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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013
Autoren: Isabella Nelte
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seiner intellektuellen Mutter etwas anfangen noch mit der barocken Sucht nach Selbstdarstellung, die sein Vater zelebrierte. Doch keine dieser Auseinandersetzungen war von einer vergleichbaren körperlichen und seelischen Gewalt begleitet wie der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen. Keine steuerte fast wie in einer antiken griechischen Tragödie auf einen solchen Höhepunkt zu.
    Noch im Siebenjährigen Krieg wachte Friedrich, der damals schon als »der Große« gefeiert wurde, mitten in der Nacht schweißgebadet auf – nicht wegen der Grausamkeiten des Krieges um ihn herum, sondern weil er von seinem Vater geträumt hatte. Seinem Vorleser Henri de Catt (1725–1795) erzählte der König 1759: »Mein Leben ist seit meiner zartesten Jugend bis zu diesem Augenblicke eine Kette von Leiden gewesen. Für einige Freuden habe ich tausend Mühen erfahren, und selbst mitten in den Freuden, die ich genieße, taucht das Bild meines Vaters auf, um sie zu vermindern. Wie rau ist er gegen mich gewesen! Sie können sich davon keine Vorstellung machen, mein Lieber.«
    Und doch erkannte Friedrich der Große die Lebensleistung des »Soldatenkönigs« in seinen »Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg« ohne Umschweife an: »Er arbeitete an der Wiederherstellung der Ordnung in Finanzwirtschaft, Verwaltung, Rechtspflege und Heerwesen, denn diese Gebiete waren unter der vorangegangenen Regierung gleichermaßen verwahrlost. Er besaß eine arbeitsame Seele in einem kraftvollen Körper. Es hat nie einen Mann gegeben, der für die Behandlung von Einzelheiten so begabt gewesen wäre. Wenn er sich mit den kleinsten Dingen abgab, so tat er das in der Überzeugung, dass ihre Vielheit die großen zuwege bringt. Alles, was er tat, geschah im Hinblick auf das Gesamtbild seiner Politik; er strebte nach höchster Vervollkommnung der Teile, um das Ganze zu vervollkommnen … Er gab das Beispiel einer Sittenstrenge und Einfachheit, die der ersten Zeiten der römischen Republik würdig waren … Ein politisches Ziel schwebte Friedrich Wilhelm bei seiner Reorganisation des Innern vor: Er wollte sich durch ein mächtiges Heer bei seinen Nachbarn in Respekt setzen … Er war der Demütigungen satt, die bald die Schweden, bald die Russen seinem Vater zugefügt hatten, indem sie ungestraft seine Staaten durchquerten … Ein so überlegener Geist wie der Friedrich Wilhelms durchdrang und erfasste die größten Fragen. Besser als irgendeiner von seinen Ministern oder Generalen kannte er die Interessen des Staates.«
    Friedrich Wilhelm I. hatte Preußen geformt, zu einem Staat gemacht, der wie ein Uhrwerk funktionierte. Die viel zitierten preußischen Tugenden – Ordnung, Fleiß, Unbestechlichkeit, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Selbstbeschränkung, Disziplin –, sie gehen in ihrem Ursprung auf den »Soldatenkönig« zurück. Und Friedrich Wilhelm hatte die Staatskasse gefüllt, ohne die sein Sohn keinen einzigen seiner Kriege hätte führen können.
    Die Jagd mochte Friedrich der Große als Erwachsener so wenig, wie er sie als Kind gemocht hatte. Musik und Philosophie blieben seine Leidenschaft. Ein guter Christ im Sinne des »Soldatenkönigs« wurde er gleichfalls nicht. Doch in vielen Dingen wurde er seinem Vater ähnlicher, als er es sich in seiner Kindheit je hätte vorstellen mögen. Dazu gehört an erster Stelle das preußische Credo der Pflichterfüllung, wie es Friedrich in seinem zweiten »Politischen Testament« von 1768 formuliert hat: »Pflicht eines jeden guten Bürgers ist es, dem Vaterlande zu dienen, daran zu denken, dass er nicht allein für sich auf der Welt ist, sondern dass er zum Wohle der Gesellschaft, in die die Natur ihn gesetzt hat, arbeiten muss.«
Malerei, Musik und Architektur
    Das Preußen Friedrich Wilhelms I. bot Kunst und Kultur wenig fruchtbaren Boden. Eine feste Hofkapelle, die diesen Namen verdient gehabt hätte, gab es nicht. Große Schlossbauten gab der König nicht in Auftrag; sein Jagdschloss Stern in Potsdam erweckt eher den Anschein eines holländischen Bürgerhauses. Und genauso sollte es auch aussehen. Dagegen ließ Friedrich Wilhelm I. gern Kirchen bauen, was bei seiner betonten Frömmigkeit nicht verwunderlich ist und daher eher mit seinem Glauben als mit
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