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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story
Autoren: Swati Kaushal
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geworden sind, und zu den Armen, die viel muskulöser sind. Ich versuche, die neuen Muskeln zu ignorieren. Das soll Keds sein? Wo sind die aufgeschlagenen Knie, die Rotznase und das dumme Grinsen hin? Dieser Typ mit dem schmalen Gesicht, den ausgewaschenen Jeans und der coolen Frisur kann unmöglich alles über mich wissen, was Keds wusste.
    »Hier ist es.«
    Sein Zimmer ist genauso verwirrend wie er. Keds echtes Zimmer hatte blau-weiße Wände und blaue Vorhänge; zwei zerbrochene Tennisschläger hatten an der Wand gehangen. Mit ihnen hatten wir oft Schwertkampf gespielt oder sie in Spazierstöcke, Gitarren, Fliegenklatschen, Werkzeuge, Rüstungen, Tabletts, Dartscheiben, Basketballkörbe, Torpfosten, Hockeyschläger und Schlitten verwandelt.
    In diesem Zimmer aber gibt es weder hölzerne Tennisschläger noch blaue Vorhänge. Hier sind die Rollos beige, die Wände weiß und schokoladenbraun. Die Poster zeigen Fußball-, Cricket- und Tennisszenen. Es ist ein cooles Zimmer, eines, um das ich jeden beneiden und in dem ich mich sofort zu Hause fühlen würde – wenn es mein Zimmer oder Keds’ Zimmer wäre. Aber dieses Zimmer gehört jemand anderem. Einer seltsamen Mutation von Keds.
    »Wie findest du es?«
    Der Grafit-Tennisschläger hinter der Tür fällt mir auf und das Poster von Roger Federer. »Du interessierst dich immer noch für Tennis?«
    »Klar. Und du?«

    »Eigentlich nicht.«
    Ich hebe einen Tennisball vom Boden auf und befühle die Oberfläche. Sie ist schmutzig, faserig, weich. Ich blicke auf und merke, dass Keds meine Haare ansieht. »Was ist?«, frage ich und unterdrücke den Impuls, mir die Hände über den Kopf zu halten.
    » Rote Strähnchen?«
    »Das war Mas Idee, nicht meine.«
    »Und du hast dir Ohrringe stechen lassen.«
    »Das war auch ihre Idee.«
    Er lächelt kaum merklich und zieht eine Augenbraue hoch wie früher. »Du hast doch noch nie getan, was Tante Isha wollte.«
    »Die Menschen ändern sich.«
    »Ähm … Ani …«
    Ich weiß, was er gleich sagen wird. Plötzlich wünsche ich mir verzweifelt, dass er es nicht sagt. Ich werfe den Ball hoch, fange ihn wieder auf. »Was hat sich sonst bei dir getan?«, frage ich. »Du bist so groß! Hast du neue Verletzungen?«
    »Klar. Letzten Sommer wurde mein Ellbogen mit fünf Stichen genäht, außerdem habe ich diese Narbe hier auf meiner Nase. Und du?«
    »Zum Glück keine Blessuren.«
    »Kletterst du immer noch auf Hügel?«
    Ich ignoriere die Frage und werfe den Ball Richtung Decke. Er fängt ihn auf. Ich schaue zu, wie er ihn zwischen die Blätter des Deckenventilators wirft.
    »Der Nachmittag auf dem Hügel damals war seltsam«, sagt er.

    »Das war er.«
    »Wir wären beinahe gestorben.«
    »Ja, beinahe.«
    »Weißt du, dass das mein erster Kuss war?«
    Seine Worte explodieren und hallen in meinen Ohren wider. Die Erinnerung an diesen Moment war viele Jahre lang begraben und drängt sich jetzt zwischen uns. Sie lässt mein Herz schneller schlagen und breitet sich aus wie eine Flutwelle. Sie füllt die Gegenwart aus und macht sie für einen Moment zur Ewigkeit, in der alles Mögliche geschehen könnte.
    »Weißt du, Ani, ich habe mich immer gefragt, ob –«
    »Wir waren ganz schön albern damals, nicht?«
    Seine anfängliche Überraschung weicht einem fragenden Blick. Ich versuche, entspannt und leicht verächtlich zu wirken, und schaffe es gerade so.
    »Welchen Ärger wir uns eingehandelt haben!«, sage ich. »Weißt du noch, als du Borsäure mit Streuzucker vermischt hast?«
    Ich sehe ihm an, wie er sich damit abzufinden versucht, dass ich die Diskussion vermeiden will.
    »Ja, stimmt, so was haben wir tatsächlich gemacht!«
    »Und du hast deine Bua Rukki in der Toilette eingesperrt! «
    Er lächelt jetzt nicht mehr so angestrengt, mein Herz schlägt nicht mehr so schnell. Ein Gefühl der Erleichterung verdrängt die Aufregung, als säße man in einer übervollen Badewanne und jemand zöge rechtzeitig den Stöpsel, damit die Badewanne nicht überläuft. Das Wasser um mich herum fließt ab. Ich habe richtig reagiert.
Die Alternative wäre Ertrinken gewesen. Plötzlich finde ich es wichtig, ihn an die alten Zeiten zu erinnern, an unsere unkomplizierte Freundschaft vor dem See, dem Hügel und dem berstenden Fels. Ich suche nach einem schönen Erlebnis: »Weißt du noch, damals, als wir Honig direkt aus dem Bienenstock ernten wollten? «
    »Du warst eben schon immer ein bisschen verrückt.«
    »Aber das war doch deine Idee.«
    »Trotzdem warst
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