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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass
Autoren: Lindsey Davis
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nach jemandem suchen lassen, den sie kopfüber an ihrem Räucherfleischhaken aufhängen konnte. Durch den Einzug in dieses Büro hatte Anacrites möglicherweise sein Unterkommen in Mamas Wohnung aufs Spiel gesetzt, köstliche Mahlzeiten geopfert und eine schwerere Verwundung riskiert als die, nach der sie sein Leben gerettet hatte. »Ich hoffe, du kannst schnell laufen, Anacrites.«
    »Du bist herzlos, Falco! Warum dankst du mir nicht, dass ich ein so schönes Büro für uns gefunden habe?«
    »Ich hab schon größere Schweinepferche gesehen.«
    Das Ding war ein Besenschrank im ersten Stock, der seit zwei Jahren leer stand, nachdem der vorherige Mieter darin gestorben war. Als Anacrites dem Vermieter ein Angebot machte, hatte der sein Glück kaum fassen können. Jedes Mal, wenn wir uns bewegten, stießen wir uns die Ellbogen an. Die Tür schloss nicht, die Mäuse weigerten sich, uns Platz zu machen, man konnte nirgends pinkeln, und der nächste Imbissstand lag ganz auf der anderen Seite; dort gab es schimmlige Brötchen, von denen uns schlecht wurde.
    Ich hatte mir einen Platz an einem kleinen hölzernen Pult eingerichtet, von wo aus ich die Welt vorbeiziehen sah. Anacrites nahm mit einem Hocker im dunkleren Teil des Verschlages vorlieb. Seine unauffällige austernfarbene Tunika und das ölig zurückgekämmte Haar verschwanden im Schatten, so dass nur sein glattes, bleiches Gesicht hervorlugte. Er schaute besorgt, lehnte den Hinterkopf an die Trennwand, um seine große Wunde zu verbergen. Erinnerungen und Logik spielten ihm beide einen Streich. Trotzdem wirkte er munterer, seit er die Partnerschaft mit mir eingegangen war; er vermittelte den seltsamen Eindruck, dass er sich auf sein neues, aktives Leben freute.
    »Erzähl Papa bloß nicht, was wir für den Zensus machen, sonst weiß es ganz Rom noch vor der Abendbrotzeit.«
    »Tja, was soll ich dann sagen, Falco?« Schon als Spion hatte ihm jede Initiative gefehlt.
    »Interne Rechnungsprüfung.«
    »Genau! Da verlieren die Leute gewöhnlich schnell das Interesse. Und was sagen wir den Verdächtigen?«
    »Mit denen müssen wir vorsichtig sein. Wir wollen doch nicht, dass sie von unserer drakonischen Härte erfahren.«
    »Nein. Dann könnten sie uns am Ende Bestechungen anbieten.«
    »Die wir selbstverständlich aus Anständigkeit ablehnen.«
    »Außer es sind wirklich ansehnliche Beträge«, erwiderte Anacrites zurückhaltend.
    »Was sie bei einigem Glück sein werden«, gab ich kichernd zurück.
    »Da bin ich wieder!« Papa kam mit einer Amphore herein. »Ich hab dem Weinhändler gesagt, du würdest später bezahlen.«
    »Oh, vielen Dank!« Papa quetschte sich neben mich, gestikulierte und wartete auf die förmliche Vorstellung, die er vorher beiseite gewischt hatte. »Anacri- tes, das ist mein Vater, der verschlagene Geizhals Didius Favonius. Ansonsten als Geminus bekannt. Er musste seinen Namen ändern, weil zu viele wütende Menschen hinter ihm her waren.«
    Mein neuer Partner dachte offensichtlich, ich hätte ihm eine faszinierende Persönlichkeit vorgestellt, einen schillernden und viel gefragten Exzentriker der Saepta. Tatsächlich kannten sie sich bereits aus einem Hochverratsfall, bei dem wir alle gemeinsam nach Kunstschätzen gesucht hatten. Beide schienen sich nicht daran zu erinnern.
    »Sie sind der Untermieter«, rief mein Vater. Anac- rites schien sich über seine lokale Berühmtheit zu freuen.
    Als Papa Wein in Metallbecher goss, merkte ich, dass er uns beobachtete. Sollte er doch. Solche Spielchen waren seine Vorstellung von Spaß, nicht meine.
    »Jetzt heißt es also wieder Falco & Partner?«
    Ich rang mir ein müdes Lächeln ab. Anacrites schniefte. Er hatte nicht bloß »& Partner« sein wollen, aber ich hatte auf Kontinuität bestanden. Schließlich hoffte ich so schnell wie möglich eine andere Partnerschaft einzugehen.
    »Habt ihr euch hier schon eingerichtet?« Papa genoss die angespannte Atmosphäre.
    »Es ist ein bisschen eng, aber wir werden viel unterwegs sein. Daher ist es nicht so schlimm.« Anacri- tes wollte mich offenbar damit ärgern, Papa ins Gespräch zu verwickeln. »Zumindest ist der Preis annehmbar. Anscheinend war es eine Zeit lang nicht vermietet.«
    Papa nickte. Er liebte Klatsch. »Der letzte Mieter war der alte Pontinus. Bis er sich die Kehle durchgeschnitten hat.«
    »Wenn er hier gearbeitet hat, kann ich das gut verstehen«, sagte ich.
    Anacrites sah sich nervös in der Villa Pontinus um, falls da immer noch Blutflecken
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