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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen
Autoren: Marliese Arold
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war, dass er ihn an der Leine führen konnte. Es gab auch neue Pferde für den königlichen Stall und einen prächtigen Wagen, den verbündete Könige geschickt hatten. Geschnitzte Truhen aus Ebenholz, Gold und Geschmeide, seltene Pflanzen, ein Pfauenpärchen – Anchesenamun wusste gar nicht, wohin sie schauen sollte. Mit dem Herzen war sie jedoch nicht bei der Sache. Ihre Blicke huschten umher, sie suchte Selket. Schließlich entdeckte sie sie bei den Dienerinnen. Unter einem Vorwand ließ sie sie zu sich rufen und zog sich mit ihr hinter eine Säule zurück. Hastig schaute sie sich um, aber es war niemand in der Nähe, sie konnten ungestört ein paar Worte wechseln.
    »Duamutef ist zurück, ich habe ihn vorhin vor dem Palast gesehen«, flüsterte Anchesenamun Selket aufgeregt zu.
    »Mein Bruder? Tatsächlich?« Selkets Augen begannen zu leuchten. »Oh, dann wendet sich doch noch alles zum Guten! Meine Gebete sind endlich erhört worden …« Sie griff nach Anchesenamuns Arm. »Sicher wird er Imara aufsuchen. Vielleicht war er schon dort und hat bei ihr übernachtet. – Hör zu, ich bin in einer Herberge auf Hethiter gestoßen; sie wären bereit, uns unter ihrem Schutz mitreisen zu lassen. Traust du es dir zu zu reiten? Zu Pferd geht die Flucht schneller …«
    »Pferde sind eine gute Idee«, murmelte Anchesenamun. Sie war ein bisschen verunsichert, ob die Hethiter ihnen noch wohlgesonnen waren – nachdem Suppiluliuma jetzt Ägypten angreifen wollte. Aber da bisher immer Frieden zwischen den beiden Völkern gewesen war, bestand Hoffnung, dass die Hethiter ihnen tatsächlich helfen würden.
    Sie merkte, dass sich Eje nach ihr umsah. Selket verstand, ohne dass Anchesenamun etwas sagen musste.
    »Ich erkundige mich nach Duamutef«, versprach sie, bevor sie und Anchesenamun sich trennten.
    Anchesenamun ging zu ihrem neuen Gemahl zurück und bewunderte mit ihm zusammen die Geschenke. Eje hielt noch immer die Leine mit dem schwarzen Panther fest; er mochte sich gar nicht von dem Tier trennen.
    »Ist er nicht prächtig?«, fragte er. »Das ist das schönste Geschenk von allen. Schau dir seine Augen an und das Gebiss. Ein großartiges Tier!«
    »Ist es männlich oder weiblich?«, wollte Anchesenamun wissen, obwohl es sie nicht wirklich interessierte. In Gedanken beschäftigte sie sich mit der geplanten Flucht. Wann war dafür der richtige Zeitpunkt? Wenn es Selket gelang, Duamutef zu treffen und sich mit ihm abzusprechen, konnte die Flucht vielleicht noch heute Abend stattfinden … Auf diese Weise konnte sie die Hochzeitsnacht umgehen, vor der ihr es graute …
    Es kostete Anchesenamun viel Kraft und Konzentration, sich mit den Gästen zu unterhalten, freundlich zu bleiben und an allem Interesse zu zeigen. Es wurde ausgiebig getafelt, die Köche tischten erlesene Speisen und köstliche Getränke auf. Anchesenamun saß an Ejes rechter Seite, zu seiner Linken saß Tij. Sie trug ein kostbares Festtagsgewand und reichlich Schmuck, so, als sei sie die Braut. Sie würdigte Anchesenamun keines Blickes und wechselte auch die ganze Zeit über mit ihr kein Wort.
    Selket blieb den Nachmittag über verschwunden. Anchesenamun fing schon an, sich Sorgen um sie zu machen, da tauchte sie wieder auf und gab ihrer Freundin ein Zeichen. Anchesenamun tat so, als müsse sie zur Toilette. Im Gang zog Selket sie zu sich.
    »Duamutef ist bei Imara und bereit zur Flucht. Die Hethiter wissen Bescheid und können sofort aufbrechen. Allerdings wollen sie ihren Lohn im Voraus …«
    »Das ist kein Problem.«
    »Aber da ist noch etwas«, sagte Selket hastig. »Sie können nur zwei Leute mitnehmen, keine drei. Es ist nur eine kleine Gruppe, und Duamutef und du, ihr müsstet ohnehin gemeinsam auf einem Pferd reiten.«
    »Oh.« Anchesenamun war bestürzt. »Dann geht es nicht. Wir sind zu dritt!«
    »Nein, es geht«, widersprach Selket. »Sei nicht dumm. Du fliehst mit meinem Bruder, und ich bleibe hier. Ihr habt so lange auf diese Gelegenheit gewartet …«
    »Aber ich will dich nicht zurücklassen«, beharrte Anchi. »Du bist meine beste Freundin, Selket!«
    »Ja, und eben weil ich deine beste Freundin bin, bleibe ich hier«, sagte Selket entschieden. »Hör zu, heute Abend, wenn du dich in dein Gemach zurückziehst, werde ich deine Stelle einnehmen und mich in dein Bett legen. So wird deine Flucht nicht gleich entdeckt, und ihr gewinnt Zeit. Bis Eje etwas gemerkt hat, habt ihr Waset vielleicht schon verlassen.«
    »Du willst …«
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