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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen
Autoren: Marliese Arold
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rasch wie möglich überqueren und durften dabei keine Aufmerksamkeit erregen. Duamutef trieb den Kahn gleichmäßig vorwärts. Eine Zeit lang hörte man nichts anderes als das regelmäßige Plätschern des Wassers. Ohne Zwischenfall erreichten sie die andere Seite. Duamutef sprang aus dem Boot und zog es ans Ufer. Er half Anchesenamun beim Aussteigen. Diesmal drückte er sie so fest an sich, als wollte er sie nie mehr loslassen.
    »Anchi, ich habe mich so nach dir gesehnt! Ich dachte, ich komme zu spät! Ich war sehr krank, deswegen hat sich meine Reise so lange verzögert …«
    »Hauptsache, du bist jetzt hier«, entgegnete Anchesenamun glücklich.
    Dann küssten sie sich.
     
    Seit Anchesenamuns Flucht waren gut anderthalb Stunden vergangen, und Selket fragte sich, ob sie und Duamutef schon die Herberge erreicht hatten und in Sicherheit waren.
    Selket lag in Anchesenamuns Bett und hatte die Vorhänge halb zugezogen. Außerdem brannte in dem Gemach nur ein einziges Öllicht. Sie hoffte sehr, dass Eje den Betrug nicht gleich merken würde. Aber die Chancen standen nicht schlecht, denn je länger er ausblieb, desto mehr Wein hatte er getrunken. Vielleicht würde er wie ein Sack neben sie fallen und gleich zu schnarchen beginnen. Dann wäre es ein Leichtes, ihn zu überwältigen …
    Endlich hörte sie draußen auf dem Gang schleppende Schritte. Jemand klopfte an ihre Tür und trat ein, ohne ihr »Herein« abzuwarten. Sie roch Eje, bevor sie ihn sah. Er hatte dem Wein ausgiebig zugesprochen. Seine Zunge war schwer und wollte ihm kaum gehorchen.
    »Jetzt endlich, mein Täubchen! Auf diesen Augenblick habe ich schon lange gewartet.«
    Mit einem Ruck zog er die Vorhänge zurück und ließ sich bäuchlings aufs Bett fallen. Selket rückte rasch zur Seite, um ihm Platz zu machen.
    Seine Hände griffen nach ihr, zerrten an ihrem Gewand. Der Stoff riss, und Selket fühlte seine dicken Finger an ihrer Brust.
    »Was für feine Granatäpfel!«
    Selket spannte sich an. Sie streckte ihren Arm aus und versuchte, den Dolch unter der Matratze zu erreichen. Eje lag jetzt halb auf ihr, das Gesicht zwischen ihren Brüsten. Sein Atem ging stoßweise.
    Jetzt! Ihre Finger hatten den Dolch aufgespürt, fest schlossen sie sich um den Griff. Behutsam bewegte sie den Arm und machte sich bereit. Am liebsten hätte sie ihn von vorn getroffen und ihm den Dolch direkt ins Herz gestoßen. Sollte sie warten, bis er sich aufrichtete? Oder sollte sie ihm die Klinge mit aller Wucht in den Rücken rammen?
    In diesem Moment hob er sein Gesicht.
    »Du … du bist nicht …«
    Mit einer Schnelligkeit, die Selket dem fettleibigen Mann nie zugetraut hatte, griff er nach ihrem Arm und wand ihr den Dolch aus der Hand. Das Letzte, was sie hörte, war sein wütendes Keuchen: »Du Betrügerin!« Dann spürte sie einen stechenden Schmerz in der Brust und wusste, dass er sie tödlich getroffen hatte.
    Ihr Herz schlug noch fünfmal. In dieser Zeit sah sie eine Gestalt hinter Eje – einen Mann mit grüner Haut: den Totengott Osiris. Er lächelte ihr wohlwollend zu und winkte.
    Selket verließ ihren Körper und ging mit ihm.
     
    »Ein schönes Pferd!« Duamutef tätschelte der hethitischen Stute den Hals. »Nicht ganz so edel wie die Pferde, die ich in den Königlichen Stallungen betreut habe, aber sie macht einen klugen und zuverlässigen Eindruck.«
    »Kannst du reiten?«, fragte Anchesenamun zaghaft. »Ich bin noch nie auf einem Pferd gesessen.«
    »Ich schätze, es kommt darauf an, dass man irgendwie oben bleibt.« Duamutef lächelte ihr zu und half ihr auf den Rücken der Stute. Dann schwang er sich selbst hinauf.
    Anchesenamun lehnte sich an ihn, während einer der Hethiter die Stute aus dem Stall führte. Die anderen beiden Männer warteten bereits draußen mit ihren Pferden. Der Anführer erklärte, dass sie nach Norden reiten würden. Aber sie würden nicht die Hauptwege benutzen, sondern sich eher etwas abseits halten.
    Das war Anchesenamun und Duamutef nur recht. Sie erwarteten, dass man sie verfolgen würde, und da war es besser, auf Nebenstrecken zu reiten und Umwege in Kauf zu nehmen.
    Die Hethiter wussten auch, dass Suppiluliuma das Land bereits in den Grenzregionen angegriffen hatte. Die ersten ägyptischen Gefangenen waren nach Hatti gebracht worden.
    »Haremhab wird das Land verteidigen müssen«, sagte Anchesenamun.
    »Und Eje wird vermutlich seine eigene Strategie haben«, meinte Duamutef.
    »Wenn er es noch kann«, erwiderte Anchesenamun
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