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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
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mit der Wäscherin Polina passierte«, sagte er unvermittelt, »als Rogelio geboren wurde, musste Roger an die Unglückliche denken, die sich mit ihrem Baby ins Meer gestürzt hat. Die Erinnerung wurde wieder aufgewühlt.«
    »Ich verstehe.«
    Vielleicht würde Roger Blackraven nie zurückkommen, und sie hätte nie Gelegenheit, ihm zu sagen, dass sie ihn bis in alle Ewigkeit lieben würde, was auch immer geschähe.
    Flüchtig traf ihr Blick auf den Somars, und ihr Herz war auf einmal voller Dankbarkeit und Hoffnung. Mit bebenden Lippen lächelte sie ihm zu und drückte seine Hand. Niemand kannte Blackraven so gut wie dieser seltsame Mann mit Turban.
    »Roger wird wiederkommen«, sagte sie, »weil du hier bist.«
    »Er wird wiederkommen, aber nicht meinetwegen.«

Epilog
    Rigleau zahlte den Kaffee und machte sich auf den Weg, ohne auf den argwöhnischen Blick des Kellners zu achten. Er war es gewohnt, dass sein Äußeres – die Augenklappe und das kürzere Bein – gewisse Vorurteile hervorrief. Während er die Rue d’Enfer entlangging, war er in Gedanken bereits ganz bei der Kobra.
    Wie immer war es mühselig gewesen, an den Spion heranzukommen, und er wusste noch nicht, ob er ihm Fouchés Nachricht überbringen konnte. Er hatte sich an das übliche Procedere gehalten: Er hatte eine verschlüsselte Nachricht in der Zeitung
Le Journal de L’Empire
aufgegeben, hatte fünf Tage verstreichen lassen und sich am sechsten Tag um sieben an einen Tisch im
L' ami Bertrand
gesetzt (es musste einer im Freien sein). Dort hatte er einen Kaffee getrunken und darauf gewartet, dass irgendjemand, meistens ein Straßenkind oder ein Bettler, auf ihn zukam und so tat, als ob er um ein Almosen bettelte und ihm dabei einen Zettel mit dem Treffpunkt zusteckte. Diesmal war es der hintere Teil von Notre Dame.
    Er verließ die Rue d’Enfer und bog in die St. Jacques ein, wo er seinen Schritt beschleunigte. Von Ferne konnte man die Türme der gotischen Kathedrale vor dem bewölkten Abendhimmel sehen. Er ging am Seine-Ufer entlang, und als er Notre Dame erreichte, überquerte er die leere Straße. Er lehnte sich an einen Pfeiler und zündete sich betont lässig eine Zigarette an; mit der anderen Hand fasste er den Griff seines Dolchs.
    »Warum haben Sie mich hierher bestellt?«
    Er konnte nicht ausmachen, woher die Stimme kam. Sie hallte an den Wänden wider, er hätte nicht einmal sagen können, ob es sich um die Kobra oder seine Botin handelte.
    »Ich habe eine Nachricht von Fouché. Haben Sie den Schwarzen Skorpion gefunden?«
    »Wie lautet die Nachricht?«
    Der gebieterische Unterton in der Stimme sagte ihm, dass er es diesmal mit dem Mörder persönlich zu tun hatte, und die Hand mit der Zigarette fing an zu zittern.
    »Fouché sagt, Sie sollen ihm den Schwarzen Skorpion lebend bringen.« Es folgte ein langes Schweigen. »Sind Sie noch da?«
    »Wieso die plötzliche Änderung?«
    »Ich bin nicht ermächtigt, Ihnen das zu sagen.«
    Rigleau merkte, dass die Kobra näher war als gedacht, als er plötzlich von hinten überwältigt wurde und ein Messer am Hals spürte.
    »Also noch einmal: Wieso die plötzliche Änderung?«
    »Kaiser Napoleon hat es so befohlen.«
    »Warum?«
    »Er soll den Oberbefehl über unsere Spione übernehmen.«
    »Sagen Sie Fouché Folgendes: Ich weiß inzwischen, wer der Schwarze Skorpion ist. Wenn ich ihn lebend bringen soll, kostet das fünftausend Pfund mehr. Und noch etwas: Ich vermute, es wird nicht einfach sein, ihn dazu zu bewegen, den Oberbefehl über die Spione zu übernehmen. Falls es mir gelingt, muss der Kaiser mir gegenüber sehr großzügig sein.«
    Er zwang ihn niederzuknien und den Oberkörper nach vorn zu beugen, bis seine Stirn den Boden berührte. Rigleau hätte nicht zu sagen vermocht, welche Richtung die Kobra nahm, denn nicht einmal das leiseste Geräusch seiner Schritte auf den Pflastersteinen war zu hören. Es war, als sei er tatsächlich eine Schlange.
    Donnerstag 1 .Mai 1806 , St. Helena, Breite 15  ° 54 ’ Süd, Länge 5  ° 43 ’ West
    Kommodore Sir Home Riggs Popham ließ die Feder in das Tintenfass gleiten und lehnte sich mit zufriedener Miene zurück. Bei der Planung der Invasion in Buenos Aires hatte es nichts als Hindernisse gegeben. Und jetzt würde er morgen endlich mit seiner Flotte in See stechen und Kurs auf die Stadt am Río de la Plata nehmen.
    Angefangen hatte das Ganze am 12 .Oktober 1804 , an dem Tag, als er und der Venezolaner Miranda zusammen mit Premierminister Pitt
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