Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
hab davon gehört«, meinte Calliopus unverbindlich.
    Er kannte vermutlich auch die andere Theorie, die jeder Römer, der etwas auf sich hält, vor sich hin murmelt, wenn der Schirmherr der Spiele mit seinem verflixten weißen Taschentuch wedelt und den Spaß unterbricht: Der Schiedsrichter ist blind.
    Ein Grund, warum die Gladiatoren dieses Lanista als Schwächlinge galten, lag darin, dass er auf vorgetäuschte Jagden spezialisiert war - der Teil der Spiele, den man Venatio nennt. Calliopus besaß mehrere große wilde Tiere, die er in vorgefertigten Kulissen in der Arena freiließ und die von seinen Männern entweder zu Pferd oder zu Fuß verfolgt wurden, wobei sie so wenige wie möglich töteten und trotzdem das Publikum bei Laune hielten. Manchmal kämpften die Tiere gegeneinander, in eher unwahrscheinlichen Paarungen - Elefanten gegen Bullen, Panter gegen Löwen. Es gab auch Einzelkämpfe, Mann gegen Tier. Bestiarii waren allerdings wenig mehr als erfahrene Jäger. Die Menge verachtete sie im Vergleich zu den Thrakern, Mur- millio und Retiarii, die alle auf verschiedene Weise kämpften und am Ende tot im Sand zu liegen hatten.
    »Ach, wir verlieren hin und wieder einen Mann, Falco. Die Jagd muss gefährlich wirken.«
    Da hatte ich aber anderes gesehen - widerwillige Tiere, die sich nur durch lautes Aneinanderschlagen der Schilde oder Wedeln mit brennenden Fackeln in ihr Unglück locken ließen.
    »Sie haben Ihr vierfüßiges Inventar also gerne wild. Und Sie bekommen es aus Tripolitanien?«
    »Zum größten Teil. Meine Agenten durchstreifen ganz Nordafrika - Numidien, die Cyrenaika, sogar Ägypten.«
    »Und das Finden, Unterbringen und Füttern der Tiere ist sehr kostspielig?«
    Calliopus sah mich aus schmalen Augen an. »Worauf wollen Sie hinaus, Falco?«
    Wir hatten abgemacht, dass Anacrites die ersten Fragen stellen würde, aber ich konnte es nicht lassen, selbst anzufangen. Das verunsicherte Calliopus, der nicht recht wusste, ob die Befragung schon offiziell begonnen hatte oder nicht. Im Übrigen verunsicherte es auch Anacrites.
    Zeit, offen zu sein. »Die Zensoren haben meinen Partner und mich gebeten, eine Überprüfung des Lebensstils vorzunehmen, wie wir es nennen.«
    »Eine was?«
    »Ach, Sie wissen schon. Die Zensoren wundern sich, wie Sie es schaffen, Eigentümer dieser prächtigen Villa in Surrentum zu sein und gleichzeitig zu behaupten, mit Ihrem Geschäft Verlust zu machen.«
    »Die Villa in Surrentum habe ich angegeben!«, protestierte Calliopus. Das war natürlich ein Fehler gewesen. Grundstücke an der Bucht von Neapolis stehen hoch im Kurs. Villen an den Hängen mit herrlichem Blick über das blitzblaue Wasser hinüber zur Insel Capreae sind das Wahrzeichen von Millionären aus den Konsulfamilien, ehemaligen Palastsklaven aus den Büros für Bittschriften und erfolgreicheren Erpressern.
    »Sehr anständig«, beruhigte ich ihn. »Natürlich sind Vespasian und Titus davon überzeugt, dass Sie nicht zu jenen üblen Gestalten gehören, die mitleiderregend greinen, sie würden in einem Geschäftszweig mit hohen Unkosten arbeiten, und gleichzeitig einen Stall mit Vollblutpferden im neronischen Circus unterhalten und Streitwagen mit Beschleunigungsspeichen und Goldverzierung fahren. Was für Wagen fahren Sie übrigens?«, fragte ich unschuldig.
    »Ich besitze eine von Maultieren gezogene Familienkutsche und eine Sänfte für den persönlichen Gebrauch meiner Frau«, antwortete Calliopus gekränkt und überlegte offenbar fieberhaft, wie er schnellstens seine schicke Quadriga mit dem dazugehörigen Quartett spritziger spanischer Grauschimmel abstoßen konnte.
    »Wie bescheiden. Aber Sie wissen ja, was bei der Bürokratie Aufmerksamkeit erregt. Große Kutschen, wie ich schon sagte. Hohe Wetteinsätze. Exquisite Tuniken. Lärmende Zechgenossen. Nächte mit Mädchen, die ungewöhnliche Dienste anbieten. Nichts, dessen man Sie bezichtigen könnte, das ist mir klar.« Der Lanista wurde rot. Unbekümmert fuhr ich fort:
    »Nackte Statuen aus pentelischem Marmor. Mätressen, die fünf Sprachen sprechen, einen Saphir mit Cabochonschliff beurteilen können und in diskreten Dachterrassenwohnungen an der Safranstraße untergebracht sind.«
    Er räusperte sich nervös. Ich nahm mir vor, die Mätresse aufzuspüren. Vielleicht eine Aufgabe für Anacrites; er schien ja sonst nichts beizutragen zu haben. Die Frau konnte vermutlich nur zwei oder drei Sprachen, eine davon bloß Einkaufslistengriechisch, aber sie hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher