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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen
Autoren: Marliese Arold
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Anchesenamun schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen Fall! Wenn Eje den Betrug merkt, dann bist du des Todes!«
    »Unsinn, ich weiß mir schon zu helfen.« Selket fasste in ihr Gewand und zog einen blitzenden Dolch hervor. Bevor Anchesenamun ihn richtig sah, ließ sie ihn schon wieder verschwinden.
    »Du willst ihn töten?«, fragte Anchesenamun fassungslos.
    »Er ist ein Mörder und hat sich den Thron erschlichen«, antwortete Selket. »Und er würde auch nicht zögern, dich umzubringen, wenn du ihm im Weg stehst. – Er verdient keinerlei Mitleid, Anchi!«
    Anchesenamun nickte langsam. Es war, als erlebe sie gerade einen Traum, so unwirklich kam ihr alles vor.
    »Ich werde versuchen, euch nachzureisen«, versprach Selket. »Ich habe eine Cousine in Memphis, bei ihr könnt ihr eine Nachricht an mich hinterlassen. Sie heißt Neferure und wohnt in einem kleinen Haus am Hafen. Ihr Mann Inemachet ist Bildhauer, man kennt ihn.«
    »Ich muss zurück, sonst schöpft Eje noch Verdacht«, sagte Anchesenamun. Sie nahm Selket kurz in die Arme, dann lief sie zum Festsaal zurück.
     
    Alles verlief nach Plan. Das Fest dauerte bis in den Abend hinein, aber Anchesenamun täuschte Müdigkeit vor und bat ihren Gatten darum, sich zurückziehen zu dürfen.
    »Geh nur, meine Liebe, ich komme bald nach«, sagte Eje, bevor er nach einem weiteren Becher Wein griff.
    Anchesenamun ging in ihr Schlafgemach, wo Selket schon auf sie wartete. Sie trug bereits eines von Anchesenamuns aufwendigen Nachtgewändern. Die junge Königin dagegen schlüpfte rasch in ein Reisegewand und hängte sich einen breiten Schal um, mit dem sie ihr Gesicht verdecken konnte. Selket zeigte ihr, dass sie den Dolch ein Stück unter die Matratze geschoben hatte.
    »Hoffentlich geht alles gut!«, flüsterte Anchesenamun bang.
    Die beiden Freundinnen umarmten sich innig.
    »Du verlässt den Palast durch die hintere Gartenpforte«, wies Selket sie an. »Dann läufst du hinunter zum Fluss. In Höhe der großen Sykomore wartet Duamutef mit einem Boot. Ihr setzt zum anderen Ufer über. In der Herberge zum Grünen Nilpferd warten die Hethiter auf euch. Sie sind reisebereit und brechen auf, sobald ihr kommt. Viel Glück!«
    »Danke für alles!«, murmelte Anchesenamun. Es fiel ihr schwer, ihre Freundin zurückzulassen, aber jetzt war keine Zeit für großen Abschiedsschmerz. »Und du kommst auch bestimmt nach?«
    »Sobald ich von hier wegkomme«, versprach Selket.
    »Und wenn man dich wegen Mordes verhaftet?«, fragte Anchesenamun.
    »Der Verdacht wird zunächst auf dich fallen, weil du geflohen bist«, entgegnete Selket. »Keine Angst, ich lasse mich nicht erwischen. Wir werden uns wiedersehen, entweder in Memphis oder in Hatti.«
    Sie umarmten sich ein letztes Mal, dann huschte Anchesenamun zur Tür hinaus. Vorsichtig lief sie die Gänge entlang und versteckte sich im Schatten, sobald ihr jemand entgegenkam. Schließlich erreichte sie den Ausgang und eilte hinaus in den großen Palastgarten, wo sie alle Wege wie im Schlaf kannte. So machte ihr auch die Dunkelheit nichts aus. Von ferne hörte sie Stimmengewirr und Musik, die Gäste feierten noch immer. Anchesenamun lief zwischen den Blumenbeeten und Anlagen hindurch, bis sie vor der schmalen Hinterpforte des Grundstücks stand. Sie wurde selten benutzt, höchstens einmal vom Gärtner. Anchesenamun schob den sperrigen Riegel zurück. Die Angeln quietschten, als sie die Pforte öffnete. Anchesenamun zuckte zusammen. Hoffentlich hatte niemand dieses Geräusch gehört! Vorsichtig schob sie sich durch die Öffnung und rannte den schmalen Weg entlang, der längs des Palastgartens führte.
    Außer Atem kam sie am Fluss an und hielt Ausschau nach dem Boot, von dem Selket gesprochen hatte. Erst nach einer Weile konnte sie es entdecken, es war gut im Schilf versteckt. Sie erkannte die Umrisse einer Gestalt.
    »Duamutef!«, rief sie leise.
    Die Gestalt wandte sich um. »Anchi?«, kam es ebenso leise zurück.
    Anchesenamuns Herz klopfte zum Zerspringen. Sie streifte ihre Sandalen von den Füßen und watete durchs Schilf, bis sie das Boot erreichte. Duamutef half ihr beim Einsteigen. Dann drückte er sie kurz an sich. »Anchi! Endlich!«
    Sie konnte vor Glück und Aufregung nicht sprechen. Sie presste sich an ihn und roch seinen Geruch, der ihr so vertraut war. Sie hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen …
    Viel zu schnell löste sich Duamutef von ihr und griff nach der Stange, um über den Fluss zu setzen. Sie mussten den Nil so
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