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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gewesen. Man kann die Vergangenheit nicht wieder lebendig machen.«
    Ihre Mutter wollte einfach nicht wahrhaben, dass es ihr nie gelingen würde, die Art von Ehefrau zu sein, die sich Gregg wünschte und die er brauchte. »Ich bin nicht fair zu Gregg gewesen, als ich ihn geheiratet habe«, hatte sie geantwortet.
»Er hat eine Frau gesucht, die Katie eine richtige Mutter sein würde. Ich bin dazu nicht in der Lage. Im letzten Jahr war ich insgesamt sechs Monate nicht zu Hause. Es hat einfach nicht funktioniert. Ich glaube, wenn ich aus Manhattan wegziehe, wird er verstehen, dass es mit unserer Ehe endgültig aus ist.«
    »Aber du liebst ihn doch immer noch«, hatte ihre Mutter beharrt. »Und er dich auch.«
    »Das bedeutet noch lange nicht, dass wir füreinander geschaffen sind.«
    Ich weiß, dass ich Recht habe, dachte Natalie und schluckte. Immer wenn sie an Gregg dachte, bekam sie einen Kloß im Hals. Sie wünschte, sie könnte mit ihm über das reden, was am Freitagabend geschehen war. Was würde sie sagen? »Gregg, was soll ich tun – ich weiß mit absoluter Sicherheit, wer meine Freundin Jamie ermordet hat, aber ich habe nicht den geringsten Beweis in der Hand«? Aber sie konnte ihn nicht fragen. Das Risiko war zu groß, dass sie am Ende seinen Bitten, es noch einmal zu versuchen, nicht widerstehen könnte. Obwohl sie gelogen und behauptet hatte, dass es einen anderen Mann gebe, hatte Gregg sie weiterhin angerufen.
    Als sie den Parkway verließ und wenig später in die Walnut Street einbog, bekam Natalie Lust auf eine Tasse Kaffee. Sie war ohne Pause durchgefahren, und mittlerweile war es Viertel vor acht. An einem normalen Tag hätte sie um diese Uhrzeit schon mindestens zwei Tassen getrunken.
    Die meisten Häuser in der Walnut Street in Closter waren abgerissen worden, um für neue, luxuriösere Platz zu machen. Sie pflegte immer zu scherzen, dass sie mit den gut zwei Meter hohen Hecken zu beiden Seiten jetzt endlich ihr abgeschirmtes Privatleben habe. Damals, vor vielen
Jahren, hatten die Keenes auf der einen und die Foleys auf der anderen Seite gewohnt. Heute kannte sie ihre Nachbarn so gut wie gar nicht.
    Als sie in die Auffahrt bog und auf die Fernbedienung für das Garagentor drückte, beschlich sie ein ungutes Gefühl, als lauere irgendwo Gefahr. Als sich das Tor langsam öffnete, schüttelte sie den Kopf. Gregg hatte Recht gehabt mit seiner Behauptung, sie werde immer zu der Figur, die sie gerade spiele. Schon bevor die Begegnung mit Jess sie bis ins Mark getroffen hatte, war sie mit den Nerven ziemlich am Ende gewesen, genau wie Blanche DuBois.
    Sie fuhr in die Garage und schaltete den Motor aus, doch aus irgendeinem Grund drückte sie nicht sofort auf die Fernbedienung, um das Tor hinter sich zu schließen. Stattdessen stieg sie aus dem Wagen, öffnete die Tür zur Küche und ging ins Haus.
    Sie spürte, wie mit Handschuhen geschützte Hände sie packten, herumwirbelten und zu Boden warfen. Als sie mit dem Kopf auf den Parkettboden aufschlug, blitzte ein rasender Schmerz durch ihren Schädel, doch sie konnte noch sehen, dass der Mann einen Plastikregenumhang trug und Plastikhüllen über die Schuhe gestreift hatte.
    »Bitte«, flehte sie, »bitte!« Sie hob die Hände, um sich vor der Pistole zu schützen, die er auf ihre Brust richtete.
    Das leise Klicken, als er die Waffe entsicherte, war seine Antwort auf ihr Flehen.

2
    U m zehn vor acht, pünktlich wie immer, bog Suzie Walsh von der Route 9W ab und fuhr zum Haus ihrer langjährigen Arbeitgeberin Catherine Banks. Sie arbeitete schon seit dreißig Jahren als Haushälterin bei der fünfundsiebzigjährigen Witwe, kam an jedem Wochentag um acht Uhr in der Früh und ging wieder um ein Uhr nach dem Mittagessen.
    Als leidenschaftliche Theaterliebhaberin war Suzie begeistert, dass die berühmte Schauspielerin Natalie Raines im letzten Jahr das Nachbarhaus von Mrs Banks gekauft hatte. Natalie war Suzies absolute Lieblingsschauspielerin. Erst vor zwei Wochen hatte sie eine Aufführung von Endstation Sehnsucht besucht und war danach der festen Meinung, dass noch niemand vor ihr die Rolle der labilen Hauptfigur Blanche DuBois so gut gespielt hätte, selbst Vivien Leigh im Film nicht. Mit ihren feinen Gesichtszügen, der schlanken Figur und den langen hellblonden Haaren verkörperte sie geradezu das Idealbild der Blanche.
    Bislang war Suzie der Schauspielerin noch nie direkt begegnet. Sie hoffte immer, dass sie irgendwann im Supermarkt auf sie treffen
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