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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe
Autoren: Alexander Kent
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Richard!« Er schaute auf das Stell mit den Degen.
    »Aber noch kann ich nichts sehen.«
    Tyacke lächelte und sagte, ehe er die Kajüte verließ: »Ihr Sohn könnte immer noch seine Meinung ändern und sich bei uns melden, Allday!«
    Allday sah, wie die Tür zufiel. »Das ist kein Witz, Sir Richard!«
    Bolitho legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich weiß.« In diesen Augenblicken dachte man besser nicht an so etwas. Ein Mann, der an anderes dachte, konnte sehr leicht fallen.
    Er fragte: »Wie fühlst du dich, alter Freund?«
    Die Frage schien Allday zu überraschen. Doch dann blühte ein freundliches Grinsen in seinem Gesicht auf, und er sagte: »Das haben wir alles schon erlebt, Sir Richard!« Er hob die Schultern. »Es heißt wieder heute oder nie…«
    Bolitho nickte. Es roch in der Kajüte ganz leicht nach Rum. Wieder hatten ihn Alldays ungebrochene Zuversicht und seine Loyalität sehr bewegt.
    »Nimm noch einen Tropfen, alter Freund.« Er maß seine große Kajüte mit Blicken. Hier konnte man nachdenken, sich erinnern, sich verstecken. Doch wie Allday spürte er in seinen Knochen, daß es nun bald so weit sein würde.
    Er verließ die Kajüte und sah, wie Sergeant Chaddock die Waffen eines Zugs Marinesoldaten prüfte. Sie sahen nicht einmal auf, ja, sie bemerkten nicht einmal, daß er vorüberging – so sehr waren sie mit der Inspektion befaßt.
    Er fühlte sich wie unsichtbar. Wie einer der vielen Geister, von denen so viele noch auf diesem Schiff leben mußten.
    Dann bückte er sich, um durch eine offene Stückpforte zu blicken. Die Kanone fühlte sich an wie Eis.
Sicher nicht mehr lange.
    Es war noch sehr dunkel. Nur ein paar Wellenkämme, die vom unteren Rumpf wegliefen, waren überhaupt zu erkennen. Auf der östlichen Kimm so etwas wie die Spur eines hellen Pinselstrichs.
    Liebe Kate, denke an mich. An uns.
    Gischt traf ihn, machte ihn wach, und ihm war, als höre er sie über das Schiff und die See hinweg rufen:
Verlaß mich nicht!
    Er legte die Stirn auf das schwarze Verschlußstück der Waffe und flüsterte:
Niemals!
    Kapitän James Tyacke wartete vor Isaac Yorks Kartenraum, in dem sich der Master mit seinen drei Gehilfen um den Tisch drängelte.
    York lächelte. Er bemerkte natürlich sofort die Paradeuniformjacke und das glänzende Schulterstück.
    »Sie sind heute aber früh auf, Sir!«
    Über die Schulter eines Gehilfen hinweg sah Tyacke in das aufgeschlagene Logbuch und das Datum auf der ersten Seite – in Yorks kräftiger Handschrift: 12. September 1812. Darunter am Kopf der Spalte Tag und Zeit der heute gegißten Position. Ihre Blicke trafen sich. York hatte offensichtlich auch keine Zweifel mehr.
    Tyacke nickte den Gehilfen des Masters zu. »Achten Sie heute auf alles, meine Herren. Sie werden einiges von Ihrem Feind lernen!«
    Er verließ den engen Raum und trat auf das offene Deck. Silber und dunkelblau und immer noch treibende Schatten: der Himmel und die See. Er spürte Scarlett dicht hinter sich, seine Unruhe. Doch wenigstens schien es keine Furcht zu sein.
    Schnell drehte er sich um und fragte: »Was ist, Mann?
    Als wir uns trafen, habe ich Ihnen gesagt, ich habe das Kommando über Sir Richards Flaggschiff. Aber ich bin immer noch Ihr Kommandant! Also reden Sie endlich. Ich fürchte, wir haben bald wenig Zeit dafür.«
    Scarlett leckte seine Lippen. Sein Blick war so abwesend, daß er völlig uninteressiert schien an dem, was der Tag bringen könnte.
    Tyacke verlor langsam die Geduld. »Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen, wenn Sie schweigen, Sir! Was bedrückt Sie? Eine Frau? Haben Sie ein Kind gezeugt?«
    Scarlett schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, es wäre so einfach, Sir!«
    »Also Geld?« Das traf. »Kartenspiel?«
    Scarlett nickte. »Ich habe Schulden, Sir, große Schulden!«
    Tyacke musterte ihn ohne Mitleid. »Dann sind Sie ein Narr. Aber darüber reden wir später. Ich kann Ihnen wahrscheinlich helfen.« Sein Tonfall wurde härter. »Geben Sie heute Ihr Bestes. Ich verlasse mich darauf. Das wird heute
der
Tag der
Indomitable

    Er ging nach achtern und schaute hoch. Er sah die gerefften Topp- und Großsegel, die Flagge des Admirals und den Wimpel auf der Mastspitze auswehen. Graue Wolken rasten über den Himmel.
    Er hörte Schleifsteine. Duff, der Waffenmeister, ließ seine Männer Entermesser und Beile schleifen. In den Tagen vor Crécy und Agincourt war das sicher nicht anders gewesen, dachte er. Er sah den vorläufigen Leutnant Blythe sich ernsthaft mit Protheroe, dem
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