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Demian

Demian

Titel: Demian
Autoren: Hermann Hesse
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und Abel erzählt hatte. Nun, das gehört nicht hierher. Ich halte es auch für möglich, daß du einmal von mir geträumt hast. Lassen wir das aber! Du bist ein gescheiter Junge, die meisten sind so dumm! Ich rede gern hie und da mit einem gescheiten jungen, zu dem ich Vertrauen habe. Es ist dir doch recht?“
    O ja. Ich verstehe nur gar nicht –“
    ”Bleiben wir einmal bei dem lustigen Experiment! Wir haben also gefunden:
    ”
    der Knabe S. ist schreckhaft – er fürchtet jemanden – er hat wahrscheinlich mit diesem andern ein Geheimnis, das ihm sehr unbequem ist. – Stimmt das ungefähr?“
    Wie im Traum unterlag ich seiner Stimme, seinem Einfluß. Ich nickte nur.
    Sprach da nicht eine Stimme, die nur aus mir selber kommen konnte? Die alles wußte? Die alles besser, klarer wußte als ich selber?
    Kräftig schlug mir Demian auf die Schulter.
    Es stimmt also. Ich konnte mir’s denken. Jetzt bloß noch eine einzige Frage:
    ”
    weißt du, wie der Junge heißt, der da vorhin wegging?“
    Ich erschrak heftig, mein angetastetes Geheimnis krümmte sich schmerzhaft in mir zurück, es wollte nicht ans Licht.
    Was für ein Junge? Es war kein Junge da, bloß ich.“
    ”
    Er lachte. Sag’s nur!“ lachte er. Wie heißt er?“
    ”
    ”
    Ich flüsterte: Meinst du den Franz Kromer?“
    ”
    Befriedigt nickte er mir zu.
    Bravo! Du bist ein fixer Kerl, wir werden noch Freunde werden. Nun muß
    ”
    ich dir aber etwas sagen: dieser Kromer, oder wie er heißt, ist ein schlechter Kerl. Sein Gesicht sagt mir, daß er ein Schuft ist! Was meinst du?“
    O ja“, seufzte ich auf, er ist schlecht, er ist ein Satan! Aber er darf nichts
    ”
    ”
    wissen! Um Gottes willen, er darf nichts wissen! Kennst du ihn? Kennt er dich?“

25
    Sei nur ruhig! Er ist fort, und er kennt mich nicht – noch nicht. Aber ich
    ”
    möchte ihn ganz gern kennenlernen. Er geht in die Volksschule?“
    Ja.“
    ”In welche Klasse?“
    ”In die fünfte. – Aber sag ihm nichts! Bitte, bitte sag ihm nichts!“
    ”Sei ruhig, es passiert dir nichts. Vermutlich hast du keine Lust, mir ein
    ”
    wenig mehr von diesem Kromer zu erzählen?“
    Ich kann nicht! Nein, laß mich!“ Er schwieg eine Weile.
    ”Schade“, sagte er dann, wir hätten das Experiment noch weiter führen
    ”
    ”
    können. Aber ich will dich nicht plagen. Aber nicht wahr, das weißt du doch, daß deine Furcht vor ihm nichts Richtiges ist? So eine Furcht macht uns ganz kaputt, die muß man loswerden. Du mußt sie loswerden, wenn ein rechter Kerl aus dir werden soll. Begreifst du?“
    Gewiß, du hast ganz recht . . . aber es geht nicht. Du weißt ja nicht . . . “
    ”Du hast gesehen, daß ich manches weiß, mehr als du gedacht hättest. –
    ”
    Bist du ihm etwa Geld schuldig?“
    Ja, das auch, aber das ist nicht die Hauptsache. Ich kann es nicht sagen,
    ”
    ich kann nicht!“
    Es hilft also nichts, wenn ich dir soviel Geld gebe, wie du ihm schuldig
    ”
    bist? – Ich könnte es dir gut geben.“
    Nein, nein, das ist es nicht. Und ich bitte dich: sage niemand davon! Kein
    ”
    Wort! Du machst mich unglücklich!“
    Verlaß dich auf mich, Sinclair. Eure Geheimnisse wirst du mir später einmal
    ”
    mitteilen –“
    Nie, nie!“ rief ich heftig.
    ”Ganz wie du willst. Ich meine nur, vielleicht wirst du mir später einmal
    ”
    mehr sagen. Nur freiwillig, versteht sich! Du denkst doch nicht, ich werde es machen wie der Kromer selber?“
    O nein – aber du weißt ja gar nichts davon!“
    ”Gar nichts. Ich denke nur darüber nach. Und ich werde es nie so machen,
    ”
    wie Kromer es macht, das glaubst du mir. Du bist ja mir auch nichts schuldig.“
    Wir schwiegen eine lange Zeit, und ich wurde ruhiger. Aber Demians Wissen wurde mir immer rätselhafter.
    Ich geh jetzt nach Hause“, sagte er und zog im Regen seinen Lodenmantel
    ”
    fester zusammen.
    Ich möchte dir nur eins nochmals sagen, weil wir schon
    ”
    so weit sind – du solltest diesen Kerl loswerden! Wenn es gar nicht anders geht, dann schlage ihn tot! Es würde mir imponieren und gefallen, wenn du es tätest. Ich würde dir auch helfen.“
    Ich bekam von neuem Angst. Die Geschichte von Kain fiel mir plötzlich
    wieder ein. Es wurde mir unheimlich, und ich begann sachte zu weinen. Zu viel Unheimliches war um mich her.

26
    Nun gut“, lächelte Max Demian. Geh nur nach Hause! Wir machen das
    ”
    ”
    schon. Obwohl Totschlagen das einfachste wäre. In solchen Dingen ist das Einfachste immer das Beste. Du bist in keinen
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