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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass
Autoren: Lindsey Davis
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sie eine Frau mit unbekannten Palastprivilegien. Bevor ich riskierte, sie gegen mich aufzubringen, wollte ich herausfinden, wie mächtig sie wirklich war.
    »Sie haben mir ein sehr großzügiges Geschenk gemacht«, sagte Caenis. Das war mir neu. Wie mir vor ein paar Monaten in Hispanien erklärt worden war, hatte Helena Justina einen Privatverkauf purpur gefärbten Stoffs aus Baetica im Sinn, sehr gut verwendbar für kaiserliche Roben. Das sollte ihr Wohlwollen einbringen, war aber nicht als geschäftliche Transaktion gedacht. Für die Tochter eines Senators besaß Helena ein überraschendes Geschick zum Handeln; wenn sie jetzt beschlossen hatte, auf eine Bezahlung zu verzichten, musste sie einen guten Grund dafür haben. Heute wurde ein anderes Geschäft abgeschlossen. Ich konnte mir denken, um was es ging.
    »Ich kann mir vorstellen, dass Sie dieser Tage regelrecht mit Geschenken überhäuft werden«, bemerkte ich kühn.
    »Die reinste Ironie«, erwiderte Caenis ungerührt. Sie hatte eine kultivierte Palaststimme, aber einen trockenen Ton. Vespasian und sie hatten sich bestimmt oft über die Oberschicht lustig gemacht; sie zumindest tat das immer noch.
    »Man glaubt, Sie können den Kaiser beeinflussen.«
    »Das wäre vollkommen unschicklich.«
    »Aber warum denn nicht?«, protestierte Helena. »Mächtige Männer haben immer ihren engen Freundeskreis, der sie berät. Warum sollten dazu nicht auch Frauen gehören, denen sie vertrauen?«
    »Natürlich steht es mir frei zu sagen, was ich denke«, meinte die Gefährtin des Kaisers lächelnd.
    »Aufrichtige Frauen sind eine Freude«, sagte ich. Helena und ich hatten vor kurzem einen Wortwechsel über die Knackigkeit von Kohl gehabt, der mir immer noch die Haare zu Berge stehen ließ.
    »Ich bin froh, dass du so denkst«, kommentierte Helena.
    »Vespasian legt großen Wert auf brauchbare Vorschläge.« Caenis sprach wie eine offizielle Hofbiografin, obwohl ich spürte, dass dem eine häusliche Ironie zu Grunde lag, die der unseren ähnelte.
    »Bei der Bürde, das Imperium neu aufzubauen«, meinte ich, »muss Vespasian ein Partner bei seinen Bemühungen höchst willkommen sein.«
    »Titus bereitet ihm große Freude«, gab Caenis gelassen zurück. Sie wusste, wie man einen heiklen Punkt missverstand. »Und er setzt bestimmt auch
    Hoffnungen in Domitian.« Vespasians älterer Sohn war praktisch der Mitregent seines Vaters, und obwohl der jüngere sich ein paar Taktlosigkeiten erlaubt hatte, wurde er nach wie vor für formelle Pflichten eingesetzt. Ich hegte einen tiefen Groll auf Domitian Cäsar und schwieg, düster daran denkend, wie er mir die Galle hochtrieb. Antonia Caenis bedeutete mir schließlich, Platz zu nehmen.
    Seit Vespasian vor drei Jahren Kaiser geworden war, vermutete die Öffentlichkeit, dass diese Dame ihr Leben genoss. Man glaubte, dass die höchsten Posten - Tribunat und Priesterschaft - auf ihr Wort hin vergeben wurden (gegen Bezahlung natürlich). Begnadigungen wurden gekauft. Entscheidungen wurden fixiert. Man munkelte, dass Vespasian diesen Handel ermutigte, der nicht nur seine Konkubine bereicherte und ihr zu größerer Macht verhalf, sondern ihm auch dankbare Freunde verschaffte. Ich fragte mich, ob sie den finanziellen Gewinn teilten. Auf einer rein prozentuellen Basis? Oder nach einer gleitenden Skala? Machte Caenis Abzüge für ihre Ausgaben und Bemühungen?
    »Falco, ich bin nicht in der Lage, Ihnen eine Gunst zu verkaufen«, verkündete sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Ihr ganzes Leben lang mussten sich die Leute wegen ihrer Nähe zum Hof an sie rangewanzt haben. Ihre Augen waren dunkel und wachsam. In den turbulenten, misstrauischen Zeiten der claudischen Familie waren zu viele ihrer Patrone und Freunde gestorben. Zu viele Jahre hatte sie in schmerzlicher Ungewissheit verbracht. Was immer in dieser eleganten Villa zum Verkauf stand, würde mit penibler Aufmerksamkeit behandelt werden, wobei sie den Wert genau im Auge behielt.
    »Ich bin nicht in der Lage zu kaufen«, erwiderte ich offen. »Ich kann nicht mal Versprechungen machen.«
    Das glaubte ich ihr nicht.
    Helena beugte sich vor, um etwas sagen. Ihre blaue Stola glitt von ihrer Schulter und fiel ihr in den Schoß. Der Rand verfing sich in den Armreifen, unter denen sie die Narbe eines Skorpionstichs verbarg. Ungeduldig schüttelte sie die Stola los. Das Kleid darunter war weiß, formell. Ich bemerkte, dass sie eine alte Achatkette trug, die sie schon vor unserem Kennenlernen
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