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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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würde er Plymouth hassen. Überall in diesem geschäftigen Hafen würden ihn gnadenlose und entsetzte Blicke verfolgen, sobald er seine schrecklichen Narben sehen ließ.
    Adam bestätigte, daß Tyacke seinen ersten Offizier mit den Depeschen nach London geschickt hatte. Dabei war es üblich, daß ein Kapitän höchst persönlich der Admiralität seine Aufwartung machte.
    Catherine sah eine flackernde Kerze auf einem Tisch, dort, wo die Treppe ins Halbdunkel führte. Als sie die beiden nach oben kommen hörte, war sie wohl wieder eingeschlafen. Als sie im Bett nach ihrem Mann tastete, faßte sie ins Leere.
    Sie zitterte, als fühle sie sich beobachtet. Sie sah zum nächsten Bild. Es zeigte Konteradmiral Denziel Bolitho, der Richard mehr ähnelte als jeder andere. Er war sein Großvater und hatte dieselben Augen, das gleiche rabenschwarze Haar. Denziel war außerdem ein weiterer Bolitho, der es bis zum Flaggoffizier gebracht hatte. Richard hatte sie jetzt alle überflügelt. Er war – nach Nelsons Tod – der jüngste Vizeadmiral auf der Liste der Marine. Sie zitterte wieder, aber nicht wegen der kalten Nachtluft. Richard hatte ihr gesagt, er würde ihretwegen all das aufgeben.
    Richard hatte oft von seinem Großvater berichtet, doch dabei zugegeben, daß er sich nicht recht an ihn erinnern könne. Er bezog seine Erinnerungen aus Berichten seines Vaters, Kapitän James, und natürlich aus dem Porträt selber. Das Bild zeigte Denziel, der vor Quebec neben Wolfe kämpfte. Im Hintergrund stieg Schlachtenrauch empor. Der Porträtmaler hatte den Mann hinter der Uniform gut getroffen. Augen und Mund schienen zu lächeln. Hatte auch er eine Geliebte gehabt wie sein Enkel?
    Jetzt, als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte Catherine ein Glimmen im Kamin ausmachen und entdeckte dann auch Bolitho. Er saß auf dem Teppich, stützte sich mit einem Arm auf einen Stuhl, den Stuhl, in dem sein Vater zu sitzen pflegte, wenn er ihm etwas vorlas. Es sah aus, als wage er nicht, nach draußen zu blicken, um nicht an die nahe See erinnert zu werden. Sie wartete, wartete auf den nächsten Bolitho. Ein Brandyglas stand neben dem Kamin, fing die verlöschende Glut wie ein Vergrößerungsglas ein.
    Bolitho öffnete die Augen und sah sie an. Er wollte sich erheben, doch sie schlüpfte neben ihn und stocherte in der Glut, bis wieder kräftige Flammen loderten.
    Bolitho zog seinen Mantel aus und warf ihn ihr über die Schultern. »Entschuldige, Kate, ich bin eingeschlafen. Ich ahnte ja nicht …«
    Sie legte ihm zwei Finger auf die Lippen. »Das macht doch nichts. Ich bin froh, daß ich wach wurde.«
    Sie sah sein scharfes Profil vor dem Fenster und konnte seine Gedanken lesen. Sie hatten schon so oft hier gesessen, in Gespräche vertieft, sich gegenseitig zuhörend! Er verlor niemals die Geduld, auch nicht, als sie mit ihm den Kauf der Kohlenbrigg
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besprach. Jeder andere Mann, jeder Seemann hätte den Kauf für Unsinn gehalten. Bolitho hatte nur geantwortet: »Warten wir ab, bis die Saison beginnt. Es ist ein gewagtes Unternehmen, aber selbst wenn es schiefgeht, gewinnt unser Schiff an Wert.« Er sprach immer von
uns.
Selbst wenn sie getrennt waren, blieben sie so immer zusammen.
    Plötzlich sagte er: »Adam hat mir alles erzählt!«
    Sie wartete, fühlte seinen Schmerz, doch sie schwieg. Bolitho fuhr fort: »Das zerreißt ihn innerlich, auch weil er ahnt, was er mir damit antut.«
    »Ist es so schlimm?«
    Er legte seinen Arm fester um ihre Schultern. »Wie kann ich ihn zurechtweisen? Ich habe dich einem anderen Mann weggenommen wie einst auch Cheney.« Er sah sie an, war überrascht, diesen Namen wieder aus dem eigenen Mund zu hören. »Er wollte uns sofort verlassen. Aber in seinem Zustand hätte er sich auf den verdammten Landstraßen umgebracht.«
    »Ich kam freiwillig zu dir. Ich habe dich damals geliebt, ich liebe dich jetzt. Wenn ich etwas bereue, dann die Jahre, in denen ich dich noch nicht kannte.«
    Er blickte in die Flammen. »Das geschah alles erst, als die
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vermißt gemeldet war. Zenoria war hier und wachte wie du mitten in der Nacht auf. Adam verhielt sich wie ein Junge, weinte herzzerreißend, weil er glaubte, du und ich wären ertrunken. Auch Val schien tot zu sein.« Er schüttelte den Kopf. »Das verdammte Schiff steht für eine ganze Menge Schlimmes.«
    »Aber wir waren zusammen, Liebster!«
    »Ich weiß, daran denke ich ja auch gern und oft.« Sie fragte: »Hat er dir alles
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