Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
besaß keine erstklassigen Kämpfer, die sich mit Ruhm bekleckert hatten. Keine Frau würde sich seiner mittelmäßigen Mannschaft an den Hals werfen, und in seinem Büro waren keine goldenen Siegeskronen zur Schau gestellt. Aber ich kannte den Namen seines Löwen: Leonidas.
    Der Löwe teilte seinen Namen mit einem großen General aus Sparta. Das machte ihn nicht sonderlich beliebt bei Römern wie mir, die von Kindesbeinen an gelernt hatten, sich vor allem Griechischen in Acht zu nehmen, damit wir nicht so zweifelhafte Gewohnheiten annahmen, wie Bärte zu tragen oder über Philosophie zu diskutieren. Aber ich liebte diesen Löwen, noch bevor ich ihn kennen lernte. Bei den nächsten passenden Spielen sollte er einen abscheulichen Sexualmörder namens Thurius kaltmachen. Thurius hatte jahrzehntelang Frauen aufgelauert, sie in Stücke gehackt und sich der Überreste entledigt; ich hatte ihn selbst zur Strecke und vor Gericht gebracht. Nachdem Anacrites und ich bei Calliopus eintrafen, hatte ich als Erstes um eine Führung durch die Menagerie gebeten und war sofort zu dem Löwen geeilt.
    Ich sprach mit Leonidas wie mit einem verlässlichen Kollegen und erklärte ihm sehr sorgfältig das Maß an brutaler Grausamkeit, das ich an jenem Tag von ihm erwartete. »Tut mir Leid, dass wir es nicht vor den Saturnalien erledigen können, aber das ist ein Fest der Freude, und die Priester sagen, Verbrecher zu zerfleischen würde die Stimmung verderben. Na gut, kann der Drecksack noch ein bisschen länger über die entsetzlichen Schmerzen nachdenken, die du ihm zufügen wirst. Zerreiß ihn so langsam du kannst, Leo. Lass ihn leiden.«
    »Das nützt nichts, Falco.« Buxus, der Tierpfleger, hatte zugehört. »Löwen sind freundliche und höfliche Killer. Ein Schlag mit der Pranke, und man ist hin.«
    »Das merk ich mir. Ich werde um eine der großen Katzen bitten, sollte ich je gegen das Gesetz verstoßen.«
    Leonidas war noch jung. Er war muskulös und helläugig, stank aber aus dem Maul, weil er mit rohem Fleisch gefüttert wurde. Nicht zu viel - sie ließen ihn hungern, damit er seine Arbeit gründlich erledigte. Er lag im Halbdunkel hinten im Käfig und schlug verächtlich drohend mit dem Schwanz.
    Misstrauische goldene Augen beobachteten uns.
    »Was ich an dir bewundere, Falco«, bemerkte Anac- rites, der sich leise von hinten an mich angeschlichen hatte, »ist deine persönliche Anteilnahme an den obskursten Details.«
    Das war schon besser als Petronius Longus' ständige Nörgelei, ich würde mich in Trivialitäten verlieren, aber es bedeutete dasselbe. Genau wie der alte teilte mir mein neuer Partner mit, dass ich meine Zeit vergeudete.
    »Leonidas«, stellte ich fest (und überlegte, welche Chance bestand, den Löwen zu überreden, meinen neuen Partner zu verspeisen), »ist von großer Bedeutung. Er hat viel Geld gekostet, stimmt's, Buxus?«
    »Natürlich.« Der Pfleger nickte. Er ignorierte Ana- crites, hielt sich lieber an mich. »Es ist schwierig, sie lebend zu fangen. Ich war in Afrika und hab es gesehen. Die nehmen Kinder als Köder. Die Bestien dazu zu bekommen, sich auf den Köder zu stürzen und in die Grube zu fallen, ist verzwickt genug - aber dann muss man die Katzen ohne Verletzung wieder rauskriegen, während sie wie verrückt brüllen und jeden in Stücke reißen wollen, der ihnen zu nahe kommt. Calliopus benutzt einen Agenten, der manchmal Löwenjunge für uns fängt, aber da muss er zuerst die Mutter jagen und töten. Und dann hat man die Mühe, die Jungen aufzuziehen, bis sie die richtige Größe für die Spiele haben.«
    Ich grinste. »Kein Wunder, dass das Sprichwort sagt, für einen erfolgreichen Politiker sei die erste Voraussetzung, eine gute Quelle für Tiger zu kennen.«
    »Wir haben keine Tiger«, entgegnete Buxus düster. Sarkasmus war an ihn verschwendet. Witze über Senatoren, die Leute mit blutrünstigen Schauspielen bestachen, prallten von ihm ab.
    »Tiger kommen aus Asien, weswegen so wenige Rom erreichen. Wir haben nur Verbindungen zu Nordafrika, Falco. Von da kriegen wir Löwen und Leoparden. Calliopus stammt aus Oea ...«
    »Stimmt. Er beschränkt seine Geschäfte auf die Familie. Zieht Calliopus' Agent die Löwenjungen da drüben auf?«
    »Hat keinen Zweck, Geld für das Verschiffen zu verschwenden - was ein Spiel in sich ist -, bevor sie groß genug sind, um für uns von Nutzen zu sein.«
    »Calliopus besitzt also zusätzlich zu dieser hier noch eine Menagerie in Tripolitanien?«
    »Ja.«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher