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Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)

Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)

Titel: Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
Autoren: Larissa Ione
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machen würde, wenn sie ihn endlich wiedersah.
    Ein plötzlicher Schmerz an ihrem rechten Handgelenk ließ sie zusammenzucken. Seltsam. Sie verdrehte den Arm, um sich die beiden Primori-Male von der Größe eines Vierteldollars auf der Unterseite anzusehen. Chases heraldi befand sich schon seit acht Jahren dort; es hatte dieselbe Farbe wie ihre Haut, und die zarten Linien waren leicht erhaben, wie ein Brandmal oder der Umriss eines frischen Tattoos. Doch Kynans war neu, erst drei Wochen alt, und sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, es zu sehen. Sie musterte es mit gerunzelter Stirn. Die Ränder waren rötlich verfärbt … und schwollen zusehends an … es begann zu brennen, zu glühen, und sie ließ die Schokolade mit einem Aufschrei fallen.
    Kynan, einer der wenigen unantastbaren Menschen auf der Erde, befand sich in Gefahr.
    Lore stand mit geballten Fäusten an der Eingangstür zu einer Villa im Norden des Bundesstaats New York und beobachtete Kynan. Der war dabei, das riesige, protzige Wohnzimmer zu durchsuchen, das s-förmige S’teng in der einen Hand, Weihwasser in der anderen. Offensichtlich hatten sich ein paar Hocker-Dämonen häuslich eingerichtet, und Kynan hatte vor, ihnen den Garaus zu machen, ehe die reiche Familie, die dort lebte, ausplaudern konnte, was vor sich ging. Und ehe jemand verletzt wurde.
    Die Aegis – dein Freund und Helfer.
    Ein Haufen heuchlerischer, selbstgerechter Weltretter. Lore hatte die Wächter noch nie besonders gemocht, aber vor zwei Jahrzehnten hatte sich diese Abneigung in regelrechten Hass verwandelt: Eines seiner Zielobjekte war ein Wächter gewesen, der sich mit dem falschen Dämon angelegt hatte. Und dieser Wächter hatte sein Handwerk so gut verstanden, dass er den Spieß fast umgedreht hätte.
    Doch beinahe selbst zum Opfer geworden zu sein, war es nicht, was Lore so verärgert hatte – das hatte er verdient, weil er nicht gut genug aufgepasst hatte. Was Lore wirklich sauer gemacht hatte, war die Tatsache, dass die Wächter ein paar ziemlich hinterlistige, schäbige Methoden angewandt hatten, um Dämonen anzulocken und zu töten. Eine davon war, Dämonenbabys in einem Käfig gefangen zu halten und zu foltern, bis Erwachsene kamen, um die Kleinen zu retten.
    Lore hatte nicht sehr viel für Dämonen übrig, aber es gab ein paar Dinge, die man einfach nicht machte. Ähm … na ja. Das sagte gerade der Richtige. Einige der Dinge, die man nicht machte, hatte Lore während seiner Höllenjahre als Assassine selbst getan. Er warf Kynan einen Blick zu. Okay, er hatte jedenfalls keine Gewissensbisse, diesen Kerl auszuschalten. Sie waren Feinde, seit sie im anderen einen Konkurrenten um die Zuneigung derselben Frau erkannt hatten. Also seit dem ersten Augenblick. Damals hatte Lore auf eine Gelegenheit gehofft, dem Kerl seinen hässlichen Kopf abzureißen. Das ließ die Tatsache, dass Lore Kynan ins Leben zurückgeholt hatte, nachdem dieser verblutet war, besonders ironisch erscheinen. Andererseits hatte er Kynan ja auch nur wiederbelebt, weil er gesehen hatte, wie sehr Gem litt.
    Dieses Mal würde er es nicht sehen müssen.
    Das Sklavenmal auf Lores Brust pulsierte – es maß die Zeit bis zum Ablauf seiner Frist wie ein Countdown – , und es hatte keinen Sinn zu warten. Lore betrat das Gebäude. Seine Stiefel trafen lautstark auf den schwarzen, rotgeäderten Marmor und verkündeten seine Gegenwart ohne jedes Feingefühl. Lore war noch nie besonders zartfühlend gewesen.
    Augenblicklich fuhr Kynan herum. »Was zum Teufel machst du denn hier?« Seine Stimme war eine Mischung aus Argwohn und wütendem Knurren. O ja, sie waren einander wirklich nicht grün.
    Lore zog seine Handschuhe nicht aus – zu offensichtlich. Er würde seinen speziellen Todesstoß durch das Leder hindurch ausführen. »Ich möchte einen Waffenstillstand ausrufen.«
    Kynan schnaubte. »Ich wusste ja noch gar nicht, dass die Hölle zugefroren ist.«
    Was für ein Spaßvogel. Beinahe bereute Lore es, ihn umbringen zu müssen. Beinahe. »Aber es stimmt. Ich geh mal davon aus, dass wir uns in Zukunft öfter sehen werden, wenn ich meine Brüder jetzt ein bisschen besser kennenlerne. Und ich glaube, Handgreiflichkeiten werden bei Familienpicknicks gar nicht gern gesehen.«
    »Offensichtlich hast du keine Ahnung von deinen Brüdern«, sagte Kynan trocken.
    Lore überkam ein seltsames Gefühl … als könnte er den Menschen möglicherweise unter den richtigen Umständen doch ganz gut leiden.
    Erbarmungslos
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