummer fallen würde, der verhinderte, dass der schreckliche Alptraum wiederkehrte.
    Dieser Plan ging jedoch
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