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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen
Autoren: Marliese Arold
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sie mit Tut die große Liebe erleben? Würde sie ein hohes Alter erreichen und sehen, wie ihre Enkelkinder aufwuchsen?
    »In Ordnung, ich komme mit.« Sie legte warnend den Zeigefinger an die Lippen. »Aber zu niemandem ein Wort!«
    »Natürlich nicht.« Selket griff nach dem Kamm mit den breiten Zinken und begann, Anchesenamuns prachtvolles Haar durchzukämmen. Sie seufzte voller Neid. »Dein Haar ist so lang und kräftig! Ich wünschte mir, meines wäre auch so …« Sie fasste sich betrübt an eine Strähne. »Ich kann machen, was ich will. Ich habe mir meine Haare sogar schon mit dem Dotter eines Hühnereis gewaschen, trotzdem ist es nicht kräftiger geworden. Eines Tages bekomme ich garantiert so dünne Haare wie meine Mutter. Die hat inzwischen zwei richtig kahle Stellen auf dem Hinterkopf.«
    »Unsinn, du hast viel dichteres Haar als sie.« Anchesenamun griff nach dem Bronzespiegel und betrachtete sich. Sie hatte ein schmales Gesicht und im Gegensatz zu ihren Schwestern leuchtend grüne Augen. Ihr Haar war tiefschwarz und glänzend. Wenn sie es offen trug, reichte es ihr fast zum Bauchnabel. Anchesenamun war kleiner und zierlicher als Selket, die etwas robuster gebaut war. Obwohl Selket nur wenige Wochen älter war, hatte sie bereits sehr weibliche Formen. Bei Anchesenamun zeigten sich erst zwei kleine Erhebungen, aber die Amme Imara hatte ihr versichert, dass diese bestimmt noch wachsen würden.
    »Ich bin gespannt, was wir morgen erfahren«, murmelte Selket, während sie das Haar ihrer Freundin kämmte. »Wahrscheinlich werde ich später auch einmal Amme. Wenn du mir schnell einen Ehemann verschaffst, dann könnte ich vielleicht auch dein erstes Kind stillen.«
    Anchesenamun schüttelte unwillkürlich den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, ein eigenes Kind zu haben …«
    »Es ist wie eine Puppe.« Selket summte leise vor sich hin. »Du wirst es herzen und lieben.«
    »Aber es ist ein lebendiges Wesen und ich habe die Verantwortung dafür.« Anchesenamun atmete tief. »Wenn es krank wird … Ich weiß gar nicht, was ich da tun soll. Und wenn es laufen und sprechen kann und dann hinter mir her läuft und ›Mama‹ ruft – da komme ich mir sicher ganz merkwürdig vor, so alt und erwachsen.«
    Selket prustete los. »Du hast manchmal wirklich komische Vorstellungen! Das ist doch alles ganz normal. Und als Große Königliche Gemahlin brauchst du nicht allein die Verantwortung zu tragen, du wirst zahlreiche Dienerinnen haben, die dich unterstützen. Wahrscheinlich bist du froh, wenn du dein Kind überhaupt mal zu sehen bekommst.«
    »Ach, Selket.« Anchesenamun drehte sich um und lächelte sie an. »Irgendwie geht mir das jetzt zu schnell. Sicher, ich habe gewusst, dass Tut eines Tages von seinem Feldzug zurückkommt. Aber ich habe gedacht, dass es noch länger dauert.«
    Selket setzte sich wieder neben sie und rückte vertraulich an sie heran. »Und mein Bruder Duamutef hat nicht zufällig etwas damit zu tun?«
    Anchesenamuns Herz setzte einen Schlag aus. »Warum sollte er etwas damit zu tun haben?« Sie hoffte, dass ihre Stimme harmlos klang.
    »Na ja, ich dachte … dass du ihn magst.«
    »Das stimmt, ich mag ihn. Ich kenne deinen Bruder ja schon so lange wie dich. Aber was soll das mit Tut zu tun haben?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass du und Duamutef …« Selket verstummte, ohne den Satz zu beenden.
    »Zwischen uns ist nichts«, erklärte Anchesenamun mit Nachdruck.
    »Dann ist es ja gut.« Selkets Stimme klang erleichtert. »Das hätte die Sache furchtbar kompliziert. Obwohl die Vorstellung auf der anderen Seite auch schrecklich romantisch wäre: Du liebst Duamutef, aber du bist dem Pharao versprochen. Und jetzt kommt Tut zurück. Du müsstest dich entscheiden, ob du deiner großen Liebe für immer entsagst oder ob ihr zusammen flieht und euch vor dem Pharao versteckt.«
    Anchesenamun zog die Augenbrauen hoch. »Imara hat dir zu viele Liebesgeschichten erzählt.«
    »Das kann schon sein.« Selket stand wieder auf und bürstete Anchesenamuns Haar weiter. Spielerisch ließ sie Strähne um Strähne über ihr Handgelenk gleiten. »Wenn ich mir vorstelle, dass du bald die Große Königliche Gemahlin bist … Bestimmt wirst du dann vor lauter Pflichten gar keine Zeit mehr für mich haben. Ich bin ja nur Selket, deine Milchschwester. Du wirst mit vornehmen Leuten zu tun haben, Prinzen und Prinzessinnen aus fernen Ländern … Sie werden kommen, um dich zu besuchen und dir schöne
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