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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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ich auch, verdammt noch mal!«
    Als Avery schwieg, lehnte er sich wieder vor. Einen Augenblick lang fürchtete der Flaggleutnant, zu weit gegangen zu sein. Doch dann sagte er, fast unhörbar: »Doch nicht auch Sir Richard? Den schließen Sie doch damit nicht ein?«
    Avery erhob sich sehr langsam. »Er verliert die Sehkraft auf einem Auge!«
    Tyackes Hand fuhr in sein Gesicht, so als wolle er sein unversehrtes Auge berühren.
    »Mir hat er kein Wort davon gesagt!«
    Avery wollte bleiben und wußte doch, daß er gehen mußte. »Er gleicht Ihnen sehr, Sir. Er ist vor allem ein stolzer Mann. Also hat seine Bitte nichts mit Mitleid zu tun.«
    Im Gang hörte er Ozanne schwer atmen. »Er braucht Sie jetzt mehr denn je. Sollte er Sie auf Knien anflehen?«
    Er hörte Ozanne aufatmen, als er an ihm vorbeieilte, fürchtete, daß Tyacke ihn zurückbeordern könnte und alles wieder von vorn begann. Und er spürte, wie ihm vom Genever in seinem leeren Magen schlecht wurde.
    Er stieg in die Kutsche und befahl: »Zum Hafenadmiral, bitte!«
    In der kleinen Kajüte beobachtete Ozanne Tyacke, der versuchte, sein Glas noch einmal zu füllen.
    Besorgt fragte er: »Was ist los?«
    Tyacke glupschte ihn an und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Das muß ein Geheimnis bleiben, Paul. Wenn ich rede, ist es keines mehr.« Er sprach mit schwerer Zunge.
    Die Flasche rollte unbeachtet auf den Boden, und Tyacke wäre ihr fast gefolgt, hätte sein Erster Offizier nicht kraftvoll zugepackt.
    »Ich weiß nicht, wer was sagte, James Tyacke, aber ich hab mir Sorgen deinetwegen gemacht.« Er seufzte und blies die Kerze aus.
    Mit Tyackes Jacke über dem Arm trat er nach draußen und hörte den Regen auf den Stufen des Niedergangs.
    Ozanne war von Jugend an auf See gewesen. Jetzt stand er hier am Niedergang, sah sich um und hörte, wie die Wachen sich zum Abendessen in ihre Messen drängelten. Der angekündigte Landurlaub gab genug Gesprächsstoff. Von soviel Vertrauen hatte man noch nie gehört.
    Er strich über die einzelne goldene Epaulette auf Tyackes Uniformjacke und bemerkte: »Wir werden dich sicher verlieren, James, und das wird uns alle sehr treffen.«
    Vizeadmiral Sir Graham Bethune eilte über den dicken Teppich und lächelte warm, als er Bolithos Hand schüttelte.
    »Lieber Gott. Ich freue mich von Herzen, Sie so gut erholt zu sehen. Ich gebe gern zu, ich sah unserer ersten Begegnung auf diesem neuen Kommando einigermaßen nervös entgegen. Die Tage, als ich ein hoffnungsvoller Midshipman und Sie mein Kommandant waren, kann man ja nicht so einfach vergessen.«
    Das Lächeln, der Handschlag und die Worte waren ehrlich, meinte Bolitho zu spüren. Und Bethune sah irgendwie anders aus, als er erwartet hatte. Doch sie waren sich in der Tat seit seinem ersten Kommando 1782 auf der Kriegsslup
Sparrow
nie wieder begegnet. Das schien jetzt wie aus einem anderen Leben.
    Nichts erinnerte mehr an den Midshipman mit den Sommersprossen im runden Gesicht. Als Flaggoffizier war er um die Mitte Vierzig, doch er sah Jahre jünger aus. Seine Augen glänzten, er war schlank und hielt sich straff, erinnerte in nichts an die vielen anderen ranghohen Offiziere, die es sich in den Hallen der Admiralität nur gutgehen ließen. Immer noch hatte er sein ansteckendes Lächeln. In ihm entdeckte man Vertrauen und Autorität. Beides, so nahm Bolitho an, würde ihn für die Damen bei Hofe sehr attraktiv machen und auch für die vielen Empfänge, die er in seiner neuen Stellung zu besuchen hatte.
    Bolitho fühlte nun doch ein bißchen Neid und ärgerte sich gleichzeitig über seine Eitelkeit. Er hatte Bethunes Weg zum Ruhm in den Berichten der
Naval Gazette
verfolgt. Der Wendepunkt seiner Karriere kam mit dem Kommando über ein kleines Schiff der sechsten Klasse mit ganzen 26 Kanonen. Allein segelnd hatte er sich mit zwei spanischen Fregatten einlassen müssen. Jede einzelne hätte ihn leicht zur Aufgabe zwingen können. Doch nach einem mutigen Gefecht hatte Bethune einen Gegner stranden lassen und den anderen erobert – ohne große Verluste an Menschenleben.
    Bethune sagte: »Wenn es Ihnen genehm ist, würde ich gern eine Konferenz für übermorgen einberufen. Es wäre nicht gut, noch länger zu warten.« Er bat Bolitho, Platz zu nehmen. »Aber ich wollte erst allein mit Ihnen sprechen, um mich vorzubereiten. Hier hat sich einiges geändert – Gott sei Dank. Doch ich nehme an, Sie wissen das alles.«
    Ein Diener trat mit Wein und Gläsern ein. Auch er ließ
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