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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story
Autoren: Swati Kaushal
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ist oder durch ein gott- und sternenloses Universum schwebt. Das war’s dann, denkt man. Und dann erkennt man langsam die Umrisse des Betts, des Nachttischs, der Lampe und der Fenster, und der Herzschlag verlangsamt sich. Man merkt, dass alles wie immer ist und man sich an einem vertrauten Ort befindet. Aber irgendwie stimmt das auch nicht. Die Formen wirken fremd in der Dunkelheit, und man fragt sich, was das klobige Ding in der Ecke ist. Ach ja, die Kaffeemaschine. Und dann fällt es einem wieder ein. Man ist in einem Hotelzimmer in Neu-Delhi.
    Eine Sekunde lang bin ich dem Zusammenbruch nahe. Ein Hotelzimmer auf der anderen Seite der Erdkugel. Genauso gut könnte ich in einer fest verschlossenen Flasche mitten im Atlantik treiben, Tausende Kilometer von allen rettenden Ufern entfernt.
    Neben mir bewegt sich etwas: Ma raschelt mit der Decke. Sie streckt sich ein wenig, schiebt einen Arm unter ihr Kissen und zieht die Knie zur Brust hoch. Ich lehne mich hinüber, decke sie zu und beobachte, wie ihr Umriss in den Schlaf zurückfindet. Ich spüre die schwere Ruhe und ziehe mich wieder in mich selbst zurück.

    Natürlich, Ma.
    Ich setze mich auf und suche nach der Uhr. Die Leuchtziffern zeigen drei Uhr morgens am 12. Juni an. Ich ziehe die Decke fester an mich. Wegen der Klimaanlage kann man sich die Hitze draußen kaum vorstellen. Aber ich weiß, dass sie dort in der Dunkelheit lauert, genau wie der Rest der Stadt. Das Zimmer im Hyatt mit der Klimaanlage, den schallisolierten Wänden, der Kaffeemaschine und der Minibar ist ein Trugbild. Es kommt mir vor wie ein kleines, mit amerikanischen Erinnerungsstücken gefülltes Carepaket, das bald aufgebraucht sein wird. Und dann?
    Als ich aus dem Fahrstuhl komme, ist die Hotellobby ruhig. Eine Frau in grau-weißer Arbeitskleidung reinigt den Boden mit einem großen Wischmopp und blickt überrascht auf, als sich die Fahrstuhltüren öffnen. Sie stammelt ein schnelles »Guten Morgen« und tritt zur Seite. Ich gehe über den glänzenden Marmorboden. Am anderen Ende des Raums steht eine kleine Gruppe: Ein junger Mann im Anzug spricht mit ein paar Angestellten in Uniform. Als ich mich nähere, blicken sie auf, der Typ im Anzug macht einige Schritte in meine Richtung.
    »Guten Morgen, Ma’am. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Nein danke.«
    »Suchen Sie das Café? Wir können Ihnen auch etwas aufs Zimmer bringen.«
    »Nein, ich möchte mir nur irgendwo hinsetzen und lesen.«
    Er lächelt kaum merklich, als er das rosafarbene Buchcover
sieht. »Ich bin Nikhil Malhotra, der Nachtconcierge. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie etwas brauchen.«
    »Danke, aber das wird nicht nötig sein.«
    Ich verstecke das Buch hinter meinem Rücken und spüre, wie er mir mit den Augen folgt, während ich ans Ende der Lobby zu einer Sitzgruppe gehe.
    Wie im Rest der Lobby ist hier um diese Uhrzeit zum Glück nichts los. Es gibt Sofas und einen kleinen Tisch, die Sitzgruppe ist zum Teil von einer Säule und einem riesigen Farn verdeckt. Hier kann ich mich hoffentlich entspannen. Ich setze mich auf die Couch, mein Spiegelbild in den dunklen Scheiben hinter dem Sofa setzt sich auch. Ich finde, dass ich seltsam aussehe. Eine kleine Person auf einem großen Sofa, mit glatten Haaren, spitzem Kinn, Stupsnase und hängenden Schultern. Ich setze mich gerade hin und öffne das Buch auf meinem Schoß. Ich werde hier, in dieser Hotellobby zwischen all diesen Leuten sitzen wie ein ganz normales Mädchen, das ein ganz normales Buch liest. Ist doch egal, ob das Cover rosa ist! Es ist ein Bestseller, den mir Jaime zum Abschied geschenkt hat. Sie war begeistert davon und sagte, es sei der beste Liebesroman überhaupt. Das muss etwas heißen, denn sie hat Tausende gelesen. Die besonders aufregenden Passagen hat sie mit Eselsohren für mich markiert. Jetzt erst fällt mir auf, dass fast die Hälfte der Seiten Eselsohren hat.
    Ich beginne zu lesen. Es geht um zu Boden gleitende Nachthemdchen, schöne Körper, brennende Lippen, Schauer und Herzklopfen.
    Ich lege das Buch beiseite. Es hat keinen Sinn. Ich
werde nie begreifen, was an Liebesromanen so toll sein soll. In der Schule hatten Jaime und ich je ein Poster von Kevin Garnett in unseren Spinden aufgehängt – aber aus ganz unterschiedlichen Gründen. Jaime sah in Brad Anderson den Jungen ihrer Träume, ich sah nur einen Vollidioten. Ich nahm sogar nette Jungs mit diesem anderen Blick wahr, zum Beispiel den süßen Typen aus Mexiko, der mit mir hatte ausgehen wollen.
    Sogar
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