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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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öffnete sich beängstigend langsam.
    Und dann lag sie in seiner mächtigen Umarmung. Ihre Nase rieb sich an seiner schönen neuen Jacke mit den Bolitho-Knöpfen. »Lieber John. Du warst viel zu lange weg. Du hast mir so gefehlt.«
    Ihr Bruder, der zusah, meinte: »Guck nicht so überrascht, John. Wir haben gehört, daß die
Zest
im Hafen einlief.«
    Allday sah sich um, mochte immer noch nicht glauben, daß er zu Hause war.
    »Ja. Wir waren an Bord. Kapitän Adam hat das Kommando.« Er hielt sie so sanft, als könne sie zerbrechen.
    »Ich habe mir diesen Augenblick so oft vorgestellt.« Er dachte an das große graue Haus, in dem er Sir Richard mit seiner Lady zurückgelassen hatte. Er mußte ihr wegen seines Sohns geschrieben haben. Das war das Schlimmste gewesen.
    Lady Catherine hatte ihn sehr ruhig angeschaut und nur gesagt: »Er hat dich nicht wirklich verlassen. Denk immer daran.«
    Und nun war er zu Hause. Er richtete sich auf, als das Mädchen, das Unis eingestellt hatte, mit dem Baby auf dem Arm eintrat. Er wußte sofort, daß es nur seine Tochter sein konnte! Von seinem gefallenen Sohn würde er Unis nichts erzählen. Noch nicht jedenfalls. Dies waren Momente, die nur ihnen gehörten.
    Zärtlich nahm er das Baby. »Sie ist aber mächtig klein!«
    Leise meinte Unis: »Der Doktor glaubt nicht, daß wir noch ein Kind haben werden, John. Vielleicht hätte dir ein Sohn mehr gefallen!«
    Er drückte das Kind an sich und versuchte, sich nicht mehr an die Szene an jenem fürchterlichen Septembermorgen zu erinnern. Freunde und Feinde hatten sich geholfen und getröstet, als der Kampf zu Ende war und die Flagge durch den Rauch nach unten gerauscht war.
    Er antwortete jetzt ebenso leise: »Sie ist unsere Kate.
    Sie gefällt mir sehr!« Er zögerte. »Ein Sohn bricht dir nur das Herz.«
    Unis sah zu ihrem Bruder hinüber. Aber der schüttelte den Kopf. Dabei würde es bleiben.
    Sie fragte: »Hast du jemanden mitgebracht, John Allday? Und ihn draußen in der Kälte stehen lassen? Was soll man von uns denken?«
    Die Tür ging auf, und Leutnant George Avery trat ein, bückte sich unter den niedrigen Balken.
    »Ein Zimmer für ein paar Tage, Mrs. Allday? Ich wäre Ihnen sehr verbunden!« Er sah sich um, erinnerte sich an den Tag ihres Abschieds. »Ich hielt es für besser, wenn Sir Richard seine Rückkehr allein feiert.« Er lächelte, doch ihr fiel auf, daß das Lächeln seine Augen nicht erreichte.
    Es war ein seltsames Gefühl. Wegen der Briefe, die er für ihren Mann geschrieben hatte, schien sie ihn sehr gut zu kennen.
    »Lange Spaziergänge,« meinte Avery, »gutes Essen, Zeit, über alles nachzudenken, bis zum nächsten Mal…«
    Zufrieden sagte Allday: »Sie bleiben also doch bei der kleinen Mannschaft?«
    »Hatte ich je eine andere Wahl?« fragte Avery. Er schaute sich im Vorraum um und nahm langsam die Stille, den Frieden und die willkommene Wärme wahr. Das Kind wirkte in Alldays Armen fast verloren. Er würde den Morgen nie vergessen. John Allday trug seinen toten Sohn ganz vorsichtig über das zerfetzte, blutverschmierte Deck, auf dem so viele gefallen waren. Allday war allein in diesen Augenblicken, ehe er seinen Sohn über die Seite in die See gleiten ließ und beobachtete, wie er davontrieb.
    »Drinks für alle?« fragte Unis laut. »Mr. Avery, was würde Ihnen am meisten behagen?«
    Dann hörte sie Fergusons Pony davontraben. Er hatte also für alle Fälle gewartet.
    Richard Bolitho saß vor dem großen Feuer und hielt seine Hände vor die lodernden Flammen.
    »Als ich die Kutsche sah, Kate…« Er streckte ihr eine Hand entgegen, als sie mit zwei Gläsern Brandy kam, und berührte sie sanft. »Ich konnte es kaum glauben!«
    Sie kuschelte sich neben ihn. »Ein Toast auf meinen Admiral! Einen Admiral Englands!«
    Er streichelte ihr Haar, ihren Hals, an dem er den Anhänger entdeckt hatte. Wie konnte sie das gewußt haben, wirklich gewußt haben?
    Es gab so viele Erinnerungen, die er auf den langen Spaziergängen mit ihr teilen würde. Der bewegende Abschied von Tyacke, als die
Indomitable
mit den beiden amerikanischen Prisen in Halifax eingelaufen war. Einige dringende Reparaturen mußten hier ausgeführt werden. Zum letzen Mal hatte Bolitho seine Hand geschüttelt, ehe er seine Flagge auf der
Zest
setzte.
    »Wenn Sie mich brauchen, Sir Richard, lassen Sie es mich einfach wissen!«
    Zusammen hatten sie auf die zerschossenen Prisen geblickt, über die schon Männer ausschwärmten. Bolitho meinte nur: »Es
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