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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst
Autoren: Mari Jungstedt
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Tempo möglich war.
    Karin klappte ihr Telefon zu.
    »Kihlgård ist mit Leuten aus seinem Team unterwegs. Sie sind kurz hinter uns«, sagte sie und sah ihn an.
    »Wie viele sind jetzt auf dem Weg zum Haus?«
    »Die beiden Kollegen von hier, die sicher bald da sein werden. Und dann wir und noch drei Wagen. Insgesamt sind wir dreizehn. Alle tragen kugelsichere Westen, nur ich nicht.«
    »Dann musst du draußen Wache halten«, sagte Knutas. »Wenn er uns nur nicht zuvorkommt. Aber wir brauchen Verstärkung – wir müssen vielleicht alles absperren. Fordere noch mehr Leute an, sag, sie sollen auch Hunde mitbringen. Und dann haben wir ja noch diesen blöden Fernsehjournalisten, der ebenfalls unterwegs ist. Ich wollte ihn daran hindern, und jetzt geht auch er nicht mehr an sein Mobiltelefon. Wenn er bloß nicht alles ruiniert.«
    Auf der rechten Seite tauchte das Bungemuseum auf, und gleich darauf hatten sie Fårösund erreicht.
    Am Fähranleger sahen sie Absperrbänder und mehrere freiwillige Feuerwehrleute, die in Fårösund wohnten und von der Dorfpolizei beauftragt worden waren, bis zum Eintreffen der Kriminalpolizei die Absperrung zu bewachen. Knutas begrüßte sie dankbar und war gleich darauf auf der Fähre, die schon auf sie gewartet hatte.

 
     
     
     
    Gewitter und Regen hatten sich verzogen. Emma stand hinter der Tür des Gästezimmers und umklammerte den Baseballschläger. Sie fand einfach kein anderes Versteck. Leise hörte sie das Radio aus der Küche. Sie wünschte, sie könnte mit der Wand verschmelzen und unsichtbar werden. Ihre Muskeln schmerzten vor Anspannung, und sie konzentrierte sich darauf, keinen Laut von sich zu geben. Die Gesichter der Kinder huschten an ihrem geistigen Auge vorüber. Sie fühlte Tränen in die Augen steigen, riss sich aber zusammen.
    Plötzlich vernahm sie das vertraute Knarren der Treppe. Vorsichtig schaute sie durch den Spalt hinter der Tür. Ihr Herz hämmerte dermaßen, dass sie glaubte, er müsse es hören. Sie sah seine Hand, die einen hölzernen Schaft umklammerte. Den Schaft einer Axt. Ein bebendes Schluchzen entfuhr ihr. Sie biss sich auf die Finger. Der Mann verschwand im Schlafzimmer ihrer Eltern. Emma fasste blitzschnell einen Entschluss. Sie glitt um die Tür herum aus dem Zimmer und setzte dann in zwei Sprüngen die Treppe hinunter. Er nahm die Verfolgung auf. Sie stolperte und fiel auf den Wohnzimmerboden, da war er schon bei ihr. Er packte ihr Fußgelenk, als sie sich aufrichtete. Sie stieß einen Schrei aus, fuhr herum und traf mit dem Baseballschläger seinen Arm. Er brüllte auf und ließ sie los.
    Schluchzend stolperte sie in die Diele auf die Haustür zu. Sie riss die Klinke nach unten, doch die Tür war verschlossen, und bevor sie den Schlüssel umdrehen konnte, hatte er sie eingeholt. Trat ihr den Baseballschläger aus der Hand und zerrte sie an ihren Haaren rückwärts in die Küche.
    »Du verdammte miese Fotze«, fauchte er. »Jetzt sorg ich dafür, dass du die Fresse hältst. Du widerliches Miststück.«
    Er drückte sie auf einen Stuhl und legte eine Hand um ihren Hals.
    »Jetzt bist du an der Reihe, du kleine Hure. Jetzt bist du an der Reihe, verdammt noch mal.«
    Sein Gesicht, nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, war vor Wut verzerrt. Sein Atem kam ihr vertraut vor, er erinnerte sie an etwas. An ihren Großvater. Es war derselbe Geruch. Halsbonbons. Große, helle, durchsichtige, auf denen man endlos lange herumlutschen konnte. Sie steckten in einer braunen Papiertüte. Ihr Großvater hatte ihr immer welche angeboten.
    Als er die Axt hob und zum Schlag ansetzte, lockerte er seinen Griff um ihren Hals ein wenig. Und sie nutzte die Chance. Schreiend riss sie beide Arme die Höhe, konnte seine Hand von ihrem Hals schlagen und warf sich mit Wucht gegen ihn. Sie landete auf ihm und biss ihn so wütend in die Wange, dass ihr Mund sich mit seinem Blut füllte. Sie nutzte seine Verblüffung, schaffte es zur Haustür. Diesmal gelang es ihr, sie zu öffnen.
    Draußen rannte sie auf die Mauer zu und ließ sich auf die andere Seite fallen. Sie erreichte den Strand. Verfluchte den hellen Abend und lief weiter. Der Sand war nass und fest, was das Laufen erleichterte. Hier war sie schon hunderte Male gejoggt. Als sie eine Weile gerannt war, musste sie sich einfach nach ihm umschauen. Überrascht stellte sie fest, dass er sie nicht verfolgte. Sie blieb stehen und schaute sich verzweifelt um. Nirgendwo ein Mensch, so weit der Blick reichte. Offenbar habe ich
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