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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen
Autoren: Marliese Arold
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seine zukünftige Frau aus. Ich konnte es gar nicht fassen, ich war irrsinnig stolz.
    Meine Schwestern waren natürlich eifersüchtig und ließen es mich auch spüren, indem sich mich von ihren Spielen ausschlossen. Jede von ihnen wäre gerne die Große Königliche Gemahlin eines Pharaos geworden! Zum Glück hatte ich noch Selket, meine beste Freundin. Wir beide waren Milchschwestern, das heißt, Selkets Mutter Imara hatte sowohl Selket als auch mich an ihrer Brust genährt. Selket und ich waren von Anfang an unzertrennlich. Wir schliefen in derselben Wiege, spielten zusammen auf dem Fußboden, machten gleichzeitig die ersten Schritte und heckten später gemeinsam Streiche aus. Ich kann Selket gar nicht aus meinem Leben wegdenken. Sie ist ein Teil von mir.
    Ob ich Selket noch so oft sehen werde, wenn ich im Palast lebe? Ich wünsche mir so sehr, dass Tut mir meinen Wunsch erfüllt und Selket meine Dienerin sein darf. Dann könnten wir weiterhin oft zusammen sein …
    Ich weiß, dass ich mich freuen soll, weil Tutanchamun zurückkommt und wir nun endlich die Ehe vollziehen werden. Aber ich bin auch unsicher und habe Angst. Wie wird das sein, wenn ich die Große Königliche Gemahlin und mit Tut zusammen bin – nicht nur bei öffentlichen Einweihungen, sondern Tag und Nacht?
    Ach, wüsste ich doch schon, was die Zukunft bringt!

1. Kapitel Die Seherin
    »Ich weiß, wer uns die Zukunft aus der Hand lesen kann«, sagte Selket.
    Anchesenamun stemmte sich aus dem Badebecken und setzte sich an den gefliesten Rand. Sofort legte Selket ihr ein weiches Tuch um. Es roch leicht nach Lilien. Anchesenamun sog den Duft tief ein und schloss die Augen. Sie musste bei dem Geruch immer daran denken, wie ihr Duamutef im letzten Sommer einen Strauß dunkelroter Lilien geschenkt hatte.
    »Ich habe eine Frau kennengelernt, die das Zweite Gesicht hat. Wollen wir sie fragen?« Selkets dunkle Augen blitzten unternehmungslustig. »Sie liest ganz umsonst aus der Hand. Das heißt, sie verlangt nichts dafür. Aber wir werden ihr natürlich etwas schenken.«
    Anchesenamun hielt ihre Wange an das weiche Tuch. Ein verlockender Gedanke. Aber auch nicht ganz ungefährlich. »Und wenn sie uns etwas Schlechtes erzählt?«
    Selket lachte. »Etwa, dass Tut dich gleich nach der Hochzeitsnacht mit einem anderen Mädchen betrügt? Oder dass du schon vom ersten Mal schwanger wirst?«
    »Mach keine Witze.« Anchesenamun sah an sich herab und betrachtete ihren flachen Bauch. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass darin bald ein Kind wachsen würde. Und doch gehörte es demnächst zu ihren Pflichten, dem Pharao einen Thronfolger zu gebären. Selket schien ihre Gedanken gelesen zu haben, sie lachte.
    »Pass auf, in ein paar Monaten bist du dick und fett wie eine trächtige Ziege und watschelst wie eine Ente! Du wirst keine Lust mehr haben zu singen und zu tanzen und mit Tut dein Lager zu teilen. Stattdessen wirst du schnaufen wie –«
    »Jetzt halt endlich den Mund!« Anchesenamun schlug lachend mit dem Tuch nach ihr.
    Selket wich geschickt aus und trat an das Tischchen, das an der Wand stand. Auf ihm befanden sich verschiedene Dinge für die Schönheitspflege: Öl, um die Haut zu salben, Malachitpulver zum Umrahmen der Augen, eine Creme fürs Gesicht sowie Kamm und Bürste. Anchesenamun kam auf die Beine und wickelte sich in das Tuch. Dann setzte sie sich auf den bereitstehenden Hocker, während Selket anfing, Anchesenamuns Schultern und Arme mit Öl einzureiben.
    »Du hast eine wunderbare Haut«, sagte sie anerkennend. »Tut wird begeistert sein.«
    Anchesenamun spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. »Ach, hör damit auf, Selket!«
    »Doch wirklich.« Selket streckte ihr den eigenen Arm hin. »Mein Arm ist viel rauer, schau. Und erst meine Hände … obwohl ich sie jeden Abend eincreme.«
    Sie setzte sich neben Anchesenamun auf den Hocker. Es war ziemlich eng, aber den beiden vierzehnjährigen Mädchen machte das nichts aus. Sie saßen gern dicht beieinander, wenn sie sich ihre Geheimnisse anvertrauten oder sich Dinge erzählten, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren.
    »Also – was hältst du von meinem Vorschlag?«, fragte Selket. »Wir könnten die Seherin morgen früh aufsuchen. Ich muss sowieso zum Markt. Niemand würde etwas merken, nicht einmal meine Mutter.«
    Anchesenamun kämpfte mit sich. Schließlich siegte die Neugier. Sie wollte zu gern etwas über ihr zukünftiges Leben erfahren. Wie viele Kinder würde sie bekommen? Würde
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